Lebendige Flüsse für Mensch und Natur
Ein plätschernder Gebirgsbach auf dem Weg ins Tal. Er bildet Strudel, ruht sich in Mulden aus und sucht sich dann wieder schnell seinen Weg. Die Sonne lässt das Wasser glitzern, die Luft ist kühl und erfrischend. Schon wenige Minuten an solch einem Ort – und wir fühlen uns wiederbelebt. Bach, Fluss oder Strom – naturbelassene Gewässer haben ihren besonderen Reiz.
Flüsse brauchen Raum
Auch in Tieflands-Regionen sind Flüsse ein Hingucker – erst Recht wenn das ruhig fließende Wasser noch in ein Auengebiet eingebettet ist. Dann werden aus Flüssen ganz Landschaften, die nicht nur schön sind, sondern auch eine wichtige Rolle im Wasserhaushalt und für die biologische Vielfalt spielen. Flüsse sind Dynamik: Hochwasser und Zeiten der Trockenheit, Erosion und Ablagerung im Flussbett und am Ufer sorgen für stetige Veränderung. Ein naturnaher Fluss überschwemmt seine Ufer, ändert seinen Lauf, Lebensräume werden überflutet und an anderer Stelle entstehen gleichzeitig neue. Wenn Industrieanlagen und Gewerbeflächen in die Flussauen gebaut werden oder dort Maisäcker entstehen, gehen wichtige und sensible Lebensräume wie die von Eisvögeln und Fischottern verloren. Außerdem drohen Milliardenschäden bei der nächsten Flutwelle.
Flüsse im Wandel
Es wird wärmer in Zeiten des Klimawandels. Die mittleren Fließgewässertemperaturen können bis zur Mitte des Jahrhunderts um etwa 1,5°C steigen. Ob unsere heimischen Tiere und Pflanzen alle damit zurechtkommen ist zweifelhaft. Der Temperaturanstieg wird außerdem auch für die Kühlwassernutzung durch Atom- oder Kohlekraftwerke problematisch, was die Sicherheit der Stromerzeugung beeinflusst.
Mit steigenden Temperaturen wird eine verstärkte Ausbreitung nicht-heimischer Pflanzen und Tiere möglich, Epidemien im Tierreich werden wahrscheinlicher. Für klassische Kaltwasserbewohner, wie Forellen wird der Lebensraum kleiner, da sie nicht unbegrenzt in höher liegende kühlere Gewässerabschnitte ausweichen können. Es kann zudem trockener werden. Das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) erwartet zum Beispiel für die Elb-Region, dass Phasen von extremem Niedrigwasser vor allem im Sommer häufiger werden. Das schadet den Flussbewohnern vor allem dann, wenn das Flussbett breit und monoton ausgebaut und begradigt ist und keine Rückzugsräume im Flussbett oder in Seitengewässern vorhanden sind. Dort wo reich strukturierte, frei fließende Gewässer mit Schatten spendender Ufervegetation vorhanden sind, werden die zu erwartenden Auswirkungen des Klimawandels abgepuffert. Regelmäßig überflutete Auen binden auch sehr viel Kohlendioxid und sind damit ein effektiver Klimaschutz.
Flüsse als natürlicher Hochwasserschutz
Die Resilienz gegenüber Extremereignissen ist umso größer, je besser der ökologische Zustand eines Flusses und dessen Strukturvielfalt sind. Frei fließende Gewässer, die sich in Flussschlingen (Mäandern) durch die Landschaft ziehen können und breite Auen zur Verfügung haben, reduzieren die Hochwassergefahr und die Höhe von Hochwasserwellen. Natürlicher Hochwasserschutz in Form von Deichrückbau und Auenrenaturierungen vermindert Hochwasserschäden, steigert den Erholungswert der Flüsse und erhöht die Reinigungsleistungen der Aue. Naturnahe Flüsse sind wie Kläranlagen: die Pflanzen und Böden der Auen filtern viele Schad- und überschüssige Nährstoffe aus dem Wasser.
Was kann ich tun? Aktiv werden für naturnahe Flüsse!
Es gibt verschiedene Wege sich für naturnahe Flüsse einzusetzen. Viele NABU-Aktive packen in ihrer Freizeit mit an und begleiten Renaturierungsmaßnahmen und die Schaffung von Überschwemmungsflächen durch praktische Arbeit überall in Deutschland: verbaute Flüsse werden von ihren unnatürlichen Profilen befreit und Flachwasserzonen angelegt. Davon profitieren Arten mit speziellen Lebensraumansprüchen wie Sumpfrohrsänger oder die Sumpfschwertlilie. Auch seltenene und bedrohte Arten wie Schwarzmilan oder Wachtelkönig finden wieder eine Heimat. Bei größeren Fluss-Projekten wie an Havel und Aller bleiben wir kontinuierlich am Ball, denn sie brauchen einen langen Atem. Der NABU setzt sich zudem dafür ein, dass die noch existierenden Uferzonen wie feuchte Wiesen und Moore erhalten bleiben und klärt über die Potenziale lebendiger Flüsse auf.
Weitere Infos
- Teil 1: Moore sind Klimaschützer – dort wo man sie lässt
- Teil 2: Natürliche Landwirtschaft für Klimaschutz
- Teil 3: Der Meerespiegel steigt weiter bedrohlich an – was nun?
- Teil 4: Naturnahe Wälder als wichtige Kohlenstoffspeicher
- Teil 5: Graue Energie? Kenn ich nicht!
- Teil 6: Klimawandel und Artenschwund – eine gefährliche Entwicklung
- Teil 7: Reboud. Effizienz.Backfire. Wie bitte?
- Blog-Serie #CO2freiSpassDabei
- Gut durch die Sommerhitze – ohne Klimaanlage - 21. Juli 2020
- Der Stromnetzausbau ist nicht immer gewollt - 8. Mai 2019
- Lebendige Flüsse für Mensch und Natur - 11. September 2017
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