Gärten: Grüne Rettungsinseln für bedrohte Pflanzen

Gärten: Grüne Rettungsinseln für bedrohte Pflanzen

Nahrungsmittel, Sauerstoff, Medikamente – Pflanzen sind existenziell für unser Überleben. Durch die Naturkrise sind sie in ihrer Vielfalt stark bedroht, zeigt ein Blick auf die Roten Listen.

„Über 1.000 Arten der deutschen Flora sind bestandsgefährdet, weitere 65 sind bereits ausgestorben oder verschollen. Nur noch 43,8 Prozent der Farn- und Blütenpflanzenarten sind ungefährdet, bei 10,1 Prozent reichen die Daten für eine seriöse Gefährdungsanalyse nicht aus“, schreibt das Rote-Liste-Zentrum. Darunter sind zum Beispiel auch beliebte Arten wie Herbstzeitlose oder Bärlauch.

Der größte Treiber für den Verlust der Arten ist die intensive Landwirtschaft. Denn nur wenige (Kultur-)pflanzen vertragen hohe Düngegaben, intensive Bodenbearbeitung und den Einsatz von Herbiziden. Es fehlt in Deutschland schlicht an Rückzugsflächen, auf denen sich auch Arten wohlfühlen, die magere, also nährstoffarme, Böden bevorzugen und ungestörte Lebensräume brauchen.

Gefährdeten Arten im Garten Raum geben

Eine Studie der Universität Leipzig liefert spannende Erkenntnisse. Conservation Gardening – zu Deutsch in etwa „Erhaltungsgärtnerei“ – beschäftigt sich unter anderem mit der Frage, ob Gärten als Rettungsinseln für Pflanzen infrage kommen, die in freier Natur bedroht sind. Um das zu beantworten, haben die Forschenden untersucht, welche gefährdeten Arten in Deutschland sich auch als Gartenpflanzen eignen würden. Das Ergebnis: Durchschnittlich 41 Prozent der heimischen Wildpflanzen auf der Roten Liste können potenziell auch im Garten verwendet werden. Ein Abgleich mit großen Staudengärtnereien und Herstellern von regionalem Saatgut zeigte, dass zwei Drittel dieser Pflanzen bereits im Handel erhältlich sind. Das könnte für viele Menschen eine Motivation sein, mit naturnahem Gärtnern zu beginnen und den eigenen Garten zum Schutzraum für Artenvielfalt zu machen.

Übrigens: Auch beim Kampf gegen den Klimawandel und die Erhitzung der Städte können einheimische Wildpflanzen helfen. In der Studie zeigte sich, dass viele der bedrohten Arten besser mit trockenen Böden und Dürreperioden klarkommen als handelsübliche Gartenpflanzen. Mehr Grün bedeutet gleichzeitig ein kühleres städtisches Klima. Aber nicht nur im Privaten funktioniert Conservation Gardening: Auch öffentliche Grünflächen oder Firmengelände bieten sich als perfekte Rettungsinseln an.

Artenschutz im Garten umsetzen

Gärtner*innen können gezielt dazu beitragen, bedrohte Arten zu erhalten. Im Rahmen der Studie ist eine Website entstanden, auf der sich Interessierte Pflanzlisten für jedes Bundesland und Bezugsquellen ausgeben lassen können.

Die Nachfrage bestimmt auch im Pflanzenhandel das Angebot. Vielen Menschen ist nicht bewusst, dass sie in Baumärkten oder Gärtnereien häufig nur einen Bruchteil der Arten kaufen können, die für den heimischen Garten und die regionale Flora geeignet wären. Exotische Pflanzen, mit auffällig großen Blüten oder immergrüne Gewächse mögen auf den ersten Blick ansprechend wirken. Für den Erhalt der heimischen Arten leisten sie nur wenig und können im schlimmsten Fall sogar Schaden anrichten als invasive Arten. Gärtnereien, Baumschulen und Baumärkte können und sollten also vermehrt heimische Arten anbieten, denn gekauft wird eben, was vor Ort erhältlich ist.

Auch für Kommunen, öffentliche Einrichtungen und Unternehmen stellt sich die wichtige Frage: Wie sieht eine ressourcenschonende Gestaltung ihrer Grünflächen in der Zukunft aus? Wer kann sich den kurzgeschorenen, englischen Rasen wirklich noch leisten, die Kosten für Mahd, Bewässerung und Düngung übernehmen? Sind viele heimische Pflanzen doch weitaus anspruchsloser und auch an Trockenheit angepasst. Wildblumenwiesen beispielsweise müssen nur zwei bis drei Mal im Jahr gemäht werden.

Naturnahe Gärten in Wissenschaft und Forschung

Auch der NABU forscht zum Thema naturnahe Gärten. Innerhalb des 3-jährigen Projektes gARTENreich (Hier geht es zur Projektseite) wird mit verschiedenen Partnern aus Wissenschaft und Praxis in Projektgärten untersucht, wie private Gärten in Deutschland die biologische Vielfalt fördern können. Das Projekt untersucht auch, wie Gartenbesitzer*innen motiviert werden können, ihre Gärten naturnah zu gestalten. Als Ergebnis wird gARTENreich kommunalen Akteur*innen Informationen und Werkzeuge zur Kommunikation zur Verfügung stellen, um eine biodiversitätsfreundliche Gestaltung von Gärten zu fördern.

Packen wir’s also an – verwandeln wir unsere Gärten und Freiflächen in schöne und gleichzeitig artenreiche Schutzräume mit Pflanzen, die anderswo keinen Platz mehr finden.

Text: Verena Jedamczik, Stefanie Kinsky

Quellen:

Rote Liste

Uni Leipzig

 

 

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Stefanie Kinsky
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2 Kommentare

Regina Wittmann

14.02.2024, 09:10

Ihr bezieht euch in den Beiträgen natürlich auf Deutschland. Könnt ihr diese Beiträge auch auf Österreich erweitern, wie zb die gefährdeten Pflanzen für Gärten, Kontaktdaten usw. Dankeschön

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Stefanie Kinsky

23.02.2024, 11:32

Liebe Regina, wir als Naturschutzbund Deutschland fokussieren uns auf die Pflanzenwelt in Deutschland. Da können sicherlich die österreichischen Verbände weiterhelfen. VG NABU-Gartenteam.

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