Natürliche Landwirtschaft für Klimaschutz

Natürliche Landwirtschaft für Klimaschutz

Lachgas ist nicht lustig!

Nein, Lachgas ist nicht lustig und schon gar nicht fürs Klima. Die chemische Verbindung aus Stickstoff und Sauerstoff (N2O) ist nämlich im Vergleich zu CO2 rund 300-mal klimaschädlicher. Und wer jetzt bei Lachgas an den Zahnarzt, das Krankenhaus oder womöglich an Technoparties in den 90ern denkt, dem sei versichert, die allermeisten Lachgasemissionen kommen ganz woanders her: nämlich aus der Landwirtschaft.

Im Jahr 2015 kamen fast 80 Prozent des gesamten Lachgasausstoßes in Deutschland aus der Landwirtschaft. Ursache für die Lachgasemissionen war die großflächige Ausbringung von Dünger auf landwirtschaftlich genutzten Flächen. Das hat auch noch ganz andere unerwünschte Nebeneffekte: Jüngst hat das Umweltbundesamt berechnet, dass die Trinkwasseraufbereitung durch die Nitratbelastung des Grundwassers durch übermäßige Düngung um bis zu 45 Prozent teurer würde.

Massentierhaltung und Methan-Emissionen

Ursprung großer Teile des Düngers ist übrigens die Massentierhaltung – die für sich genommen in vielerlei Hinsicht ein Riesenproblem darstellt. Aber bleiben wir zunächst beim Klima. Außer dass der Sektor Landwirtschaft für den Großteil der Lachgasemissionen in Deutschland verantwortlich ist, werden auch rund 57 Prozent der Methanemissionen durch diesen Sektor verursacht und zwar vor allem durch die Viehhaltung.

Methan ist rund 30-mal so klimaschädlich wie CO2. In Summe ist die Landwirtschaft übrigens für die Emissionen von rund 67 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten verantwortlich. Damit ist dieser Sektor für mehr Treibhausgase in Deutschland verantwortlich als der gesamte Industriesektor! Das muss man sich auch mal auf der Zunge zergehen lassen, die Landwirtschaft ist ein größerer Klimasünder in Deutschland als sämtliche Chemie- und Stahlwerke, und was sonst noch so qualmende Schornsteine hat zusammen!

Was tun?

OK, wir haben also ein Problem mit der Landwirtschaft, denn weiter so wie bisher geht nicht, wenn wir Klimaschutz ernst nehmen. Aber was tun? Jeder für sich kann durch Einkaufsentscheidungen zu einer besseren Landwirtschaft beitragen. Häufiger mal kein Fleisch essen hilft. Denn weniger Fleischkonsum bedeutet auch weniger Tierhaltung und damit weniger Methan, weniger Gülle und weniger Lachgas.

Was außerdem hilft: Bio-Lebensmittel kaufen, denn davon profitiert der Ökolandbau, der deutlich emissionsärmer produziert. Und außerdem noch: In Deutschland werden entlang der gesamten Wertschöpfungskette rund 18 Millionen Tonnen Lebensmittel verschwendet, die vorher unter hohem Aufwand hergestellt wurden. Also immer nur das kaufen, was man tatsächlich benötigt und im Supermarkt auch mal das runzelige Gemüse und die Waren nahe am Ablauf des Haltbarkeitsdatums einkaufen. Wenn weniger Lebensmittel weggeschmissen werden, müssen auch weniger produziert werden und so entstehen viele Treibhausgase gar nicht erst.

Auch die Politik ist gefordert

Außerdem brauchen wir dringend eine Reform des Förderregimes der Landwirtschaft. Gemeinsam mit über 600 Unternehmen und Organisationen setzt sich der NABU im Rahmen der LivingLand-Initiative für eine nachhaltige, also naturverträgliche und faire Agrarpolitik ein. Die derzeitige EU-Agrarpolitik hat in den vergangenen Jahrzehnten dazu geführt, dass durch immer intensivere Nutzung Lebensräume für Arten der Agrarlandschaften verloren gegangen sind. Und starker Pestizideinsatz führt zum drastischen Rückgang von Insekten, die vor allem für die Bestäubung der Pflanzen wichtig sind.

CO2-Rechner
Klimaschutz geht uns alle an. Aber wissen wir, wo wir stehen und welche Maßnahmen zukünftig unseren CO2-Fußabdruck entscheidend verbessern können? Das lässt sich rausfinden mit dem NABU-CO2-Rechner. In dieser persönlichen CO2-Bilanz werden verschiedene Bereiche des Lebens von der Heizung über den Konsum bis zu den Fortbewegungsmitteln betrachtet. Auch das Thema Ernährung spielt in dem Rechner eine Rolle und damit indirekt auch die Landwirtschaft, die man durch sein persönliches Verhalten unterstützt. Berechnet wird nicht nur der individuelle CO2-Ausstoß, sondern auch das CO2, das durch einen klimafreundlichen Lebensstil nicht mehr in die Atmosphäre entweicht. Zum Vergleich wird auch der deutsche Durchschnitt angezeigt.

Statt einer flächenbezogenen Agrarsubventionierung müssen künftig vor allem Landwirte, die naturverträglich wirtschaften und so der Allgemeinheit einen Dienst erweisen, besser gestellt werden. Weltweit bedroht die Landwirtschaft sogar die zweitmeisten gefährdeten Arten überhaupt – ein Umdenken ist also dringend nötig, für den Erhalt der biologischen Vielfalt, das Tierwohl und neue Perspektiven für nachhaltig wirtschaftende Landwirte. Auch der Klimaschutz braucht dringend eine andere Landwirtschaft, sonst sind die Klimaziele der Bundesregierung nicht zu erreichen und auch die internationalen Klimaziele geraten außer Reichweite.

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Sebastian Scholz
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1 Kommentar

Udo Thiem

20.08.2017, 03:03

Die Landwirtschaft hat einst die Artenvielfalt enorm gefördert z.B. Blütenvielfalt auf Wiesen. Doch das ist spätestens seit rund vierzig Jahren vorbei. Der intensive Chemieeinsatz (Dünger und Pestizide) hat dies inzwischen längst umgekehrt. Im Weinbau wird z.B. bis zu 18 mal pro Jahr gespritzt. Die Landwirtschaft ist in Mitteleuropa Artenkiller Nummer 1. Das Ökosystem ist längst am Umkippen. Die Naturschutzverbände und vor allem Behörden vor Ort schauen hilflos zu wie die letzten gesetzlich geschützten Lebensräume (Hecken, Feldgehölze, usw) beseitigt werden. Das Naturschutzgesetz ist längst ausgehebelt. Wiesenbrüter wie Braunkehlchen sind selbst in den Mittelgebirgen fast ausgerottet. Jetzt werden auf Empfehlung der Landwirtschaftsämter die letzten Feldränder und Kleinstrukturen mit Häckslern gemulcht. Wenn es so weitergeht verschwinden auch noch die letzten Goldammern. Wir brauchen einen Subventionierungsstopp für die konventionelle Landwirtschaft und eine andere Beratungspraxis durch die Landwirtschaftsämter. Selbst Biolandwirte häckseln auf deren Beratung hin wertvolle Kleinstrukturen.

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