Wichtige EU-Abstimmung zur Biomassenutzung

Wichtige EU-Abstimmung zur Biomassenutzung

Mitte September hat das Europäische Parlament über die neuste Revision der Erneuerbare Energien Richtlinie (Renewable Energy Directive – RED) abgestimmt. Neben einer begrüßenswerten Erhöhung der europäischen Ziele für erneuerbare Energien auf 45 Prozent bis 2030, entschied das Parlament auch darüber, inwieweit Holzverbrennung und Biokraftstoffe weiter gefördert und auf die Ziele für Erneuerbare angerechnet werden dürfen. Im Ergebnis gibt es einige zaghafte Schritte, die den Einsatz von klima- und naturzerstörender Biomasse reduzieren könnten.

Nun muss die deutsche Bundesregierung alles daransetzen, um im Trilogverfahren zwischen EU-Kommission, EU-Mitgliedsstaaten und EU-Parlament wenigstens diesen Minimalkompromiss zu verteidigen und möglichst durch Konkretisierungen die drohenden Schlupflöcher zu stopfen.

Anreize befeuern Verbrennung von Wäldern und Kraftstoffe aus Lebensmitteln

Bisher fördert die EU, dass Mitgliedstaaten Waldholz für die Energieproduktion verbrennen. Deshalb stellen inzwischen viele europäische Staaten ihre Kohlekraftwerke auf Holzverbrennung um. Dabei ist die Verbrennung von Holz keineswegs klimaneutral. Pro produzierter Energieeinheit sind die CO2-Emissionen sogar höher als bei fossilen Energieträgern wie Kohle oder Gas. Schlimmer noch: Die rasant steigende Nachfrage führt zu immer mehr Holzeinschlag in ganz Europa sowie in Übersee.

Ebenso wird die industrielle Produktion von Agrokraftstoffen aus Getreide und Ölpflanzen von der EU angereizt. Daraus folgen Flächenkonkurrenzen mit der Nahrungsmittelproduktion und immer mehr Naturlandschaften, die zu Ackerland umgepflügt werden.

Allerdings beginnt ein europaweites Umdenken bei der Bioenergie, auch aufgrund der Arbeit des NABU und unseres Dachverbands BirdLife Europe. So folgte das Europäische Parlament in seiner Abstimmung Mitte September zumindest zum Teil den Empfehlungen des Umweltausschusses (ENVI) vom Mai 2022:

  • Subventionen für die Verbrennung von Primärholz (d.h. Holz, das kein Neben- oder Abfallprodukt ist) sollen künftig nicht mehr erlaubt sein (Pferdefuß: Die Definition von Primärholz lässt viele Ausnahmen zu, z.B. Schadholz oder Holz aus feuergefährdeten Wäldern).
  • Die Verbrennung von Primärholz darf von den Mitgliedsstaaten weiterhin als erneuerbar angerechnet werden (entgegen der Empfehlung des EU-Umweltausschusses und der Umweltverbände), allerdings nur noch bis zu ihrem durchschnittlichen Anteil der Jahre 2017-2022. Alles, was darüber hinausgeht, darf nicht mehr auf die Erneuerbaren-Ziele des Landes einzahlen. Zudem soll es ein graduelles Absenken dieses Anteils geben, das allerdings bisher nicht weiter definiert ist.
  • Das Kaskadenprinzip für Holz – d.h. erst stoffliche Nutzung; energetische Nutzung erst am Ende einer Nutzungskaskade – wird in der RED verankert. (Pferdefuß: Die Mitgliedsstaaten haben hier die Aufgabe zur Ausgestaltung und können dementsprechend laxe Vorgaben machen)
  • Die Verbrennung von Holz aus bestimmten alten kohlenstoffreichen Wäldern mit hoher Biodiversität sowie aus Feuchtgebieten ist von der Förderung durch die RED ausgeschlossen.
  • Beim Biosprit wurde ein Auslaufen der Förderung von Brennstoffen aus Palmöl und Soja beschlossen. Bei weiteren Agrokraftstoffen aus Getreide und Ölpflanzen wurde allerdings kein weiterer Schritt zum Ende der Förderung unternommen.

Parlamentsentscheidung muss als Minimalkompromiss im Trilog verteidigt werden

Insgesamt betrachten wir das Ergebnis der EU-Parlaments-Abstimmung ambivalent: Einerseits wurde eine wichtige Chance verpasst, die Förderung der Holzverbrennung und die Verschwendung von Anbaubiomasse für Agrokraftstoffe jetzt zu beenden. Andererseits hat das Parlament ein wichtiges Zeichen an Investoren gesendet, dass diese Energien keine Zukunft haben.

Der nächste Schritt in der Revision der RED sind die Trilogverhandlungen, in denen sich EU-Ministerrat und Parlament auf einen Kompromiss verständigen müssen. Da die Verhandlungsposition des Rats bisher von den Interessen der Forst- und Biokraftstoffindustrie dominiert wird, muss die deutsche Bundesregierung für den Schutz von Klima und Biodiversität ihr Gewicht in die Wegschale werfen und die positiven Schritte des Parlaments verteidigen.

Helfen Sie uns, unsere Wälder zu schützen!

Diesen Beitrag teilen:

Kenneth Richter
Letzte Artikel von Kenneth Richter (Alle anzeigen)

Keine Kommentare

Kommentare deaktiviert

%d Bloggern gefällt das: