Kohlekraftwerke: Was machen die denn noch da?

Erneuerbare Energien mausern sich von einem Anteil von rund 27 im Jahr 2014 auf 32 Prozent des Bruttostromverbrauchs in 2015. Mit der Stilllegung des Atomkraftwerks Grafenrheinfeld ging die Stromerzeugung aus Kernenergie im selben Jahr zurück. Die besonders klimaschädlichen Braun- und Steinkohlekraftwerke erzeugten jedoch trotz wachsender erneuerbarer Energien fast genauso viel Strom wie noch 2014.

Kohlekraftwerke

Kohlekraftwerke dampfen trotz Energiewende nicht freiwillig ab. – Foto: NABU/ E. Große-Ruse

Auch bei der Stromproduktion insgesamt gab es neue Rekorde: 2015 wurde in Deutschland mehr Strom erzeugt als je zuvor. Seit 2014 ist die Stromerzeugung um etwa drei Prozent angestiegen, vor allem weil Kohlekraftwerke ihre Stromproduktion trotz der gestiegenen Anteile erneuerbarer Energien kaum drosseln. Da sich der Stromverbrauch kaum geändert hat, führt die gestiegene Stromproduktion zu steigenden Stromexport-Zahlen – trotz der Stilllegung der Atomkraftwerke.

Zugegeben: für den sicheren Betrieb des Stromnetzes sind verschiedene Systemdienstleistungen, unter anderem zur Spannungs- und Frequenzhaltung, Reserve- und Kurzschlussleistung oder für Redispatch-Maßnahmen, erforderlich. Auch wegen Verpflichtungen zur KWK (Kraft-Wärme-Kopplung) laufen Kohlekraftwerke unvermindert durch. Einige von ihnen erzeugen also ziemlich konstant Strom auf einem Mindest-Niveau („must-run“), obwohl die Zeichen der Zeit im Strommarkt auf Flexibilität stehen.

Auch erneuerbare Energien könnten rein technisch viele dieser Systemdienstleistungen übernehmen. Allerdings sind die Spielregeln am Strommarkt derzeit nicht geeignet, um erneuerbare Energien und auch sich gut ergänzende Speichertechnologien hier gleichberechtigt mit konventionellen Energieträgern mitspielen zu lassen.

Windräder stehen still, während Kohlekraftwerke auf Hochtouren laufen

An der Strombörse kommt es immer wieder zu negativen Strompreisen, da unflexible Kohlekraftwerke munter Überschuss-Strom produzieren, auch wenn die Einspeisung aus Windstrom Rekorde erreicht und die Stromleitungen im Norden zu glühen beginnen.

Die Betreiber der Kohlekraftwerke tun dies nicht, weil sie eingeschnappt sind, dass sie nicht mehr gebraucht werden, sondern weil sich beispielsweise Braunkohlekraftwerke nicht einfach für wenige Stunden ganz ausschalten lassen. Das wieder Anfahren wäre für die Betreiber teurer als das stoische Laufenlassen.

KWK-Kraftwerke, die neben Strom auch Wärme für Industrie oder Haushalte liefern, können bislang auch bei einem Überangebot von Strom nicht vom Netz genommen werden, weil damit die Wärmelieferungen gefährdet würden. Und es wird auch Strom aus fossilen Kraftwerken eingesetzt, um die Spannung im Höchstspannungsnetz stabil zu halten, wenn durch Netzengpässe im Norden Stromerzeuger (vor allem Windenergie-Anlagen) zur Sicherheit abgestellt werden. Hier verursachen fehlende Stromnetze neue Business-Modelle für beispielsweise Steinkohle-Kraftwerke, die im Süden weiterlaufen „müssen“, um die im Norden wegbrechende Strom-Produktion aus Windenergie auszugleichen.

Erneuerbare und Speicher werden Kohlekraftwerke ablösen

Da wir momentan mehr Kohlestrom produzieren als wir brauchen können, freuen sich die Kohle-Kraftwerksbetreiber über ihnen verbliebene Marktsegmente wie die Bereitstellung von Primärregelleistung. Anbieter von Primärregelleistung müssen innerhalb von 30 Sekunden Strom liefern bzw. den Strombedarf verringern. Hier sollten künftig Batteriespeicher vermehrt eingesetzt werden, da sie sehr gut innerhalb weniger Sekunden auf Frequenzabweichungen im Netz reagieren können und somit optimal die schwankende Erzeugung aus Windenergie-Anlagen ausgleichen können.

Betreiber von Kohlekraftwerken dürften neben den erneuerbaren Energien neue Konkurrenz durch Batteriespeicher fürchten. Die Frage ist, wie schnell sich Batteriespeicher durchsetzen werden – erste Anlagen sind beispielsweise in Schwerin und Dörverden erfolgreich am Netz. Im Dunkeln liegt derzeit auch noch, welche Kraftwerke in Deutschland durchgehend oder zeitweise als must-run-Kapazitäten betrieben werden. Dazu wird ein erster Bericht der Bundesnetzagentur mit Spannung erwartet, der voraussichtlich am 31. März 2017 veröffentlicht wird.

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Tina Mieritz

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