Falsche Anreize: Wie die EU-Gesetzgebung die Entwaldung vorantreibt und das Klima bedroht

Falsche Anreize: Wie die EU-Gesetzgebung die Entwaldung vorantreibt und das Klima bedroht

Wälder spielen eine signifikante Rolle bei der Eindämmung der Klimakrise. In den Modellen des Weltklimarates IPCC sind sie als wichtige CO2-Senke einberechnet – werden sie stattdessen abgeholzt und verfeuert, rücken alle Klimaziele in weite Ferne. Unsere Zukunft hängt somit an der Zukunft unserer Wälder.

Wälder leiden für Bioenergie

Im Moment beobachten wir jedoch eine besorgniserregende Entwicklung in die falsche Richtung. Der Verlust von Waldflächen in der EU hat sich seit 2015 massiv beschleunigt. Der Grund dafür ist die Nachfrage nach „Bioenergie“, welche in diesem Zeitraum stark gestiegen ist. Die Entwaldung findet vor allem in den nordischen und baltischen Ländern sowie auf der iberischen Halbinsel statt.

Baumstämme stapeln sich auf dem betriebsgelände von Europas größtem Pellethersteller Graanul Invest aus Estland – Foto: Peg Putt

In Estland, Heimat des zweitgrößten Holzpelletskonzerns Graanul Invest, werden sogar Natura-2000-Schutzgebiete für Holzpellets abgeholzt, die in den Rest Europas exportiert werden. Und nicht nur die europäischen Wälder leiden unter der verstärkten Holznachfrage: Im Vereinigten Königreich verbrennt allein das umgerüstete Kohlekraftwerk Drax mehr Holz als die gesamte Holzernte des Landes. Ein Großteil des Brennstoffes für dieses britische Werk wird aus dem Süden der USA importiert. Feuchtwälder in einem weltweiten Hotspot der Biodiversität werden somit zerstört, um die europäische Nachfrage nach „Bioenergie“ zu befriedigen.

Wissenschaft schlägt Alarm – EU muss handeln

Nicht nur die Vernichtung der Wälder ist problematisch. In einem Brandbrief – im wahrsten Sinne des Wortes – an die EU und die USA warnten 500 Wissenschaftler*innen Anfang 2021, dass aufgrund der hohen Treibhausgasemissionen, die bei der Verbrennung von Holz entstehen, diese Art von Energie die Klimakrise sogar noch beschleunigt.

Trotzdem zählt die Europäische Union Energie aus Holzbiomasse weiterhin als „erneuerbare Energie“ und die Mitgliedsstaaten subventionieren sie mit 16 Milliarden Euro jährlich. Die Effekte sind deutlich. Europa erzeugt bereits 60 Prozent der Bioenergie durch die Verbrennung von Holz. Und das hat schlimme Folgen:

  • Verlust der biologischen Vielfalt,
  • globale Erwärmung durch hohe Treibhausgasemmissionen,
  • zunehmender Druck auf unsere geliebten Wälder.

Europa hat jedoch jetzt die Chance, das zu ändern. Die EU-Richtlinie für erneuerbare Energien (Renewable Energy Directive – RED), die festlegt, welche Arten von Energie als „erneuerbar“ gelten und damit als solche subventioniert werden können, wird derzeit überarbeitet. Dies ist unsere Gelegenheit, diese Fehlentwicklung zu stoppen.

Deutschland muss sich in der EU für den Wald einsetzen

Bisher scheinen sich jedoch die Staaten, in denen die Forstwirtschaft von den aktuellen Verhältnissen profitiert, durchzusetzen. Vor allem Schweden und Finnland fordern lautstark eine Beibehaltung der aktuellen Regeln. Sie bilden im Rat der Mitgliedsstaaten eine unheilvolle Koalition, unterstützt von Estland, Litauen und Rumänien. Die deutsche Regierung lehnt zwar die weitere Förderung von Holzenergie ab. Sie macht aber bisher zu wenig Anstalten, zusammen mit anderen progressiven EU-Staaten ein Gegengewicht zu bilden. In den nächsten Monaten werden die Weichen für die Überarbeitung der Richtlinie gestellt. Noch ist also etwas Zeit, um unserer Regierung und den europäischen Abgeordneten zu zeigen, dass wir einen besseren Schutz der Wälder und echte Erneuerbare wollen.

Der NABU und sein europäischer Partner Birdlife arbeiten als Teil einer Koalition von Nichtregierungsorganisationen daran, die Zerstörung der Wälder für die Energiegewinnung zu beenden.

Hier sind unsere Kernforderungen für eine naturverträgliche, tatsächlich erneuerbare Energie:

  • Subventionen und andere Unterstützungsmechanismen für Energie aus der Verbrennung von Primärholz (d.h. Holz, das kein sekundäres Produkt stofflicher Nutzung ist) müssen beendet werden.
  • Energie aus Holzbiomasse darf nicht weiter auf die Ziele für erneuerbare Energien angerechnet werden.
  • Die Subventionen, die bisher auch die Holzverbrennung begünstigen, sollten stattdessen ausschließlich für echte emissionsfreie Energiequellen wie Wind-, Solar- und Geothermie-Energie genutzt werden.
  • Es braucht zusätzlich Maßnahmen zur Wiederherstellung und dem Schutz unserer Wälder.

Helfen Sie uns, unsere Wälder zu schützen!

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1 Kommentar

Rosemarie

29.04.2022, 17:15

Liebe Freunde der Natur, solange die Menschen nicht bereit sind, auf geliebte Gewohnheiten wie z.B. Grillen und neu auf den Markt gekommene unsinnige Waren zu verzichten (z.B. Solarlampen und ganzjärige Weihnachtsbaumbeleuchtung im Garten), für deren Herstellung diverse Ressourcen verbraucht werden), werden wir die eigene Lebensgrundlage immer weiter zerstören. Vor allem gibt es viele Menschen, denen es nicht nur egal ist, sondern die auf solchem Unsinn und Verschwendung bestehen (eventuell Kritiker beschimpfen).

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