Mit Sustainable Finance Artenvielfalt und Ökosysteme erhalten

Mit Sustainable Finance Artenvielfalt und Ökosysteme erhalten

Etwa eine Billion Euro kostet der klimagerechte Umbau der europäischen Wirtschaft – nach vorsichtigen Schätzungen der EU-Kommission. Eine einschüchternde Summe? Dieser Eindruck relativiert sich, wenn wir betrachten, wie viel Kapital aktuell in den europäischen Märkten unterwegs ist: über 31 Billionen Euro, laut der European Funds and Asset Management Association (inkl. der Schweiz und UK).

Schnell wird deutlich: Wenn auch nur ein Teil davon in Wirtschaftsaktivitäten investiert wird, die unseren Klima- und Naturschutzzielen entsprechen, haben wir einen starken Hebel. Nur: Wie können wir ihn umlegen?

Nachhaltige Finanzprodukte – wie gelingt eine Übersicht?

Unter dem Begriff Sustainable Finance wird seit geraumer Zeit versucht, das Finanzsystem auf Nachhaltigkeit auszurichten. Finanzströme sollen so umgeleitet werden, dass sie den Klimawandel bestmöglich eindämmen und die Natur schützen. Mit ihren hohen Investitionssummen im Finanzmarkt haben Anleger*innen einen maßgeblichen Einfluss darauf, dass sich nachhaltige wirtschaftliche Aktivitäten durchsetzen. Damit dies gelingt, benötigen wir ein System, das es leicht macht, solche Investitionsmöglichkeiten zu erkennen. Nur so kann garantiert werden, dass „nachhaltige Finanzprodukte“ auch tatsächlich einen Beitrag zum Klima- und Naturschutz leisten – und Verbraucher*innen nicht durch Greenwashing getäuscht werden.

Die EU-Taxonomie: Ein potenziell wirkungsvolles Instrument

Hieran arbeitet zum Beispiel die EU mit ihrer Taxonomie. Sie schafft Transparenz, welche Wirtschaftsaktivitäten einen positiven Beitrag zu den von ihr festgelegten Umweltzielen leisten. Die sechs Umweltziele der Taxonomie sind: (1) Klimaschutz, (2) Anpassung an den Klimawandel, (3) nachhaltige Nutzung von Wasserressourcen, (4) Wandel zu einer Kreislaufwirtschaft, (5) Vermeidung von Verschmutzung und (6) Schutz von Ökosystemen und Biodiversität. Ab 2023 müssen größere Unternehmen (ab 500 Mitarbeitern) offenlegen, inwieweit sie taxonomiekonform wirtschaften, etwa in den Bereichen der Energiewirtschaft, der Schifffahrt und der Forstwirtschaft.

Ob die EU-Taxonomie ein wirksames Instrument wird, liegt also daran, wie anspruchsvoll diese Umweltziele gesteckt werden. Die bisher verabschiedeten Standards geben Anlass zur Sorge, denn: Noch vor der umstrittenen Entscheidung der EU-Kommission, fossiles Gas und Atomkraft als Energieträger in der EU-Taxonomie als nachhaltig zu werten, wurden ohne großes Medienecho bereits besorgniserregend niedrige Ziele für die Forstwirtschaft und Bioenergie verabschiedet. Sie sind in ihrer bisherigen Form nicht geeignet, die Naturverträglichkeit dieser Wirtschaftszweige substanziell zu verbessern.

Nachhaltigkeitslabel für Holzeinschlag

Die Forstwirtschaftsstandards lassen große Ambitionen vermissen. Problematisch sind dabei insbesondere die Kriterien für den Holzeinschlag.

Intakte Wälder dienen als CO2-Senke

Foto: NABU/Klemens Karkow

Die Nachhaltigkeit des Holzeinschlags wird innerhalb der Taxonomie-Standards vor allem durch die Einhaltung der nationalen Gesetzgebung oder der Kriterien der Forest Europe-Leitlinien festgelegt. Dadurch gelten weite Teile des aktuellen Holzeinschlags als nachhaltig.

Dabei wurde nicht beachtet, dass der derzeitige Holzeinschlag negativ auf das Klima und die Biodiversität wirkt. Wälder wirken als wichtige Senken für den CO2-Ausstoß in Europa. Durch den aktuellen Holzeinschlag wird ihre Wirkung deutlich verringert.

Bioenergie

Verstärkt wird dieser Effekt durch die Nachhaltigkeitskriterien für Bioenergie. Im Zuge der Anfang des Jahres in Kraft getretenden Standards, gelten Investitionen in Bioenergie auch dann als nachhaltig, wenn sie Biomasse aus Land- oder Forstwirtschaft energetisch nutzen.

Holzstapel

Foto: NABU/Helge May

Die Direktive (EU) 2018/2001, die hier als Grundlage genommen wurde, ermöglicht etwa die energetische Nutzung von Bäumen. Ihre Verbrennung resultiert jedoch in noch höheren CO2 Emissionen pro Energie-Einheit als Kohle (aufgrund der niedrigen Energie-Dichte von Holz). Und selbst bei Einrechnung des Rückwachsens von Bäumen und der resultierenden Wiederaufnahme von Kohlenstoff aus der Luft, bleibt ein Netto-Zuwachs der atmosphärischen CO2 Konzentration über klima-relevante Zeiträume, der sogar grösser ist als bei fossilen Brennstoffen.

Wie geht es weiter?

Die bereits beschlossenen Nachhaltigkeitsstandards der EU-Taxonomie zeigen also Verbesserungsbedarf auf. Umso wichtiger ist es, diesen Zustand nicht bedauernd hinzunehmen, sondern als Weckruf zu begreifen: Es braucht die starke Stimme der Naturschutzbewegung, um die EU-Kommission an ihren eigenen Anspruch zu erinnern. Sie wollte ambitionierte, wissenschaftsbasierte Umweltschutzstandards schaffen.

Genau jetzt ist dieser Weckruf relevant, da dieses Jahr noch weitere Entscheidungen anstehen: Als nächstes werden Naturschutzstandards verhandelt, die zentrale Bereiche wie etwa den Agrar- und Verkehrssektor betreffen. Insbesondere was den Schutz der Biodiversität (Umweltziel Nr. 6) angeht, müssen wir uns dafür einsetzen, dass höhere Standards gesetzt werden, als es bisher der Fall war.

Bedeutung für die Biodiversität, den Klima- und Umweltschutz

Gerade im Bereich der Landnutzung können Nachhaltigkeitskriterien große Bedeutung für den Biodiversitätsschutz entwickeln.  Die unterschiedlichen Formen intensiver und extensiver Landnutzung haben erhebliche Auswirkungen auf Ökosysteme. Kriterien für nachhaltige Finanzanlagen können an dieser Stelle dafür sorgen, dass naturverträgliche Bewirtschaftungsformen einfacher und günstiger an privates Kapital gelangen.  Dafür appellieren wir ausdrücklich an die EU-Kommission, der eigenen Ambition gerecht zu werden.

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