Steueranreize für freiwilligen Naturschutz auf Privatgrund – Umsetzungsmöglichkeiten im deutschen Steuerrecht
Der Schutz von Natur und Artenvielfalt auf privaten Flächen wird aufgrund von drängenden ökologischen Krisen und aktuellen politischen Zielen zu einem zentralen Anliegen des Naturschutzes in Deutschland. In unserem vorherigen Blogbeitrag (Naturschutz auf Privateigentum: Wie Steueranreize eine Schlüsselrolle spielen können) haben wir die Bedeutung von Steueranreizen als innovativem Ansatz hervorgehoben, um private Grundeigentümer*innen für freiwillige Naturschutzmaßnahmen zu gewinnen. In Form von Steuererleichterungen bei Einkommens-, Grund- oder Erbschaftssteuer sind steuerliche Anreize eine langfristige und flexible Alternative zu bestehenden Förderprogrammen, welche oft mit hohem bürokratischem Aufwand verbunden sind und nur für kurze Laufzeiten gelten. Im Rahmen des BfN geförderten NABU-Projekts „Guter Grund für Naturschutz“ wird untersucht, wie das Modell Steueranreize für Naturschutz auf Privatgrund in Deutschland umsetzbar ist.
Die Kombination von steuerlichen Anreizen mit beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten ist hierbei ein besonders vielversprechender Ansatz im deutschen Steuerrecht, um konkrete Naturschutzmaßnahmen langfristig vertraglich zu vereinbaren und gleichzeitig steuerliche Vorteile zu gewähren. In diesem Beitrag werden wir ergründen, wie eine solche Kombination in der Praxis aussehen könnte und welche rechtlichen sowie steuerlichen Rahmenbedingungen dabei zu beachten sind.
Bestehender rechtlicher Rahmen für Steueranreize und Schutzdienstbarkeiten in Deutschland
Die beschränkte persönliche Dienstbarkeit ist ein dingliches Recht, das einer Person das Recht zur Nutzung eines fremden Grundstücks in bestimmter Weise einräumt (§ 1090 BGB). Dieses Recht ist untrennbar mit der berechtigten Person verbunden und kann weder veräußert noch vererbt werden. Die Dienstbarkeit wird als Belastung eines Grundstücks im Grundbuch eingetragen und kann nur durch den*die Begünstigten gelöscht werden. Daher bleibt sie auch bestehen, wenn der*die Grundstückseigentümer*in wechselt.
Wenn dieses Rechtskonstrukt zur Sicherung von Naturschutzzielen eingesetzt wird, spricht man von einer „Schutzdienstbarkeit“. Grundeigentümer*innen können freiwillig Teile ihres Grundstücks oder gesamte Grundstücke langfristig für den Naturschutz bereitstellen oder die Nutzung im Sinne des Naturschutzes darauf einschränken. Die rechtliche Grundlage für Schutzdienstbarkeiten besteht in Deutschland, doch die praktische Umsetzung zur Gewährung von steuerlichen Anreizen in Zusammenhang mit einer Schutzdienstbarkeit ist mit Herausforderungen verbunden.
Bisher gibt es in Deutschland keine gezielt eingesetzten Steueranreize, um freiwilligen Naturschutz auf Privatgrund zu fördern, sei es in Verbindung mit Schutzdienstbarkeiten oder anderweitig. Es gibt jedoch Vergünstigungen bei einzelnen Steuern, die sich auf naturschutzrechtlichen Kontext übertragen lassen. Zum Beispiel können Geld- und Sachspenden an naturschutzrechtliche Organisationen, wie andere Spenden auch, von der Einkommensteuer abgezogen werden. Ebenso sind solche Spenden in beliebiger Höhe von der Erbschafts- und Schenkungssteuer befreit. Die Grundsteuer, welche in Deutschland kommunal festgelegt und erhoben wird, kann für ausschließlich gemeinnützig genutzte Grundstücke, öffentliche Grünanlagen und Grundstücke, deren Erhalt für den Naturschutz im öffentlichen Interesse liegt, erlassen werden.
Um Steueranreize für Schutzdienstbarkeiten zu gewähren, müsste die Rechtsauslegung einer Sachspende so angepasst werden, dass sie die Schutzdienstbarkeit als dingliche Sicherung im Grundbuch umfasst. Dann wäre es Naturschutzorganisationen möglich, Spendenbescheinigungen für auf sie laufende Schutzdienstbarkeiten auszustellen, welche wie gewohnt in der Einkommensteuererklärung berücksichtigt werden können. Die steuerliche Absetzbarkeit von Spenden ist rechtlich klar geregelt und ließe sich analog auf die Spende von Schutzdienstbarkeiten übertragen.
Ähnlich hält es sich in Deutschland mit Anreizen bei der Erbschaftssteuer. Werden Grundstücke vererbt, auf welchen eine Schutzdienstbarkeit besteht, dann kann die Erbschaftssteuer nur auf den verminderten Grundstückswert oder gar nicht erhoben werden. So wird sichergestellt, dass die geschützten Flächen nicht zur finanziellen Belastung für Erb*innen werden. Darüber hinaus ergäbe sich auch die Möglichkeit für Erb*innen, aktiv ihre Belastung durch Erbschaftssteuern zu senken, indem sie eine Schutzdienstbarkeit auf geerbten Flächen einrichten und an eine Naturschutzorganisation spenden.
Potenzial und Hürden für die Anerkennung von Schutzdienstbarkeiten als Sachspende
Zur Klärung der steuerlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen für die Behandlung einer freiwilligen, langfristigen Nutzungseinschränkung privater Grundstücke zugunsten des Naturschutzes als Sachspende hat der NABU eine Rechtsanwaltskanzlei mit einem Rechtsgutachten beauftragt. Das vollständige Gutachten steht auf Anfrage zur Verfügung (Kontakt: Tilmann.Disselhoff@NABU.de, Juliane.Röthig@NABU.de, Janice.Neumann@NABU.de).
Im Folgenden werden die wichtigsten Punkte zusammengefasst:
1. Zur Sicherung einer freiwilligen, langfristigen Naturschutzverpflichtung auf einem Privatgrundstück könnte eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit zugunsten einer anerkannten gemeinnützigen Organisation eingerichtet werden. Die Dienstbarkeit ließe sich als eine Benutzungsdienstbarkeit, bei der die berechtigte Person bestimmte Nutzungsrechte erhält, gestalten. Alternativ käme auch eine Unterlassungs- oder Verbotsdienstbarkeit infrage, bei der dem Grundstücksbesitzenden bestimmte Handlungen untersagt werden.
Das Gutachten bestätigt damit die Einschätzung einschlägiger Literatur, dass das Modell der Schutzdienstbarkeiten in Deutschland rechtlich umsetzbar ist. Wie im steuerrechtlichen Gutachten jedoch angemerkt wird, kann die Dienstbarkeit nach deutschem Recht lediglich Nutzungsbefugnisse einräumen oder Verbote bestimmen, jedoch keinen Auftrag zu einer aktiven Handlung wie Naturschutz geben. Dies ist eine Besonderheit im Vergleich zu Modellen, wie sie in Südafrika oder den USA Anwendung finden.
2. Die Einrichtung einer solchen Schutzdienstbarkeit kann als Sachspende anerkannt werden und wäre damit steuerlich absetzbar. Allerdings könnte es schwierig sein, die Schutzdienstbarkeit von der unentgeltlichen Überlassung eines Wirtschaftsguts zur vorübergehenden Nutzung abzugrenzen, welche nicht steuerlich absetzbar ist. Es gibt jedoch gute Gründe dafür, dass eine Schutzdienstbarkeit nicht nur ein vorübergehendes Nutzungsrecht darstellt, sondern den Grundstückbesitzenden dauerhaft belastet.
Diese Rechtsauslegung im steuerrechtlichen Gutachten ist ein positives Signal für die Anerkennung von Schutzdienstbarkeiten als Sachspende. Weitere Rechtsprechung oder ggf. auch die Änderung der Verwaltungspraxis durch Anwendungserlasse sollte dazu künftig mehr Klarheit schaffen. Krüger und Frank weisen darauf hin, dass die beschränkte persönliche Dienstbarkeit als Spende zugunsten der anerkannten Naturschutzorganisation eingerichtet werden muss, damit der Zuwendungsempfänger im rechtlichen Sinne eindeutig ist. Eine „einseitige Selbstverpflichtung“ zum Naturschutz durch Grundstückeigentümer*innen wäre nicht steuerlich absetzbar.
3. Die Bewertung der gespendeten Schutzdienstbarkeit würde sich nach den üblichen Regelungen des Einkommensteuergesetzes richten. Dabei ist entscheidend, ob das Grundstück aus dem Betriebsvermögen oder dem Privatvermögen stammt.
Das steuerrechtliche Gutachten weist weiter darauf hin, dass die Finanzverwaltung die Ermittlung des gemeinen Grundstückwerts mit Schutzdienstbarkeit nach den Bestimmungen des Bewertungsgesetzes möglicherweise nicht akzeptiert, da diese Bewertung in der Regel zu einem höheren Wert führt. Dies könnte sich bei einer steuerlichen Berücksichtigung als Spende nachteilig auf die Einnahmen des Staates auswirken. Alternativ käme die Bewertung mittels Gutachten infrage, was die Attraktivität des Steueranreizes aufgrund des damit verbundenen (monetären) Aufwands jedoch gefährden würde. In der konkreten Ausgestaltung empfiehlt es sich also für diese Folgeproblematik eine adäquate Lösung vorzusehen. Die mit der Spende verbundenen Nebenkosten wie Notargebühren oder Gutachterkosten sind dem Spendenwert nicht zuzurechnen und damit nicht steuerlich absetzbar. Das steuerrechtliche Gutachten schlägt daher vor, dass die Nebenkosten vom Zuwendungsempfänger (i.e. der Naturschutzorganisation) getragen werden, und der*die Spender*in diese Kosten als Geldspende spendet.
4. Die Spende einer Schutzdienstbarkeit stellt keinen Tatbestand für die Befreiung von der Grundsteuer dar. Eine Befreiung von der Grundsteuer wird nach aktueller Rechtslage als unwahrscheinlich bewertet.
Um Steueranreize über die Grundsteuer zu setzen, bedürfte es Anpassungen an der aktuellen Gesetzgebung und -auslegung in Bezug auf die Grundsteuer. Dennoch sollte diese Möglichkeit als steuerliches Anreizsystem nicht außen vorgelassen werden, da sie insbesondere für Personen mit viel Privatgrundbesitz und folglich hoher Grundsteuer ein attraktiver finanzieller Anreiz für freiwilligen Naturschutz sein kann.
Das Rechtsgutachten ist ein positives Zeichen für die Möglichkeit der Umsetzung von Schutzdienstbarkeiten als steuerliches Anreizmodell für die Förderung von Naturschutz auf Privatgrund in Deutschland. Besonders hervorzuheben ist, dass die Umsetzung im gegebenen rechtlichen Rahmen möglich ist. Aufgeworfene Fragen bezüglich der Bewertung der beschränkten persönlichen Dienstbarkeit sowie der Unterscheidung zur unentgeltlichen Überlassung von Nutzungsmöglichkeiten können durch zuständige Behörden aktiv gesetzlich bestimmt werden oder sich passiv durch Anwendung und weitere Rechtsprechung klären. Über die gutachterliche Bewertung hinaus sollte bedacht werden, dass der aktuelle rechtliche Rahmen angepasst werden kann, um gezielter Steueranreize für Schutzdienstbarkeiten zu schaffen. Internationale Beispiele zeigen, dass eine solche Reform die Umsetzung politischer Naturschutzziele wesentlich unterstützen würde. In einem folgenden Beitrag zeigen wir, wie Steueranreize international für Naturschutz auf Privatgrund instrumentalisiert werden.
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