Naturschutz auf Privateigentum: Wie Steueranreize eine Schlüsselrolle spielen können

Naturschutz auf Privateigentum: Wie Steueranreize eine Schlüsselrolle spielen können

Klimakrise, Artensterben, schwindende Moore – die Herausforderungen für unsere Gesellschaft und Ökosysteme sind enorm. Um dem entgegenzuwirken, hat die EU ehrgeizige Ziele gesetzt: Bis 2030 sollen 30 Prozent der Land- und Meeresflächen unter Schutz stehen („30×30“–Initiative). Für Deutschland heißt das konkret: 13 Prozent der Landfläche müssen zusätzlich geschützt werden. Ein Großteil davon ist in privater Hand, was die Beteiligung privater Eigentümer*innen erforderlich macht. Doch wie gewinnt man private Grundeigentümer*innen für Naturschutz?

Aktuelle Ansätze sind überwiegend Förderprogramme. Diese stoßen allerdings an Grenzen: Sie sind oft kurzfristig, bürokratisch und teuer. Steuerliche Anreize für freiwillige Naturschutzmaßnahmen auf privatem Grundeigentum hingegen werden in Deutschland bislang nicht gewährt. Dabei werden sie in anderen Ländern wie den USA oder Südafrika bereits erfolgreich eingesetzt. Wir glauben: Steueranreize könnten bestehende Förderprogramme ergänzen und so einen Schlüssel zum Erreichen von diversen Zielgruppen darstellen. Das BfN geförderte NABU-Projekt ‚Guter Grund für Naturschutz‘ (Guter Grund für Naturschutz – NABU) untersucht aktuell, wie solche Modelle auf Deutschland übertragbar wären.

Das Problem ist komplex: Einerseits brauchen wir Flächen in privatem Eigentum als ökologische Korridore zwischen Schutzgebieten oder als Pufferzonen um sensible Kernbereiche. Andererseits müssen Lösungen sowohl für Eigentümer*innen attraktiv sein als auch ökologisch wirksam bleiben. Steuervergünstigungen könnten hier eine Brücke schlagen – freiwillig und langfristig, mit verringertem bürokratischem Aufwand als bisherige Ansätze.

Möglichkeiten und Herausforderungen für Naturschutz auf Privatgrund

In Deutschland können private Grundeigentümer*innen auf verschiedene Instrumente zurückgreifen, um Naturschutzmaßnahmen umzusetzen. Ein wichtiges ist der Vertragsnaturschutz (teilweise im Kontext der EU-Agrarförderung), bei dem freiwillige Vereinbarungen zwischen Landnutzenden und Behörden geschlossen werden, etwa zu Biotoppflege oder Artenschutzmaßnahmen. Dafür erhalten Landnutzende finanzielle Ausgleichszahlungen, die aus Bundes-, Landes- und Kommunalmitteln stammen. Da für den Vertragsnaturschutz jedes Bundesland ein eigenes Förderprogramm anbietet, unterscheiden sich die in den Ländern förderfähigen Maßnahmen und reichen vom Rückbau von Entwässerungen über Obstwiesenpflege bis zu Entbuschung.

Die bestehenden Möglichkeiten für Naturschutz auf Privatgrund sind häufig mit erheblichem bürokratischem Aufwand verbunden, kostenintensiv für Bund, Länder und Kommunen oder haben kurze Laufzeiten von oftmals fünf Jahren oder weniger. Während die bestehenden Programme auch für Grundeigentümer*innen attraktiv sind, die ihr Land selbst bewirtschaften, fehlt ein flexibler, individuell gestaltbarer Rahmen.

Steueranreize als innovativer Ansatz

Internationale Modelle zeigen, wie steuerliche Anreize die Brücke zwischen Naturschutzzielen und den Interessen privater Grundeigentümer*innen schlagen können. Anders als traditionelle Förderprogramme bieten Steueranreize mehrere entscheidende Vorteile: Sie erreichen ein breites Spektrum an Eigentümer*innen und ziehen oft alternatives Klientel an, für das Förderprogramme unattraktiv sind, wie z.B. vermögende Privatpersonen oder Unternehmen mit Landbesitz. Klug ausgestaltet, können steuerliche Anreize langfristig wirken und sind nicht an Förderperioden gebunden. Steueranreize können Privatpersonen motivieren, Flächen für den Naturschutz bereitzustellen oder nachhaltig zu bewirtschaften.

Steuererleichterungen für Naturschutz auf Privatgrund sind zum Beispiel bei der Einkommens-, Grund- oder Erbschaftssteuer denkbar. Dazu müssen Eigentümer*innen Teile ihres Grundstücks oder ganze Grundstücke spenden, die Nutzungsmöglichkeiten auf einem Grundstück einschränken oder das Land für Naturschutzprojekte nutzen. Die Höhe der Steuererleichterung orientiert sich oft an entgangenen Einnahmen oder der Wertminderung eines Grundstücks aufgrund von Naturschutzmaßnahmen, wie internationale Modelle zeigen. Eine weitere Möglichkeit wäre, Ausgaben für den Naturschutz als abzugsfähige Kosten bei der Einkommenssteuer anzuerkennen. Steueranreize können ein flexibles Instrument bieten, um privates Engagement für den Naturschutz zu stärken, ohne vollständig auf ordnungsrechtliche Vorgaben oder direkte Förderungen angewiesen zu sein.

Trotz ihres Potenzials für langfristige Wirkung sind steuerliche Anreize allein jedoch kein Garant für dauerhaften Schutz: Ohne formale rechtliche Bindung bleibt das Engagement abhängig von individuellen Präferenzen.

Persönlich beschränkte Dienstbarkeiten (Schutzdienstbarkeiten) als langfristiger Hebel

Steueranreize können zwar kurzfristig motivieren, reichen allein aber nicht aus, um langfristigen Naturschutz auf Privatflächen zu gewährleisten, da Steueranreize in bestehenden Strukturen nicht automatisch langfristig binden. Hier setzen persönlich beschränkte Dienstbarkeiten an. Eine persönlich beschränkte Dienstbarkeit ist ein zivilrechtliches Nutzungsrecht, das einer bestimmten Person (oder Organisation) bestimmte Befugnisse an einer fremden Sache einräumt – im Naturschutzkontext meist an einem Grundstück zugunsten einer Naturschutzorganisation. Sie können als rechtlicher Hebel wirken, der über reine Steuervorteile hinausgeht, indem sie verschiedene Schutzmechanismen kombinieren:

  1. Persönliche Bindung an eine qualifizierte Naturschutzorganisation: Die Dienstbarkeit wird ausschließlich zugunsten einer konkret benannten, fachkundigen Organisation eingetragen. Diese wird zur Hüterin der Schutzziele und übernimmt damit eine Doppelrolle: (1) Als vertraglicher Partner mit Durchsetzungsrechten und (2) als fachlicher Begleiter für Monitoring und Pflege.
  1. Langfristigkeit durch Grundbucheintrag: Im Gegensatz zu befristeten Förderverträgen wird die Dienstbarkeit als langfristiges (dauerhaftes) Recht im Grundbuch verankert. Sie überdauert damit auch Eigentümer*innenwechsel.
  2. Flexibilität und Freiwilligkeit: Der Grundbesitzende entscheidet selbst, welche Flächen er oder sie in welchem Maße schützen möchte. Die Dienstbarkeit kann genau auf das Grundstück und die Bedürfnisse zugeschnitten werden. Der Grundbesitzende behält also die Kontrolle über das Land. Diese maßgeschneiderten Lösungen machen das Instrument besonders attraktiv.

Die Kombination aus Steueranreizen und persönlich beschränkten Dienstbarkeiten bietet ein vielversprechendes Instrument, um private Flächen langfristig für den Naturschutz zu sichern – freiwillig, flexibel und mit verringertem Verwaltungsaufwand. Das zeigt sich beispielsweise in den USA: dort sind “Schutzdienstbarkeiten” als Sachspenden steuerlich absetzbar und tragen so bereits seit vielen Jahrzehnten erfolgreich zum Naturschutz auf Privatflächen bei. Doch wie ließe sich dieses Modell konkret auf Deutschland übertragen? Darauf gehen wir in einem folgenden Beitrag ein.

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