Hoffnungsschimmer für die Meere?
Wochenlang hatten wir darauf hingearbeitet. Heute, am 17. Mai, diskutierte der Umweltausschuss das novellierte Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG). Im Mittelpunkt stand die Debatte um den Meeresschutz. Verschiedene Experten, überwiegend Juristen, aber auch die Präsidentin des Bundesamtes für Naturschutz (BfN) waren eingeladen, den Gesetzentwurf zu bewerten. Und für alle wurde deutlich: das Einvernehmen im Paragraf 57 muss gekippt werden. Es gab tatsächlich nicht eine einzige Stimme aus der Reihe der Fachleute und der Parlamentarier, die sich für die geplante Änderung stark machte. Dafür wurde sichtbar, was wirklich auf dem Spiel steht und welche Gefahren das geplante Vetorecht im 57er birgt:
- Die durch das Justizministerium vorgegebene getrennte Verantwortlichkeit der Ressorts – das Ministerium mit der größten Fachkenntnis hat den Hut auf – wird auf Kosten des Naturschutzes einseitig aufgebrochen
- Es droht so ein gefährlicher Präzedenzfall über den Schutz der Meere hinaus – die Nutzerressorts erhalten ein machtpolitisches Vetorecht für naturschutzfachlich dringend notwendige Maßnahmen
- Das geplante Einvernehmen unterhöhlt einseitig die Kompetenz des Umweltministeriums und erschwert die sachbezogene Arbeit des BfN, der Beratungsauftrag der Fachbehörde geht verloren
- Damit riskiert Deutschland den Bruch mit EU- und völkerrechtlichen Vorgaben zum Natur- und Artenschutz, ein weiteres Vertragsverletzungsverfahren der Kommission droht
- Deutschland verliert seine internationale Glaubwürdigkeit und Berechenbarkeit im Naturschutz und opfert beides sektoralen Wirtschaftsinteressen
Ein gefährlicher Deal
Die gesamte heutige Anhörung des Umweltausschusses war ein einziger Offenbarungseid. Es wurde klar, dass das novellierte BNatSchG auf einem gefährlichen Deal aufbaut. Die notwendige Umsetzung der EU-Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie mit Berücksichtigung zusätzlicher Arten und Lebensräume nach HELCOM und OSPAR wurde im zähen Ringen an das Vetorecht der Ministerien für Wirtschaft, Landwirtschaft, Verkehr und Forschung gekoppelt. In der Praxis können so zwar zum Beispiel Rochen und Haie in Schutzgebietsverordnungen aufgenommen werden, mögliche Schutzmaßnahmen für sie würden aber per Veto von den Ressorts abgeschossen – ein kurzsichtiger Plan.
Mut zum Änderungsantrag
Wir appellieren jetzt an die Abgeordneten aller Fraktionen, aber insbesondere an die der Großen Koalition aus SPD und CDU. Haben Sie Mut, erkennen Sie an, dass das geplante Einvernehmen in eine gefährliche Sackgasse führt. Folgen Sie der Empfehlung der eigenen Experten bei der heutigen Anhörung im Umweltausschuss und der Stellungnahme des Bundesrats. Bringen Sie jetzt einen Änderungsantrag auf den Weg, der empfiehlt bei der ursprünglichen Beteiligungsregel in § 57 Abs. zu bleiben. Tun Sie das nicht, stellen Sie damit die gesamte Gesetzesnovelle in Frage. Und damit werden Sie weder dem Auftrag als gewählter Vertreter des Volkes gerecht noch den vielen bedrohten Tieren, Pflanzen und Lebensräumen in Deutschland.
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