Teurer Sprit? Entlastung für alle statt Subventionen fürs Tanken

Teurer Sprit? Entlastung für alle statt Subventionen fürs Tanken

Während der Bundestag in dieser Woche den Haushalt für die kommenden Jahre debattiert, findet im Hintergrund eine andere Debatte statt, in der es ebenfalls um Milliarden geht: Wie können Bürger*innen und Unternehmen angesichts der gestiegenen Kraftstoff- und Energiepreisen entlastet werden? In dieser Woche wollen die Ampelparteien ein weiteres Entlastungspaket vorstellen. Welche Vorschläge für den Mobilitätssektor liegen auf dem Tisch und was ist von ihnen zu halten?

Nach dem Beginn des Krieges in der Ukraine sind die Preise für Benzin und Diesel zwischenzeitlich über 2,40 Euro pro Liter gestiegen. Ein Novum ist, dass Diesel trotz einem geringeren Energiesteuersatz sogar teurer ist als Benzin. Inzwischen ist der Weltmarktpreis für Rohöl gesunken, und auch die Preise an der Zapfsäule sind wieder unter die 2-Euro-Marke gefallen. Doch vieles spricht dafür, dass die Kraftstoffpreise vorerst über dem Niveau der letzten Jahre liegen werden.

Faire Entlastung statt Subvention für Fossile

Die Ampelparteien haben Vorschläge vorgelegt, wie Haushalte entlastet werden können. Was alle eint ist, dass es teure Pläne werden, denn in Deutschland werden rund 180 Millionen Liter Diesel und Benzin pro Tag verbraucht. Allein eine staatliche Vergünstigung von 10 Cent kostet demnach 18 Millionen Euro pro Tag oder 6,57 Milliarden pro Jahr. Unser Dachverband Transport & Environment hat ausgerechnet, dass den Mitgliedsstaaten der EU bereits Kosten von rund 9 Milliarden Euro durch kurzfristig gesenkte Steuern entstehen. Dieses Geld wird an anderer Stelle fehlen, das sollten alle wissen, die gerade nach Vergünstigungen für Autofahrer*innen rufen.

Den ersten Vorschlag für eine Reduktion der Spritpreise machte Christian Lindner mit einem „Tankrabatt“: Durch staatliche Zuzahlung von bis zu 40 Cent pro Liter soll der Preis an der Tankstelle auf unter 2 Euro fallen. Ein solcher pauschaler Benzinpreis-Rabatt ist aus Sicht des NABU kontraproduktiv, weil er keinen Anreiz setzt, den Kraftstoffverbrauch zu senken. Im Gegenteil, die Zahlung ist schlicht eine Subvention für fossile Energien, eigentlich etwas, das die Regierung laut Koalitionsvertrag beenden will. Zudem: Ein Drittel der deutschen Rohölimporte stammen aus Russland. Sie zu subventionieren, steht im Gegensatz zur aktuellen Sanktionspolitik der EU gegen Russland.

Von der geplanten Zuzahlung der FDP profitieren nur Autofahrer*innen. Außerdem ist die Rückverteilung nicht fair. Zahlreiche Ökonom*innen kommen zu dem Ergebnis, dass von einem Tankrabatt vor allem Menschen mit höheren Einkommen profitieren. Arme Haushalte verfügen oft über gar kein Auto. Dabei sind es gerade Haushalte mit wenig Geld, die am härtesten unter den Energiepreisen leiden und eine echte Entlastung vom Staat bräuchten.

Mobilitätsgeld für alle

Am Wochenende konterte Arbeitsminister Hubertus Heil den Vorschlag Lindners mit dem Konzept eines „Mobilitätsgeldes“. Heil schlägt einen nach Einkommen gestaffelten staatlichen Zuschuss zum Monatsgehalt vor, welcher über die Lohnabrechnung durch Arbeitgeber*innen ausgezahlt wird. Ein gestaffelter Zuschuss würde so ausfallen: 50 Euro für Personen mit Einkommen bis 2.000 Euro, 35 Euro bei Gehältern von 2.001 bis 3.000 Euro, 20 Euro Zuschuss für alle Einkommen bis 4.000 Euro. Den Staat könnte das Mobilitätsgeld eine Milliarde Euro pro Monat kosten. Bei einer Befristung auf drei Monate immerhin 3 Milliarden Euro. Hierbei würden allerdings nicht nur hohe Einkommen, sondern auch Bezieher*innen von Transferleistungen leer ausgehen. Die Grünen unterstützen den Vorschlag der SPD weitgehend.

Der Vorschlag der SPD geht in die richtige Richtung, weil er nicht nur Autofahrer*innen in den Blick nimmt, sondern auch Personen zugutekommt, die das Fahrrad oder den ÖPNV nutzen. Angesichts steigender Ticket- und Einzelhandelspreise ist auch ihre Mobilität teurer geworden.

Keine finanziellen Entlastungen für klimaschädliches Verhalten

Dennoch kann aus Sicht des NABU ein solches Mobilitätsgeld nur eine Entlastungsmaßnahme von vielen sein. Weitere denkbare wären: Günstigere ÖPNV-Tickets, höhere CO2-Flottengrenzwerte und ein Tempolimit. Diese Maßnahmen würden kurz- und mittelfristig dazu führen, dass die Nachfrage nach fossilen Kraftstoffen sinkt – und damit deren Preis. Ein generelles Tempolimit ist im Koalitionsvertrag bislang ausgeschlossen. Dies kann aber in Tagen, in denen alles auf den Prüfstand kommt, kein Argument mehr sein. Jetzt braucht es eine Offenheit aller Parteien und Organisationen, die gesamte Palette an Maßnahmen neu zu diskutieren. Vor dem Hintergrund steigender Energiepreise unterstützt zum Beispiel nun auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) ein Tempolimit – von 30 km/h inner- und 100 km/h außerorts – auf deutschen Straßen. Der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann betonte, dass es jetzt richtig sei, jeden Tropfen Benzin zu sparen, den wir sparen können.

Die Vorschläge der Unionsfraktion und von Unternehmensverbänden, die Energie- und Umsatzsteuer für Benzin und Diesel zu senken, führen ebenfalls ins Leere. Denn auch dies wäre eine teure Subvention fossiler Kraftstoffe, die nichts an der Ursache der hohen Preise ändert. Verbraucher*innen würde der Eindruck vermittelt werden, man könne so weiter machen wie bisher.

Die Abhängigkeit vom Auto muss sinken

Effiziente und geringere Nutzung von begrenzten Ressourcen kommt in der Debatte bisher genauso zu kurz, wie der Fokus auf umweltverträgliche Verkehrsmittel. Dabei bietet die aktuelle Diskussion eine Chance, die langjährig bestehenden Förderungen des Autofahrens wie beispielsweise die Pendlerpauschale und das Dienstwagenprivileg zu überdenken. Gerade sie haben dazu geführt, dass viele Menschen von ihrem Auto abhängig geworden sind und nun eine Entlastung erforderlich ist. Gerade im ländlichen Raum ist diese Abhängigkeit eklatant. Das muss sich dringend ändern, denn angesichts der aktuellen Weltlage ist der nächste Preisschock – und die nächste Entlastungsdebatte – vorprogrammiert.

Die Regierung steht also vor einer Richtungsentscheidung: Weiter Ölverbrauch subventionieren oder investieren in Wege aus der fossilen Abhängigkeit? Damit es zukünftig nicht wieder darum geht, Symptome zu bekämpfen, sollte die Chance jetzt genutzt werden, den Umweltverbund günstiger und attraktiver zu machen. Am Ende werden wir für eine echte Mobilitätswende nicht daran vorbeikommen, in Rad- und Schieneninfrastruktur zu investieren und Alternativen zum Auto zu fördern.

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3 Kommentare

Kiki

14.06.2022, 23:57

Endlich mal ein Artikel der es auf den Punkt bringt. Ich kann nicht verstehen, wie eine Regierung mit grüner Beteilungung es zulassen konnte, dass fossile Kraftstoffe staatlich vergünstigt werden, und damit dem Einsparen von CO2 Emissionen geradezu den Mittelfinger zeigen. Ich hatte eine andere Vorstellung von grüner Politik und bin traurig ansehen zu müssen, in welche Richtig unsere Regierung fährt und diese historische Chance, Menschen zum Energie EINSPAREN zu motivieren, einfach liegen lässt. Ich dachte ich tue etwas Gutes, als ich Grün gewählt habe.

Hamann

20.05.2022, 09:23

Entlastung hin oder her, wir wollen und können es nicht verstehen, warum so eine paradoxe Aufteilung der Entlastung an den Tankstellen? Warum der Diesel auf einmal teurer ist als Benzin, haben wir mittlerweile schon verstanden, aber warum liegt immernoch die Steuer für Diesel-Kfz drei mal höher als ein Benziner? Obwohl ein Dieselfahrzeug heutzutage weit besseren Schadstoffausstoß hat, werden solche Kfz-Halter bestraft. Jetzt werden sie wieder bestraft, denn die Entlastung für Diesel sollen nur 14Cent/Liter betragen, warum? Gegenüber den Benzinautofahrer, der sowieso schon weitaus weniger Steuern berappen darf, wird er auch noch über das Doppelte beschenkt. Unser Vorschlag an die Regierung : Um die Ungleichmäßigkeiten gerecht zu werden, SENKT ENDLICH DIE STEUERN AUF DIESELAUTOS.

Nikolas von Wysiecki

23.05.2022, 10:37

Liebe Frau Hamann/Herr Hamann, der Energiesteuersatz für Diesel ist bereits geringer als für Benzin (47,04ct gegenüber 65,65ct), was zu dem geringeren Preis an der Tankstelle führt. Die EU schreibt Mindestsätze für Energiesteuern vor. Auf diese werden die deutschen Steuersätze im Rahmen des Tankrabattes für drei Monate herabgesetzt. Durch den ursprünglich höheren Steuersatz für Benzin kann dieser auch mehr reduziert werden. Der Tankrabatt führt zu einem Mehrkonsum, der neben der Klimawirkung es auch schwieriger macht, von russischen Röhölimporten weg zu kommen. Dabei muss das Ziel ja gerade sein, durch einen angemessenen Preis die Umweltkosten der Gesellschaft abzudecken und klimafreundlichere Alternativen attraktiver zu machen. Daher ist der Tankrabatt eine vollkommen kontraproduktive Maßnahme.

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