Warum ich das Fliegen den Insekten überlasse – und trotzdem tolle Reisen verbringe

Warum ich das Fliegen den Insekten überlasse – und trotzdem tolle Reisen verbringe

Mein Vorsatz für 2020: Ich bleibe auf dem Boden, fliege nicht. Und zwar das ganze Jahr. Das habe ich mir bereits vor fünf Jahren abgewöhnt. Damals konnte ich mir selbst gegenüber meine – bis dato einmal jährlichen – Urlaubsflüge nicht mehr rechtfertigen. Ich konnte nicht länger ignorieren, wie dramatisch sich das Fliegen aufs Klima auswirkt. In diesen fünf Jahren bin ich dem Boden größtenteils treu geblieben und nur noch zwei Mal abgehoben. Dieses Jahr ist ganz Schluss. Ob ich so überhaupt noch reisen, andere Kulturen und Länder entdecken kann? Aber hallo! Ich würde sogar behaupten, dass es mir mit meiner Art zu reisen gelingt, mehr Erlebnisse und Begegnungen abseits des normalen Tourismus aus Reisen herauszuholen. Aber fangen wir bei den harten Fakten an.

Auf dem Boden der Tatsachen

Der Verkehr ist DAS Sorgenkind des deutschen Klimaschutzes. Er ist einer der größten Einzelemittenten und trotz sinkender Emissionen in anderen Sektoren liegen die CO2-Werte im Verkehr immer noch nicht unter dem Referenzjahr von 1990. Im Verkehr ist und bleibt das Fliegen die klimaschädlichste Form der Mobilität. Kein Wunder, denn ein Kurzstreckenflug zwischen Frankfurt und München stößt bereits achtmal so viel CO2 aus wie eine dreieinhalbstündige Bahnfahrt auf der gleichen Strecke. Hinzu kommt, dass das in diesen Höhen der Atmosphäre freigesetzte CO2 um ein vielfaches schädlicher fürs Klima ist, als wenn es auf der Erdoberfläche entsteht.

Und was hat das Fliegen mit unserer persönlichen CO2-Bilanz zu tun? Deutsche verursachten im Jahr 2017 durchschnittlich 11 Tonnen CO2 pro Kopf. Laut Umweltbundesamt dürfte jede*r aber nur 2,3 Tonnen CO2 jährlich verursachen, um klimaverträglich zu leben! „Gönnt“ man sich eine Langstreckenreise von München nach New York und zurück, ballert man fast das Doppelte seines klimaverträglichen CO2-Budgets in die Luft. Und dann hat man noch nicht das ganze Jahr über geheizt, gegessen und sich zur Arbeit bewegt! Au weia. Was können wir also tun, um uns mehr ans Klima-Budget zu halten? Unter anderem unser Reiseverhalten anpassen.

Alternativen zum Flugzeug

Wie sieht eine nachhaltige Art des Reisens aus? Was muss man bei verschiedenen Verkehrsmitteln beachten? Ich nutze verschiedene Alternativen zum Flugzeug:

Der Klassiker und meine Nr. 1: Die schnellste unter den nachhaltigen Alternativen ist nach wie vor die Bahnfahrt. Züge sind um ein vielfaches klimafreundlicher als Flugzeuge und auf Kurzstrecken sogar vergleichbar schnell. Die Bahn setzt seit einiger Zeit auch auf Ökostrom und ist daher die nachhaltigste Art zu reisen.

Viele reisen jedoch noch immer mit dem eigenen Auto. Das ist zwar weniger schädlich als ein Flug, aber häufig sind die Autos nicht voll bemannt und füllen daher unnötig unsere Straßen. Für Strecken, auf denen die Zuganbindung zu schwierig ist, nutze ich Mitfahrgelegenheiten. Es ist zwar besser, das Autofahren ganz bleiben zu lassen, jedoch lastet mein belegter Sitzplatz das ohnehin CO2-ausstoßende Auto besser aus.

Wer in großen Gruppen verreist, verursacht in Reisebussen einen vergleichsweise niedrigen CO2-Ausstoß, vorausgesetzt der Bus ist gut besetzt. Wer sich nicht einer Reisegruppe mit festem Ziel anschließen möchte, kann mit unzähligen Fernbussen auf Reisen durch Deutschland und Europa gehen. Aber seien wir mal ehrlich: Das kostet nicht nur Sprit, sondern auch Geduld. Auf manchen Strecken verliert man beim Umsteigen oder unendlichen Zwischenstationen viel Zeit – und die ist inzwischen ein kostbares Gut.

Aus unserem Urlaub wollen wir das Maximum an Spaß und Erlebnissen rausholen und ganz, ganz viel entspannen. Ein paar Stunden länger auf die Entspannung zu warten, können wir aber keinesfalls. Stattdessen stehen wir gehetzt am Flughafen und drängen uns durch die Terminals in Flugzeuge, die uns zwar von A nach B bringen, uns aber den Wert einer solchen Reise vergessen lassen. Wir wertschätzen das Ankommen viel weniger, wenn wir nach nur ein, zwei Stunden unser Ziel erreicht haben, statt einen halben oder ganzen Tag auf die Ankunft hin zu fiebern und dabei die sich ändernden Landschaften und Kulturen wahrnehmen.

Entschleunigtes Zugreisen ist glückliches Reisen

Im vergangenen Jahr habe ich etliche Kilometer mit dem Zug zurückgelegt, einen Löwenanteil hatte dabei eine Interrail-Reise, die mich mit dem Zug bis nach Spanien führte. Ich war mir nicht sicher, ob ich den längsten Reisetag von Frankreich nach Spanien gut überstehen würde. Im Endeffekt habe ich es aber aus vollen Zügen genießen können, einen Tag lang nur mit Lesen, Musik hören und dem Bewundern der vorbeiziehenden Landschaften zu verbringen. Währenddessen sah und hörte ich, wie sich die Natur, Architektur und Sprachen änderten. Das schöne Bergpanorama, der fantastische Ausblick aufs Meer, die ulkigen britischen Eisenbahn-Fans: Das alles behalte ich viel lieber in Erinnerung als die Hektik am Flughafen. Ich kann allen nur raten, mal so eine herrlich entschleunigte Zugreise zu wagen. So setzt du das um:

 

Meine 11 Tipps für ein nachhaltiges Reisen

Bewusstes Reisen:

  1. Weg vom Reisewahn:
    Müssen wir vier Mal im Jahr in den Urlaub fahren? Eine einzige richtig schöne Reise kann einem genau so bleibende Eindrücke bieten.
  2. Das Reisen ist keine Checkliste:
    Nur weil ein Ort sich als besonders schönes Fotomotiv eignet, muss das nicht heißen, dass ich ihn mit eigenen Augen gesehen haben muss.
  3. Die Exotik der nicht ganz so fernen Ferne entdecken:
    Auch in Deutschland und dem europäischen Ausland gibt es unendlich viel zu entdecken, wozu also noch weiter reisen, wenn noch so vieles unbekannt ist?

Nachhaltige Kurzstreckenfahrten:

  1. Schnell und nachhaltig von A nach B mit der Bahn.
  2. Wenn die Bahn keine Option ist: Mit dem Fernbus von Stadt zu Stadt tingeln.
  3. Meine Notlösung abseits von Bahnstrecken: Eine Mitfahrgelegenheit nutzen.

Nachhaltige Fernreisen:

  1. Das Nonplusultra: Im Zug entschleunigen auf einer Interrail-Reise in Europa oder über die europäischen Grenzen hinaus mit Fernzügen, die du in spezialisierten Zugreisebüros buchen kannst.
  2. Wenn die Bahn keine Lösung bietet: Eine klassische Busreise buchen.
  3. Absolutes Klima-No-Go: Kreuzfahrten sind die CO2– und Feinstaubschleudern schlechthin.

Und was können wir sonst tun?

  1. Flugreisen, die du echt nicht umgehen kannst, kannst du kompensieren lassen. Orientiere dich dabei am Gold-Standard.
  2. Dienstreisen mit dem Zug statt dem Flugzeug zurücklegen oder sie gleich ganz umgehen per Video-Konferenz.

 

Ich überlasse die Kurzstreckenflüge den Insekten. Das ist besser für sie und fürs Klima. Daher gehe ich dieses Jahr wieder auf Interrail-Tour und freue mich jetzt schon auf neue Abenteuer. Machst du mit? Teile deine Erlebnisse unter #UndAction! Du willst noch mehr für die Umwelt tun? Dann melde dich für unseren Newsletter „Nachhaltig leben“ an und mach bei unserer aktuellen Challenge mit.

 

Die Daten aus diesem Blog stammen aus dem CO2-Rechner des Umweltbundesamtes und wurden in Artikeln von Utopia und dem MDR zusammengefasst.

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Melanie Meier
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