IPCC-Bericht: Finanzströme dringend umlenken für das 1,5 Grad-Ziel
Mit seinem dritten Abschnitt des IPCC Reports zeigt der Weltklimarat auf, wo der Wandel stattfinden muss, um das 1,5 Grad-Ziel zu erreichen. Ein wichtiger Hebel: Unsere Finanzen. Noch immer fließen erheblich mehr Mittel in fossile Energieträger und klimaschädliche Investitionen als in den Klimaschutz – allen Anstrengungen der letzten Jahre zum Trotz.
Um die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, ist laut IPCC-Bericht daher eine Erhöhung der Klimaschutzinvestitionen um 300 bis 600 Prozent allein bis 2030 nötig. Um dies zu erreichen, ist es unerlässlich, dass alle Teile des Finanzsystems aktiviert werden. Sowohl die öffentliche Hand als auch private Finanzmärkte müssen Investitionen in den Klima- und Naturschutz erhöhen.
Anreize für Nachhaltigkeit in den Finanzmärkten
Dass neben öffentlichen Investitionen auch private Finanzmärkte eine zentrale Rolle im Kampf gegen den Klimawandel darstellen, ist keine neue Erkenntnis. Bereits das Pariser Klimaabkommen formuliert das Ziel, Finanzflüsse so auszurichten, dass sie die klimaneutrale Transformation unterstützen. Nur: Geschehen ist dem IPCC-Bericht zufolge bislang viel zu wenig. Zwar haben sich Regierungen zuletzt auf den Weg gemacht, nachhaltige Leitplanken für Finanzmärkte zu entwickeln. Doch wie der Fall der EU-Taxonomie zeigt, bleiben die Anstrengungen ambivalent: Zwar will die EU Investitionen in Klima- und Naturschutz anreizen. Gleichzeitig entscheidet sie sich – völlig ohne Not – dafür, bei fossilem Erdgas und Atomenergie Greenwashing zu betreiben. Ein klares Signal für den Klimaschutz ist dies nicht – im Gegenteil. Geld, das dringend für den Ausbau erneuerbarer Energien, klima- und naturverträglicher Mobilität oder eine nachhaltige Landwirtschaft benötigt wird, droht nun in fossilen und riskanten Technologien zu versickern.
Das Ambitionsniveau, das der IPCC-Bericht einfordert, wird so verfehlt. Die Regierungen müssen dringend Rahmenbedingungen schaffen, die nachhaltige Investitionen sicher und attraktiv machen.
Höhere Investitionen notwendig – für alle Sektoren
Der IPCC-Bericht zeigt deutlich, dass in allen wirtschaftlichen Bereichen und allen Regionen Investitionen in den Klimaschutz fehlen. Die Liste ist lang: Investitionen für einen nachhaltigen Wandel fehlen in der Landwirtschaft, bei der Fischerei, in der Energiewirtschaft, der Mobilität, sowie im Bereich der verarbeitenden Industrie. Die Umleitung von Finanzflüssen und öffentlichen Investitionen ist somit keine einfache Aufgabe, sondern muss im Zentrum der öffentlichen und politischen Diskussion stehen. Zugleich zeigt der IPCC-Bericht, dass grundsätzlich genug Geld vorhanden ist: „Global gibt es genügend Kapital und Liquidität, um die weltweiten Investitionslücken zu schließen,“ so der Bericht. Dies zeigen etwa Zahlen zu verwalteten Vermögenswerten: Allein in Europa wurden 2020 etwa 28 Billionen Euro von Investmentfonds verwaltet, wie der Branchenverband EFAMA ausgewertet hat. Laut Boston Consulting Group waren es 2020 weltweit etwa 94 Billionen Euro. Das Problem liegt vielmehr darin, das vorhandene Kapital für Klimaschutzinvestitionen zu mobilisieren, so der Bericht. Diese Hindernisse müssen abgebaut werden. Und wie?
Unternehmensberichterstattung als wichtiges Instrument
Klare Signale aus der Politik und effektive Regulierungen sind wichtig, um Finanzflüsse effektiv umzuleiten. Ein zentrales Instrument stellt dabei die Unternehmensberichterstattung dar. Denn Finanzmarktakteure benötigen klare und vergleichbare Informationen über Auswirkungen und Risiken von Unternehmensaktivitäten auf Natur und Klima. Würden die Bilanzen diese Informationen vergleichbar offenlegen, könnten Investoren sie effektiver beurteilen und ihre Investitionen leichter umleiten. So würde auch der Transformationsdruck auf klima- und naturschädliche Geschäftsmodelle steigen. Genau das fordert der Bericht: ein robustes „grünes Label“ für nachhaltige Wirtschaftsaktivitäten und damit verbundene Offenlegungspflichten für Unternehmen.
Auch wenn bereits einige Unternehmen setzen freiwillig eine Nachhaltigkeitsbilanz veröffentlichen: Anstatt sich auf die positiven Auswirkungen solcher Einzelinitiativen zu verlassen, sollte eine angemessene Steuer-, Geld- und Finanzpolitik für flächendeckend hohe Maßstäbe sorgen.
Naturschutz ist Klimaschutz ist Erhalt unserer Lebensgrundlagen
Deutlich wird durch den IPCC-Bericht ebenfalls, dass ein effektiver Naturschutz einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leistet. Gesunde Ökosysteme – etwa intakte Moorlandschaften, Wälder, oder gesunde Meere – sind effektive Treibhausgassenken. Schutzgebiete und renaturierte Flächen können negative Auswirkungen des Klimawandel signifikant abschwächen. Natur- und Klimaschutz sind daher keine Gegensätze, sondern bedingen einander. Finanzflüsse müssen daher beide Ziele in den Blick nehmen. Denn auch das ist klar: Jetzt in Natur- und Klimaschutz zu investieren ist günstiger als die Erderwärmung, Extremwetterlagen und das Fehlen schwindender Arten auszugleichen.
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