Methanol als Schiffstreibstoff – Antriebswende mit Alkohol?
Die Wirtschaft wird immer globalisierter, Waren werden in Rekordmengen um den Globus verschifft und Kreuzfahrtbuchungen nehmen immer weiter zu. Um die Schifffahrt weltweit klimafreundlicher zu gestalten, werden deshalb dringend Alternativen zu Schweröl, LNG und Co. benötigt. Denn um die Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens nicht vollends aus den Augen zu verlieren, ist eine radikale Reduzierung der CO2-Emissionen bis 2050 auch in der Schifffahrt unausweichlich. Die knapp 30 restlichen Jahre müssen deshalb gut genutzt werden.
Auf Basis von erneuerbarem Strom hergestellte RFNBOs (Renewable Fuels of non-Biological Origin) und gemeinhin als E-Fuels bekannte Treibstoffe bieten nach aktuellem Wissensstand die weitaus beste Chance, die Schifffahrt bis spätestens 2050 zu dekarbonisieren. Batterienutzung und grüner Wasserstoff bieten aus verschiedensten Gründen keine perfekte Lösung für die globale Schifffahrt. Eine ‚One size fits all‘-Lösung wird es so oder so nicht geben. Doch welche Alternativen bieten volle Fahrt voraus?
2021 stellten wir Ammoniak als möglichen Hoffnungsträger auf den Prüfstand. Seitdem kristallisierte sich immer mehr heraus, dass der Alkohol Methanol mindestens genauso gute Chancen im Rennen um den größten Hoffnungsträger auf See eingeräumt werden – vielleicht sogar noch größere? Zur Beantwortung dieser Frage hat das Öko-Institut im Auftrag des NABU die Studie „Methanol als Schiffstreibstoff – Risiken und Perspektiven“ erstellt. Damit wollen wir den Vor- und Nachteilen von grünem Methanol in der Schifffahrt auf die Schliche kommen.
Aufatmen für Mensch, Tier- und Pflanzenwelt?
Als Naturschutzbund ist für uns neben Themen wie Verfügbarkeit, Handhabung und natürlich Klimawirkung vor allem auch die Frage nach der Toxizität wichtig. Welche Auswirkungen hat zum Beispiel ein bedeutender Methanol-Spill auf das marine Ökosystem, sollte es zu einer Havarie oder einem ähnlichen Unfall kommen? Sind die Auswirkungen ähnlich dramatisch für Flora und Fauna wie bei Schweröl oder können Meeresbewohner und Küstenanwohner beruhigt aufatmen?
Kurz gesagt bietet Methanol tatsächlich große Vorteile im Vergleich zu anderen Kraftstoffen. Im Fall eines Spills löst sich der Treibstoff äußerst schnell im Meer, so dass eine Katastrophe wie im Falle einer Ölpest nahezu ausgeschlossen ist. Giftige Auswirkungen auf Meeresbewohner sind dadurch äußerst unwahrscheinlich. Auch im Vergleich zu e-Ammoniak, das ebenfalls große Vorteile für das Klima bietet, ist die Gefahr für Flora und Fauna ungleich geringer. Ebenso besteht ein geringeres gesundheitliches Risiko für Besatzungsmitglieder oder Passagiere. Zwar ist Methanol giftig für Menschen, allerdings müsste der Treibstoff für ernste Schädigungen getrunken werden – ein Szenarion, das wohl weitgehend ausgeschloßen werden kann. Auch die Handhabung ist simpler als bei anderen alternativen Treibstoffe. Oftmals kann die bestehende Diesel-Infrastruktur mit vergleichsweise kleinen Anpassungen übernommen werden.
Nicht nur ruhige Fahrt fürs Methanol
Gleichzeitig dürfen wir aber auch die Herausforderungen bei der Methanol-Herstellung und -Nutzung nicht unter den Teppich kehren. Zur Produktion werden große Mengen an CO2 benötigt, die zum Ausgleich der Klimabilanz vermutlich aus der Luft entnommen werden müssen: Direct Air Capture (DAC) ist hier das Zauberwort. Um eine klimafreundliche Wirkung zu erzielen, ist aber auch der verwendete Strommix wichtig. Nur auf Basis von grünem Wasserstoff kann Methanol als klimafreundlich angesehen werden. Aufgrund der benötigten Strommenge ist ein massiver Ausbau von erneuerbarer Energie somit unausweichlich, um die klimafreundlichere Schifffahrt Realität werden zu lassen.
Für einen schnellen Ausbau der klimafreundlichen Schifffahrt ist es also notwendig, diese Herausforderungen möglichst schnell zu lösen. Und hier ist wie immer die Politik gefragt. Den besten Hebel haben aktuell die EU und die internationale Seeschifffahrtsorganisation (IMO) in der Hand. Der Hochlauf der klimafreundlichen E-Fuels muss schnellstmöglich und bestmöglich gefördert werden – zum Beispiel durch eine Mindestquote zur Nutzung. Verspielen die Entscheidungsträger*innen die aktuelle Chance, herrscht für die nächsten Jahre wohl erstmal Flaute für sauberere Schifffahrt…
Studie (englischsprachig): https://www.nabu.de/imperia/md/content/nabude/verkehr/230315-nabu-methanol-studie.pdf
Zusammenfassung (deutschsprachig): https://www.nabu.de/imperia/md/content/nabude/verkehr/230315-nabu-methanol-study-summary.pdf
Foto: Die Uthörn des Alfred-Wegener-Instituts soll mit Methanol fahren; ©Alfred-Wegener-Institut/ Folke Mehrtens
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