Was passiert mit meinem Joghurtbecher? – Hinter den Kulissen einer Sortieranlage für Verpackungsabfälle

Was passiert mit meinem Joghurtbecher? – Hinter den Kulissen einer Sortieranlage für Verpackungsabfälle

Das kleine Einmaleins des Mülltrennens sagt: Ein Joghurtbecher gehört in den gelben Sack, die gelbe Tonne oder die Wertstofftonne. Doch wie wichtig die richtige Mülltrennung wirklich ist, verdeutlicht ein Besuch in einer Sortieranlage für Verpackungsabfälle in Berlin.

Mülltrennung – und dann?

Nachdem der Verpackungsmüll und gegebenenfalls andere Gegenstände aus Kunststoff und Metall zu Hause abgeholt werden, geht es zu einer Sortieranlage für Kunststoffe. Rund 150.000 Tonnen Abfälle aus dem gelben Sack und der Wertstofftonne laufen in der von mir besuchten Sortieranlage in Berlin durchschnittlich im Jahr über das Band. In einem Drei-Schicht-Betrieb liegt das Material nicht länger als 24 Stunden.

Die händische Sortierung ist zu großen Teilen Schnee von gestern, mittlerweile läuft das meiste vollautomatisch. Die wertstoffhaltigen Säcke werden als erstes in einem trichterförmigen Gebindeöffner aufgerissen, das Material fällt locker herunter auf ein Förderband. Danach fährt das Band zu Siebtrommeln, große Kunststoffverpackungen, Getränkekartons und Becher werden vom Rest getrennt und direkt zur Materialerkennung mittels Scanner gebracht. Auch Folien werden mittels eines Luftstroms separiert, weil diese sonst verhindern, dass andere Materialien erkannt werden.

Wie der Becher in der richtigen Fraktion landet

Kästen mit Nah-Infrarot-Scanner über den Förderbändern stellen sicher, dass die verschiedenen Kunststoffarten richtig den Fraktionen zugeordnet werden. Manchmal kommt es trotzdem vor, dass ein Joghurtbecher mit Aluminium-Deckel mitgerissen und damit falsch getrennt wird. Ein Überbandmagnet zieht Weißblech und Aluminiumteile gekonnt vom Förderband. Deswegen ist es wichtig, dass die Verbraucherin oder der Verbraucher am besten bereits im Vorfeld den Aluminiumdeckel von dem restlichen Becher abtrennt. Gleiches gilt für einen Becher mit Papierummantelung – am besten die Ummantelung entfernen und in die Papiertonne, den Rest des Joghurtbechers in den gelben Sack. Sonst kann es passieren, dass der gesamte Becher von den Sortier-Scannern fälschlicherweise als Papier erkannt wird und in der Papierfraktion endet.

Bislang bei Joghurtbechern noch nicht so verbreitet sind schwarze Kunststoffe. Sie kommen teilweise bei Hygieneprodukten für Männer zum Einsatz und lassen sich besonders schlecht sortieren. Da sie vom Nah-Infrarot-Scanner meist nicht erfasst werden können, müssen sie entweder durch eine Lückenerkennung oder zuletzt vom Personal händisch sortiert werden. Bei diesen schwarzen Kunststoffen ist die Fehlerquote daher besonders groß.

Durch Luftbarrieren werden die verschiedenen gescannten Kunststoffarten zuletzt Schritt für Schritt in die richtige Fraktion eingeordnet. Das Ergebnis sind fünf (manche Sortieranlagen schaffen sogar bis zu acht) voneinander getrennte Kunststofffraktionen: beispielsweise Polyethylenterephthalat, Polyethylen, Polypropylen, Polystyrol und Mischkunststoffe. Die sortenreinen Kunststoffe werden zu Ballen gepresst und an die Verwerter und Recycler weitergereicht. Ein Ballen ist im Durchschnitt 150 Kilogramm schwer und muss den Anspruch der Sortenreinheit von 95 bis 96 Prozent erfüllen, damit der Verwerter diesen annimmt.

Nach 15 Minuten endet die Reise

Innerhalb von 15 Minuten läuft ein Joghurtbecher durch die komplette Anlage und landet im Idealfall am Ende in der richtigen Fraktion. All dies kann jedoch nur erfolgen, wenn die Kunststoffe möglichst sortenrein getrennt von anderen Abfällen erfasst werden – daher hat die Mülltrennung oberste Priorität. Mülltrennung ist ein wichtiger Teil des Recyclings, und der Mensch kann (bislang) besser trennen als jede Maschine. Deswegen ist es so wichtig, nur Abfälle in den gelben Sack, die gelbe Tonne oder die Wertstofftonne zu tun, die auch wirklich dort hineingehören.

An einer noch gezielteren und besseren Trennung per Maschine wird auch wissenschaftlich geforscht, zum Beispiel werden Sortiersysteme mit fluoreizierenden Stoffen (Tracer-Base-Sorting) entwickelt. Wobei an erster Stelle natürlich die Hersteller stehen: Wenn diese von Anfang an sortenreine Kunststoffe einsetzen und Monomateralien statt Kunststoffverpackungen aus mehreren Materialien nutzen, steht einer guten Sortierung auch per Maschine so gut wie nichts mehr im Weg.

Ab 2019 gelten höhere Verwertungs- und Recyclingquoten für Verpackungsabfälle, sodass auch die Besitzer von Sortieranlagen sich anstrengen müssen, dieses Ziel zu erreichen und teilweise zum Beispiel auf Separation von Folien aufrüsten, die vorher nicht extra aussortiert wurden. Ein Beispiel dafür, dass erst Ordnungsrecht greifen muss, um das was bereits technisch möglich ist, Realität werden zu lassen.

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6 Kommentare

Uwe

18.04.2019, 09:25

Der beste Plastikbecher ist der, den man gar nicht kauft. Biojoghurt gibt's schließlich auch in etwas größeren Gläsern. Und wenn man bedenkt, dass aus dem Plastik auch noch hormonverändernde Substanzen in den Joghurt übergehen können, dann will man sich eigentlich gar nichts mehr aus Plastik-Verpackungen heraus essen...

Verena Bax

25.04.2019, 16:47

Vielen Dank für Ihre Rückmeldung. Am Besten für die Umwelt ist es tatsächlich, den Joghurt aus dem Mehrwegbecher zu essen. Mehrweg ist grundsätzlich umweltfreundlicher als Einweg. Für uns ist es wichtig keine Materialdebatten gegen Plastik zu führen, sondern eine Nutzungsdebatte. Ein Beispiel: Plastik ist beispielsweise beim Getränkekarton, wenn es auf einem Mehrwegsystem basiert, ökologisch vorteilhafter als ein Glas-Mehrwegsystem. Das liegt daran, dass weniger Material eingesetzt wird.

Kirstin

26.03.2019, 16:35

In Ihrem interesanten Artikel hört es sich so an, als ob 100% des Plastiks wiederverwertet wird. Das glaube ich allerdings nicht und hatte bislang von sehr niedriegen Zahlen gehört. Haben Sie hierzu Zahlen?

Verena Bax

25.04.2019, 16:54

Vielen Dank für die Frage. Der Artikel bezieht sich explizit auf die Sortierung von Kunststoffen, nicht auf die Verwertung und das Recycling. Der Anteil der stofflichen Verwertung von Plastikabfällen liegt bei etwa zwölf Prozent.

Peter Stender

26.03.2019, 13:36

Nach wie vor frage ich mich, ob Aluminiumdeckel auf Joghurtbechern wirklich die ökologisch beste Wahl sind - in Deutschland verden diese durchgänging verwendet (auch im Biohandel) , z. B. in Spanien findet man dünne Kunststofffolien. Aluminium ist energetisch sehr aufwändig in der Herstellung und die Bedingungen des Bauxitabbaus sind ebenfalls sehr Problematisch. Dagegen spricht natürlich der Rohstoffverbrauch bei Kunsstoffen - gibt es einen soliden Vergleich pre Ökobilanz? Vom Handling her ziehe ich eine Kunstofffolie vor, da Aluminium viel empfindlicher gegenüber Punktbelastungen ist, wie sie im Einkaufskorb dann eben doch immer mal vorkommt - was dann überhaupt kein Spaß ist. Sollte zumindest die Biobranche da nicht mal ihre Verpackung überdenken?

Verena Bax

25.04.2019, 16:58

Sicherlich sollte die Biobranche auf ein Mehrwerweg-System für Joghurtgefäße setzen, statt auf Einweg. Eine Ökobilanz von Joghurtdeckeln, die Aluminium mit Kunststoff vergleicht, ist mir nicht bekannt. Sicherlich ist Aluminium, weil es aufwändiger in der Herstellung ist, die schlechtere Variante. Kunststofffolien sind häufig weniger materialintensiv und könnten daher ökologische Vorteile bieten.

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