„Fishing for Litter“ in ungewollter Pause
Nach 14 Jahren und über 81 Tonnen passiv gefischtem Müll endet das Projekt „Fishing for Litter“ (F4L) in seiner bisherigen Form unter der Trägerschaft des NABU. Es soll in eine dauerhafte Folgestruktur unter der Verantwortung von Bund und Ländern überführt werden. Angesichts des schlechten ökologischen Zustands der Nord- und Ostsee sowie der verpflichtenden Umsetzung europäischer Richtlinien muss diese Pause schnell enden.
Das 2011 gegründete Projekt ermöglicht Fischern in deutschen Häfen, passiv gefischten Müll sowie Fanggeräte-Abfälle getrennt zu sammeln und anschließend zu entsorgen. Zuvor gab es oft keine geregelte, umweltgerechte Entsorgung dieses Mülls, und so wurde F4L schnell gut angenommen. Zu Hoch-Zeiten nahmen 170 Fischer aus 18 Häfen an der deutschen Nord- und Ostseeküste teil. Die gemeinsame Arbeit von Fischerei und Naturschutz gegen die Meeresvermüllung hat gleichzeitig wechselseitige Vorurteile ab- und Vertrauen aufgebaut. F4L schuf Brücken.
Für Mensch und Meeresumwelt
Die Umsetzung des Projekts kommt nicht nur den Fischern zugute, sondern zahlt auch auf das fünfte Umweltziel der Meeresstrategierahmen-Richtlinie ein: saubere, gesunde und produktive Meere bis 2020. Demnach soll kontinuierlich weniger Müll im Meer landen, und bereits vorhandene Abfälle an Stränden, auf der Meeresoberfläche, in der Wassersäule und am Meeresboden reduziert werden. Schädliche Abfälle in Meeresorganismen und weitere negative ökologische Effekte sollen minimiert werden.
Des Weiteren zahlt das Projekt auf die nationale Umsetzung der EU-Richtlinie über Hafenauffangeinrichtungen (EU/2019/833) und der Einwegkunststoff-Richtlinie (EU/2019/904) ein. Die Hafenauffangrichtlinie legt fest, dass in den Häfen Strukturen bereitgestellt sein müssen, um passiv gefischte Abfälle zu entsorgen. Seit 2021 sind die Mitgliedsstaaten zudem verpflichtet, Angaben zum Volumen und zur Menge passiv gefischter Abfälle zu erfassen und an die EU zu übermitteln.
Hersteller in der Verantwortung
Die Einwegkunststoffrichtlinie sieht vor, die erweiterte Herstellerverantwortung für alle auf dem Markt des Mitgliedsstaats in Verkehr gebrachten Fanggeräte, die Kunststoffe enthalten, einzuführen. Folgekosten für die Sammlung und Behandlung von bestimmten Einwegkunststoffartikeln sowie Fanggeräte-Abfälle mit Kunststoffen müssen von den Herstellern getragen werden.
Im Öffentlich-Rechtlichen-Vertrag (ÖRV) des Bundesumweltministeriums war geregelt, dass Hersteller von Fanggeräten dem NABU einen Betrag pro Kilogramm auf den Markt gebrachtem Fanggerät zahlen. Im Gegenzug verpflichtet sich der NABU zur Durchführung einer getrennten Sammlung und anschließenden Entsorgung des Mülls in den teilnehmenden Häfen. Darüber hinaus führt er Sensibilisierungsmaßnahmen zum Thema Meeresmüll durch.
„Fishing for Litter“ läuft aus
Fast 15 Jahre lang hat der NABU das Projekt F4L aufgebaut, koordiniert, unterstützt und finanziert – hauptsächlich über die Küstenländer Schleswig-Holstein und Niedersachsen, meist mit Mitteln des Europäischen Meeres- und Fischereifonds (EMFF) oder des Folgeinstruments (EMFAF). Durch die Vielzahl an unterschiedlichen Verpflichtungen und Zuständigkeiten stieg jedoch der administrative Aufwand erheblich. Der NABU vertritt deshalb den Standpunkt, dass nun die Zeit für eine neue und effizientere Struktur für die verschiedenen Abfallströme in der Verantwortung von Bund und Ländern gekommen ist. Ende 2024 kündigte der NABU den ÖRV.
Seit Anfang 2023 fanden Gespräche mit dem Bundesumweltministerium (BMUV, heute BMUKN) und den Ländern Schleswig-Holstein sowie Niedersachsen über eine möglichst Drittmittel-unabhängige Fortführung von F4L unter der Berücksichtigung der europarechtlichen Verpflichtungen ab 2025 statt. Im vergangenen Jahr entstand unter Beteiligung des Umweltbundesamts die Idee, eine langfristige Struktur der Abfallentsorgung in den deutschen Häfen durch ein Bundesprojekt aus Mitteln aus der Meeresnaturschutzkomponente des Windenergie-auf-See-Gesetzes (WindSeeG) zu entwickeln.
Wohin mit dem Meeresmüll?
Innerhalb dieses Projekts sollen die unterschiedlichen Abfallströme zusammengeführt und die wissenschaftliche Begleitung sichergestellt werden. Die Rolle des NABU sollte dabei neu definiert werden: weg von der Hafenlogistik und stärker ausgerichtet auf Umweltinformation und Öffentlichkeitsarbeit. Nachdem die Förderung bis Mitte 2025 auslief, schloss der NABU das Projekt in den verbliebenen Häfen ab. Container wurden abgezogen, angelandeter Müll sortiert und Empfehlungen für eine Folgestruktur erarbeitet.
Nun liegt es an Bund und Ländern, F4L in ein langfristiges und finanziell abgesichertes Modell zu überführen. Die operativ Beteiligten, die Fischer und Hafenbetreiber hoffen seit fast zwei Jahren auf eine neue Struktur, die ihnen Planungssicherheit gibt. In den Häfen landen weiterhin passiv gefischter Müll sowie Fanggeräteabfälle. Es stellt sich die Frage: Was passiert nun damit?
Was es jetzt braucht
Zu einem gelungenen Folgeprojekt gehört das Zusammenführen von Abfallströmen aus passiv gefischtem Müll, Geisternetzen und ausgedienten Fanggeräten. Die stoffliche Verwertung muss oberstes Ziel der getrennten Sammlung dieser Müllströme sein. Dazu ist eine neue Infrastruktur nötig – nicht nur in den Häfen. Denn beispielsweise gibt es noch kein Netzrecycling in Deutschland und verschiedene Materialien zu säubern und voneinander zu trennen ist aufwändig.
Der logistische Aufwand der Abfallaufbereitung ist also hoch und kann weder von Fischern getragen noch innerhalb eines Folgeprojekts durchgeführt werden. Es müssten Aufträge an spezialisierte Dienstleistungsunternehmen vergeben werden. Im Sinne der Meeresumwelt, der Fischerei und aller Beteiligten des Projekts, muss F4L schnell in eine Folgestruktur überführt werden. Eine zu lange Pause würde mühsam aufgebautes Vertrauen, insbesondere der Fischerei beschädigen. Der NABU steht Bund und Ländern zur Seite, das laufende Jahr klug zu nutzen, um ab 2026 wieder durchzustarten. Für saubere und produktive Meere, in Kooperation mit Häfen, Fischern und Kommunen. Packen wir es an.




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1 Kommentar
Uwe Scholz
11.08.2025, 23:23Ich drücke die Daumen, dass es bald zu einer Fortführung des Projekts kommt. Es ist einfach zu wichtig, um hier aufzuhören!
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