Was hat das mit Akzeptanz zu tun?
Die Windindustrie, die Länder, die Parteien: Alle machen sich große Sorgen um die allgemein schwindende Akzeptanz für die Energiewende in der Öffentlichkeit. Und das zu Recht. Denn besonders in den letzten Jahren sind zum Beispiel unsere NABU-Landesverbände geradezu bestürmt worden von immer neu aus dem Boden schießenden Bürgerinitiativen, die Unterstützung von Naturschutzverbänden suchten. Das Problem ist, dass mehr und mehr Windparks aufgrund des Flächenmangels immer näher an Siedlungen oder in zum Beispiel Wäldern gebaut werden, und somit das Landschaftsbild zerschnitten wird. Hinzu kommt die Frustration über die große Koalition, die es nicht schafft, sich zu zentralen klima- und energiepolitischen Themen zu einigen.
Anfang diesen Jahres wurde von der Politik, wie es scheint, aus der Not heraus, eine sogenannte „Arbeitsgruppe Akzeptanz“ aus dem Boden gestampft. Mit dem Ziel, alle klima- und energiepolitischen Probleme auf einmal zu lösen, bei denen sich die Koalition bisher nicht einigen konnte. Die AG sollte zunächst bis Ende März Ergebnisse an die Regierung liefern, aber das wurde aufgrund von Zeitmangel, und um gebührend alle Themen zu debattieren und darauf aufbauend Maßnahmen zu entwickeln, schlussendlich bis auf weiteres verschoben. Hauptfokus der AG soll sein, die Akzeptanz gegenüber der Energiewende in der Bevölkerung zu verbessern, ohne dass der Naturschutz dabei aber auf der Agenda steht. Was die Sache nicht besser macht: Die AG besteht ausschließlich aus parlamentarischen Mitgliedern, agiert hinter verschlossenen Türen und Informationen sickern kaum nach außen. Ich frage mich: Was hat das mit gesellschaftlicher Akzeptanzförderung zu tun?
Dass der Naturschutz so wenig Beachtung findet innerhalb der Debatten in von der Regierung eingesetzten Arbeitsgruppen, die wegweisende, politische Ziele erarbeiten soll, ist erschreckend und darf nicht passieren. Schon allein, dass Naturschutzverbände gar nicht erst zu wichtigen Akteursrunden eingeladen werden, ist höchst problematisch. Der NABU oder andere Interessengruppen, die sich für den Naturschutz einsetzen, werden oftmals nicht nur ignoriert, sondern, so wie ich das aktuell erlebe, als „Schwarzer Peter“ für die reduzierte Akzeptanz in der Gesellschaft und fälschlicherweise als Verhinderer der Energiewende angeprangert. Die Regierung scheint hier den Weg des geringsten Widerstands zu gehen und entzieht sich ihrer Verantwortung, Rahmen zu setzen, die für alle Beteiligten, inklusive den Naturschützern, gesellschaftliche Akzeptanz schaffen.
Die Politik agiert – und der Naturschutz bleibt auf der Strecke
Die Politik scheint ratlos und kommt nicht voran. Um sich dem Unwillen und der Frustration in der Bevölkerung zu stellen und zu zeigen, dass man sich damit auseinander setzen möchte, wurde Anfang diesen Jahres von der Koalition eben diese AG ins Leben gerufen. Und zwar so, dass es keiner wirklich mitbekommt. In der Öffentlichkeit herrschte großes Erstaunen und Unwissenheit über diesen dubiosen Prozess. Im neuen Energiesammelgesetz wurde nur festgelegt, dass deren Mitglieder Akzeptanz fördernde Maßnahmen entwickeln sollen.
Es ist ja per se erst einmal gut, dass die Akzeptanz gegenüber der Energiewende in der Öffentlichkeit verbessert werden soll. Fest steht aber, dass die AG nicht alle Dimensionen der Akzeptanz bearbeitet. Jedenfalls spielt zum Beispiel der Naturschutz als Schlüssel-Akzeptanzthema darin keine Rolle, weder bei den Mitgliedern der AG, noch wird er bei den Themen auf der Agenda bisher erwähnt. Als einziges „Naturschutz-Alibi“ soll das Kompetenzzentrum für Naturschutz & Energiewende (KNE) um schriftliche Stellungnahme gebeten werden, was bis dato aber nicht geschehen ist.
Neues Fahrwasser, aber immer noch ohne Naturschutz
Im Laufe der letzten Monate sind sehr viel mehr Aufgaben für die AG hinzugekommen, nämlich jene, auf die sich die Koalition im Energiesammelgesetz nicht einigen konnte, und die über die reine Akzeptanzfrage hinausgehen. Somit wurde sie direkt umformuliert zu „AG Akzeptanz & Energiewende“. Die AG musste sich anpassen und eine andere Fahrtrichtung einschlagen, denn das originale Ziel vormals war, den Ausbau auf See zu fördern, und somit den Druck von der Windenergie an Land und auf die Fläche zu nehmen, um die Akzeptanz in der Bevölkerung zu steigern. Aber durch die Aktualisierung des Netzentwicklungsplans 2030, des Klimaschutzplans 2030, mit der Aufnahme des 65 Prozent-Ausbauziels für Erneuerbare bis 2030 und den Ergebnissen der Kohlekommission steht fest, dass der Ausbau der Windenergie an Land weitergehen muss. Folglich befasst sich die AG damit, wie ein verbesserter Schutz der Anliegen von Anwohnern geschaffen, und wie die Teilhabe der Bevölkerung an der Energiewende (zum Beispiel mit Fokus auf verschiedene finanzielle Anreize) verbessert werden könnte, und versucht, Maßnahmen dazu zu entwickeln. Darüber hinaus gehend aber hat die AG sich das Ziel gesetzt, Maßnahmen für einen effizienten, netzsynchronen und marktorientierten Ausbau der erneuerbaren Energien zu entwickeln, damit das im Koalitionsvertrag angestrebte Ziel von 65 Prozent erreicht wird. Und es stehen Förderbedingungen sowie die Verbesserung der Rahmenbedingungen für Innovationen auf der Agenda. Fest steht, dass die AG bis dato nur ein paar wenige von den Themen auf der Agenda überhaupt geschafft hat zu diskutieren. Die Aufgaben dieser AG sind aber wichtig für die politische Agenda und die Ergebnisse zum Beispiel für eine notwendige nächste EEG-Novelle.
Nur über die naturverträgliche Energiewende wird Akzeptanz geschaffen
Die Politik und der Gesetzgeber sind jetzt gefragt, ein Rahmenwerk zu schaffen, damit die Energiewende schnell, qualitativ hochwertig und naturverträglich voranschreiten kann. Und wenn es Flächenmangel gibt, dann ist es Aufgabe der Politik, Instrumente für Klimaschutzstrategien zu schaffen, damit der Energieverbrauch reduziert wird. Dadurch zum Beispiel, dass Effizienzpotenziale erhöht werden, die Verkehrsinfrastruktur klimafreundlich umgebaut wird, Instrumente zur Förderung von natürlichen Senken entstehen und letztendlich eine dringende, gesellschaftliche Transformation in Gang gesetzt wird, die im Einklang mit dem Suffizienz-Gedanken steht. Denn eine hohe Lebensqualität für alle Menschen und Generationen kann nur innerhalb der Grenzen der Belastbarkeit der Ökosysteme entstehen.
Die durch das Nicht-Agieren der Politik entstandenen Folgen dürfen nicht auf dem Rücken des Naturschutzes ausgetragen werden. Alleinig eine naturverträgliche Energiewende kann weitestgehend gesellschaftliche Akzeptanz schaffen. Und das müsste das Fahrwasser der AG Akzeptanz & Energiewende sein.
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1 Kommentar
Andreas Ratsch
13.05.2019, 20:27Wer sind denn die Parlamentarier der AG Akzeptanz? Kann man sie anschreiben?