Kommunale Wärmewende auf Kosten der Wälder

Kommunale Wärmewende auf Kosten der Wälder

In den nächsten Jahren müssen alle Städte und Gemeinden im Rahmen der Kommunalen Wärmeplanung skizzieren, wie sie bis 2045 ihre Wärme klimaneutral gewinnen wollen. Nicht nur im südbayerischen Städtchen Weilheim zeigt sich: Wer statt Gas und Kohle künftig vor allem auf Holz setzen will, der überschreitet die Ressourcen der umliegenden Wälder massiv.

Der Ausstieg aus den fossilen Energien muss jetzt auch in der Wärmeerzeugung dringend vorangetrieben werden. Das Wärmeplanungsgesetz gibt vor, dass schon im Jahr 2030 die Hälfte der Nah- und Fernwärme in jeder Kommune klimaneutral erzeugt werden muss. 30 Prozent der gesamten Wärme muss aus erneuerbaren Energien oder „unvermeidbarer Abwärme“ erzeugt werden. Auch die Verbrennung von Waldholz ist hierbei als klimaneutral und erneuerbar eingestuft – fälschlicherweise. Denn wenn die negativen Auswirkungen auf den CO2-Speicher im Wald berücksichtigt werden, ist die Verbrennung von Holz schlechter für das Klima als fossile Energieträger!

Der Stadtwald reicht bei weitem nicht

Die Stadtwerke in Weilheim wollen dennoch in Zukunft 80 Prozent der Wärme für ihr neues Fernwärmenetz mit ganzen fünf Holzhackschnitzel-Heizkraftwerken erzeugen. So sieht es der dort bereits vor dem Bundesgesetz vorgelegte Wärmeplan vor. Anders als zunächst kommuniziert, werden die Hackschnitzel aus dem Stadtwald nicht reichen. Bei weitem nicht! Die Aktiven vor Ort haben errechnet: Schon für die ersten drei (von fünf) Weilheimer Heizkraftwerke wird ein Drittel der anfallenden Hackschnitzel aus sechs (!!) Landkreisen der Umgebung benötigt.

Hier zeigt sich ein bekanntes Muster bei Holzkraftwerken: Das für die Holzenergie zur Verfügung stehende „Rest“-Holz wird oft massiv überschätzt. Denn der Wald kennt eigentlich kaum Reste. Nadeln, Blätter und dünne Zweige haben einen schlechten Brennwert und sollten für die Nährstoffrückführung im Wald bleiben. Lediglich Äste von Laubbäumen und Durchforstungsholz fallen in gewissen Mengen als echte „Reste“ an. Doch die sind bei weitem nicht ausreichend für die massenhafte Verbrennung in Kraftwerken.

Anstatt verbrannt zu werden könnte das Holz zum Teil sogar besser stofflich genutzt werden, zum Beispiel in Spanplatten oder in der Papierherstellung. Es besteht also die Gefahr, dass bei zu hoher Nachfrage auch anders nutzbare Hölzer zerhäckselt und verheizt werden. Und dass weit mehr Holz aus den umliegenden Wäldern entnommen wird, als verkraftbar für sie als CO2-Speicher und Ökosystem ist.
Das gilt, wie wir am Beispiel Weilheim sehen, sogar für den waldreichen Süden Bayerns. Noch viel größer müssen die Einzugsradien für Holz in Bundesländern wie Schleswig-Holstein oder Niedersachsen sein – ohne Importe aus dem Ausland geht es hier meist gar nicht, wie die Beispiele in Cuxhaven oder Hamburg zeigen.

Die Holzlücke droht in etwa zehn Jahren

Dazu kommt: Studien rechnen damit, dass Holz, vor allem Nadelholz, in Deutschland in etwa zehn Jahren knapp wird – wir steuern auf eine Holzlücke zu. Denn bis dahin werden die meisten Fichten- und Kiefernplantagen durch Dürren und Borkenkäfer in Mitleidenschaft gezogen worden sein. Die aktuelle Holzschwemme ist eine Momentaufnahme. Ausgerechnet in zehn Jahren, wenn die Heizkraftwerke in Weilheim sowie in unzähligen anderen Städten ihren Betrieb gerade aufgenommen haben werden, geht dieser Zeitraum zu Ende.

Die auf den Kalamitätsflächen nachgepflanzten Bäume werden dann erst einmal Jahrzehnte wachsen müssen. Es bleiben zwar noch die Laubwälder – aber ein stärkerer Eingriff in diese eher klimastabileren Wälder hätte massiv negative Auswirkungen auf den Kohlenstoffspeicher im deutschen Landnutzungssektor. Deutschland ist aber durch das Klimaschutzgesetz verpflichtet, diesen Speicher in Zukunft sogar stark zu vergrößern. Ein Einschlag für die Holzenergie verbietet sich also. Das wurde gerade noch einmal in einem Gerichtsurteil bestätigt.

Kluger Umgang mit Holz gefordert

Es braucht also einen besseren, einen klügeren Umgang mit Holz, als diesen wertvollen Rohstoff in unzähligen Heizkraftwerken zu verbrennen. Denn Weilheim ist nur ein Negativbeispiel – Holzheizkraftwerke sind geplant oder werden gebaut in Berlin, Hamburg, Cuxhaven, Hannover, Chemitz und Bad Tölz sowie auch von Unternehmen wie BMW, Solvay, Koehler Paper und vielen mehr. Der BUND Baden-Württemberg hat alle Wärmepläne des Bundeslandes ausgewertet und kam zu dem Schluss, dass künftig im Schnitt etwa 20 Prozent der Wärme aus Biomasse gewonnen werden soll (auch Biogasanlagen, aber vermutlich hauptsächlich Holz).

Wenn diese Pläne alle realisiert werden würden, dann droht Holz knapp und teuer zu werden. Schließlich würden vermutlich große Mengen aus dem Ausland – Estland, Rumänien oder Übersee – importiert werden, mit schlimmen Folgen für die dortigen Wälder. Auch die Preise für Brennholz würden absehbar stark steigen, teilweise wäre eventuell sogar die Versorgungssicherheit gefährdet.

Zum Glück gibt es Alternativen

Die Wärmeversorgung der Zukunft beruht nicht mehr auf einzelnen Verbrennungs-Kraftwerken, die viel zu hohe Temperaturen in die Netze einspeisen. Sondern es werden Netze mit möglichst niedrigen Temperaturen betrieben, die Wärme aus den verschiedensten Quellen „einsammeln“. Solarthermieparks, Abwärme von Industrie, aber auch aus U-Bahnschächten oder dem Abwasser, kann mit Großwärmepumpen auf das benötigte Temperaturniveau gebracht werden. Und besonders die Geothermie, bei der Wärme aus dem Untergrund nutzbar gemacht wird, kann einen erheblichen Teil der künftigen Versorgung decken (und keine Angst, bei der sogenannten hydrothermalen Geothermie sind Erdbeben sehr unwahrscheinlich).

Der NABU empfiehlt bei der Kommunalen Wärmeplanung in Ihrer Gemeinde unter anderem auf Folgendes zu achten:

  • Wurden die wirklich klimafreundlichen Technologien priorisiert?
    Eine öffentliche Präsentation der Potenzialanalyse – diese ist ein Teil der Kommunalen Wärmeplanung – sollte eingefordert werden. Die Analyse sollte die mögliche Erschließung der zuvor genannten klima- und naturverträglichen Wärmetechnologien in den Vordergrund stellen. Diese sollten in der Folge prioritär eingeplant werden – nur wenn diese Potenziale ausgeschöpft sind, darf auf die Verbrennung von Müll, Biomasse oder Wasserstoff zurückgegriffen werden.
  • Ist die Nutzung von Biomasse auf ein Minimum reduziert?
    Die Verbrennung von Holz ist genauso klimaschädlich wie fossile Energieträger. Darüber hinaus droht eine Übernutzung der Wälder mit dauerhafter Schädigung von Ökosystemen. Für die klimafreundliche Wärmeversorgung ist Holzbiomasse daher keine Lösung. Lediglich Biogas/Biomethan aus langfristig regional verfügbaren Rest- und Abfallstoffen kann eine begrenz¬te Rolle im klimaneutralen Wärmenetz spielen.

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Michaela Kruse

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