Kommen jetzt endlich höhere Klimaziele?

Kommen jetzt endlich höhere Klimaziele?

In Deutschland hat sich eine neue Debatte entsponnen, die Klimaziele zu erhöhen. Ausgangspunkt der politischen Diskussion ist das im Dezember angepasste Klimaziel der EU. Bis 2030 will die EU den Ausstoß von Treibhausgasen statt wie im Jahr 2014 beschlossen um 40 Prozent nun um 55 Prozent mindern (hier unsere Bewertung der EU-Ziele). Es wird Zeit, dass endlich auch die nationalen Ziele erhöht werden!

Historie der Klimaziele in Deutschland

Die aktuellen Klimaschutzziele in Deutschland wurden bereits im Jahr 2007 in einer großen Koalition im Kabinett Merkel I erarbeitet und im Jahr 2010 unter der Schwarz-Gelben Bundesregierung im Kabinett Merkel II präzisiert und beschlossen. Bis 2020 sollten die Emissionen um 20 Prozent gegenüber 1990 sinken. Bis 2030 um 55, bis 2040 um 70 und bis 2050 in einer Spanne zwischen 80 und 95 Prozent gemindert werden. Der Bezug auf 1990 hat dabei besonders für Deutschland eine große Relevanz. Zwischen 1990 und 1995 sanken in Deutschland die Treibhausgasemissionen um ganze 11 Prozent. Damals waren wir Deutschen aber nicht etwa besonders gute Klimaschützer –in den neuen Bundesländern gab es einen massiven Strukturwandel und -bruch als Folge des Mauerfalls.

Im Jahr 2016 hat die Bundesregierung den Klimaschutzplan 2050 erarbeitet. An den Zielen hat sich dabei aber gar nichts geändert – obwohl in der Zwischenzeit das Pariser Klimaabkommen verhandelt und beschlossen wurde. Die bestehenden Ziele wurden nun aber so umdefiniert, dass sie der nationale Beitrag zum Erreichen der Pariser Klimaziele sein. Wirklich neu am Klimaschutzplan war allerdings, dass nun die notwendigen Emissionsminderungen für jeden Sektor definiert wurden. Gesetz wurden die Sektorziele dann im Klimaschutzgesetz 2019.

Die Debatte um neue Klimaziele beginnt

Was wir und viele andere Akteure seit langem predigen: Das reicht nicht! Und nun hat endlich die Debatte in Deutschland Fahrt aufgenommen. Noch im Dezember sprach sich Bundesumweltministerin Svenja Schulze gegen die Erhöhung der Klimaziele in Deutschland aus. Im Januar klang das schon ganz anders. Schulze ließ sich zitieren mit: Man werde „wahrscheinlich so bei 65 Prozent landen“. Und sogar die Union zieht nach. Als ob sie sich schon mal fit für eine Koalition mit den Grünen machen will, ertönt plötzlich von Seiten der CSU und der CDU, dass das nationale Ziel bei 60 Prozent Emissionsminderungen bis 2030 liegen müsse.

Es bewegt sich also endlich was. Aber reicht das? Deutschlands Beitrag innerhalb der EU sollte wohl mindestens bei dem EU-Ziel plus 10 Prozent liegen – so ist zumindest der Strukturwandel der Wiedervereinigung abgebildet. Dann wären wir für 2030 bei einer Minderung von 65 Prozent. Ein angemessener Beitrag zur Begrenzung der Erderhitzung ist das sicherlich immer noch nicht. Aber ein Anfang.

Maßnahmen und Umsetzung

Höhere Klimaziele sind gut und notwendig, daran muss sich die Politik messen und ihre Maßnahmen daran ausrichten. Und genau darauf kommt es eigentlich auch an: schnell Maßnahmen in allen Sektoren einzuleiten. Dabei müssen unbedingt die Sektorziele erhalten bleiben. Nur so ist auch eine klare Verantwortlichkeit den Ressorts zuzuschreiben. Schnelligkeit ist auch klimaphysikalisch wichtig. Denn bei der Begrenzung der Erderhitzung zählt die Summe der ausgestoßenen Treibhausgase. Sprich, je schneller wir die tief hängenden Früchte ernten, desto mehr Zeit haben wir bei den schwierigeren Transformationsaufgaben.

So gut wie es ist, neue Ziele zu definieren, so wichtig ist es auch, über Wege zu den Zielen zu debattieren. Und eine Bitte an die künftigen Bundesregierungen: Wartet nicht wieder 14 Jahre, bis ihr erneut über Ziele sprecht, sondern passt sie stetig den klimawissenschaftlichen Notwendigkeiten an!

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Sebastian Scholz
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6 Kommentare

Christian

04.02.2021, 08:20

Viel wichtiger als ein Ziel in einer (politisch) fernen Zukunft ist die Einigung auf eine Minderungsgeschwindigkeit pro Jahr für die nächsten 4-8 Jahre! D.h. diese auch jährlich zu prüfen und ggf. Maßnahmen anzupassen, Später können wir immer noch entscheiden, wie schnell es weitergehen soll. Zumal ja gar nicht absehbar ist, welche Schwierigkeiten es gibt (Netzstabilität), welche Fortschritte erreicht werden, wie sich Welt und Klima entwickeln. Ein langfristiges Ziel ist gewiß auch wichtig ("die Energiezukunft ist weitgehend elektrisch"), um den Akteuren Planungssicherheit zu geben. Aber in jedem einzelnen Jahr sollten wir dasjenige tun, was ohne unverhältnismäßige Belastungen möglich ist. Da war in den letzten Jahren sicherlich schon mehr möglich, und ist es jetzt auf jeden Fall! (Sonst hätte man den Ausbau ja nicht vorübergehend "Deckeln" müssen). Und auch von den Sektorzielen bin ich nicht überzeugt. Wenn es sich zeigt, dass auf einem Sektor die Einsparung leichter, in einem anderen aufwendiger ist, warum dann nicht flexibel bleiben? Daher: Am Problem ansetzen, also dem CO2 - egal wo es entsteht! Das bedeutet übrigens auch, international über eine Steuer auf "graue", also in Produkten importierte Energie nachzudenken, solange die CO2-Besteuerung sehr unterschiedlich ist. Sonst erscheint hier alles grün, und unser Konsum hinterlässt Spuren (noch stärker als bisher) anderswo in der Welt. Das umzusetzen ist nicht simpel, ich weiß...

Sebastian Scholz

04.02.2021, 12:21

Ein Ziel bis 2030 ist ja kaum weiter als 4-8 Jahre. Und ich teile Ihre Einschätzung, dass konkrete Maßnahmen zu dem Ziel mitgedacht werden müssen. Nicht ganz teile ich Ihre Einschätzung zu den Sektorzielen. Eine gewisse Flexibilität macht Sinn. Dennoch ist wichtig, dass alle zuständigen Ressorts auch in Verantwortung genommen werden. Als Beispiel sei der Verkehrssektor genannt - hier stagnieren seit Jahren die Emissionen und das obwohl Motoren kontinuierlich an Effizienz gewinnen. Unser Verkehrsminister trägt dafür eine Verantwortung durch die definierten Sektorziele und kann sich nicht einfach mit dem Finger auf Einsparmöglichkeiten in anderen Sektoren zeigen.

Hubert Hoffmann

03.02.2021, 18:15

Hallo Der E-Auto Wahn von Merkel wird auf den ersten Blick die Luft verbessern und das tun die Pendler im Homeoffice schon heute.Habe Berichte vom Abbau des Lithium in Südamerika verbrauchen das wenige Grundwasser womit die ansässigen Bauern ihre Felder nicht mehr wässern können.Ausserdem tötet der giftige Staub die Tiere.Und Russland wird der giftige Müll in öffentliche Gewässer gekippt.

Sebastian Scholz

04.02.2021, 12:24

Entscheidend ist immer die Gesamtbilanz. Und da stehen auch heute schon Elektroautos deutlich besser in ihrer Umweltbilanz da als der herkömmliche Pkw mit Verbrennungsmotor. Und so schleppend wie sich hierzulande die Ausbreitung von Elektromobilität gestaltet sollte eher Rede sein von "Verbrenner-Wahn".

Holger Gulyas

01.02.2021, 13:56

Also erstmal Autos abschaffen und Flugreisen komplett einstellen!!!

Sebastian Scholz

04.02.2021, 12:28

Mindestens braucht es neue Verkehskonzepte um mit möglichst wenig Emissionen Mobilität für alle zu gewährleisten. Innerdeutsche Flugreisen lassen sich durch ein gut ausgebautes Schienennetz inkl. der Schnellzugverbindungen ersetzen. Autos in der Stadt durch ÖPNV und Rad- und Fußverkehr. MIV im ländlichen Raum muss emissionsfrei werden.

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