Klimaschutz und Straßenverkehr: Die zentrale Rolle des Lkw

Klimaschutz und Straßenverkehr: Die zentrale Rolle des Lkw

Lkw sind die Zugpferde unserer globalisierten Wirtschaft. Allein zwischen 1991 und 2018 erzielte der Straßengüterverkehr in Deutschland einen Zuwachs von unglaublichen 100 Prozent. Im Gegensatz dazu haben umweltfreundlichere Verkehrsträger wie Bahn und Binnenschiff Anteile am gesamten Güterverkehrsaufwand eingebüßt – die Klimaziele der Bundesregierung wurden so krachend verfehlt. Aufgrund ihrer hohen Laufleistung, geringer Fortschritte beim Kraftstoffverbauch und niedriger Dieselpreise sind Lkw für über ein Drittel der Gesamtemissionen des Verkehrssektors verantwortlich – und das obwohl sie nur ca. fünf Prozent der Straßenfahrzeuge stellen. Diese Zahlen verdeutlichen, dass für einen effektiven Klimaschutz kein Weg am Straßengüterverkehr vorbeiführt.

Abgesehen von der Debatte um Verlagerung und Vermeidung von Verkehren sowie der Stärkung lokaler Lieferketten, stellt sich die Frage: Welche politischen Instrumente sowie Antriebe werden benötigt, um die Klimaziele einhalten zu können? Mit fossilen Kraftstoffen, so viel lässt sich vorwegnehmen, ist für den Klimaschutz nichts zu gewinnen.

LNG ist keine Brückentechnologie – sondern eine Zementierung des fossilen Verkehrssektors

Offenkundig ist, dass der Straßengüterverkehr schnellstmöglich in Richtung Nullemissionsfahrzeuge gelenkt werden muss. Das Klimaschutzprogramm der Bundesregierung gibt die Richtung vor, wonach bis 2030 ein Drittel der Fahrleistung im schweren Straßengüterverkehr elektrisch oder auf Basis strombasierter Kraftstoffe erbracht wird. Es verwundert daher umso mehr, dass die Interessen der Gas-Lobby aktuell wieder einmal viel Gehör finden. Durch massive finanzielle Anreize für LNG (Liquified Natural Gas), also verflüssigtem Erdgas, torpediert die Bundesregierung ihre eigenen Klimaschutzpläne, indem sie einen fossilen Kraftstoff – den Diesel – durch einen anderen zu ersetzen versucht. Eine aktuelle Studie im Auftrag des Umweltbundesamtes zeigt eindrücklich auf, wie miserabel die Klimabilanz von Erdgas in Wahrheit ist. Betrachtet man die gesamte Emissionskette (Well-To-Wheel) wird deutlich, dass LNG-Lkw im Grunde genauso viele Treibhausgase verursachen wie mit Diesel betriebene Lkw. Bei der Produktion von Flüssigerdgas, aber auch beim Tanken und verbrennen selbigen Kraftstoffs entweicht Methan, ein Treibhausgas, welches um ein vielfaches klimawirksamer ist als CO2. Der oftmals vorgetragene Klimanutzen von LNG ist somit dahin. Wird zudem noch Fracking-Erdgas getankt, sieht es mit der Bilanz noch viel düsterer aus. Auch bezüglich Luftreinhaltung hat der LNG-Einsatz beim Lkw keinen Vorteil im Vergleich zum Diesel, wie zum Beispiel Praxistests im Auftrag der niederländischen Regierung zeigen. Im Gegenteil, die Emissionen können durch Erdgas als Kraftsoff sogar um das Fünffache steigen.

Neuester Studien zum Trotz, die den Nutzen von Erdgas für Klima und Umwelt hinlänglich widerlegen, werden Erdgas-betriebene Lkw seitens der Bundesregierung in dreierlei Hinsicht subventioniert: Zum einen wird seit 2018 die Anschaffung von LNG-Lkw durch das Bundesverkehrsministerium mit 12.000 Euro pro Fahrzeug gefördert. Zum anderen wird Erdgas bis mindestens 2026 geringer besteuert als andere fossile Kraftstoffe. LNG kostet daher derzeit pro Kilowattstunde nur halb so viel wie Diesel. Zu guter letzt sind mit Erdgas betriebene Lkw bis Ende des Jahres von der Maut befreit. Eigentlich, denn vorvergangene Woche hat der Bundestag entschieden, diese Mautbefreiung bis mindestens 2023 zu verlängern. Somit verstößt die Bundesregierung nicht nur gegen europäisches Recht, sie torpediert auch die Verhandlungen über eine CO2-abhängige Maut im Rahmen der Eurovignettenrichtlinie auf EU-Ebene. In der Summe kommen so in einem Fünfjahreszeitraum stolze 75.000 Euro an staatlichen Subventionen zusammen, durch die nun beschlossene Verlängerung der Mautbefreiung kann jeder Spediteur nochmals mit bis zu 60.000 Euro obendrauf rechnen. Ob dieses klimapolitischen Anachronismus könnte einem angst und bange werden. Addiert man oben genannte Förderungen zusammen, kostet so im besten Falle jede Tonne vermiedenes CO2-Äquivalent der Öffentlichen Hand knappe 7.000 Euro. Das sind extrem hohe Vermeidungskosten und daher schlecht investiertes Geld der öffentlichen Hand.

Die Gas-Lobby macht sich zudem gerne das Argument zu eigen, fossiles Gas wäre nur eine Brückentechnologie hin zu synthetischem Gas oder Biomethan. Aber auch diese Wunschvorstellungen seitens der Industrie wiederlegt die Studie des Umweltbundesamtes erneut. Die verfügbare Menge an nachhaltigem Biogas deckt nicht mehr als ein Bruchteil des Bedarfs, welcher bereits von anderen Sektoren bei weitem übertroffen wird. Auch wann und wie viel nachhaltig erzeugtes synthetisches Gas zur Verfügung steht, ist unklar. Klar ist nur, dass es zu exorbitant hohen Preisen auf dem Markt käme, die vollkommen unwirtschaftlich wären.

Welche Alternativen gibt es?

Es wird deutlich, dass kein Weg an Nullemissionsfahrzeugen vorbeiführt – ohne den Antriebswechsel im Straßengüterverkehr werden sich die Klimaschutzziele nicht halten lassen. Klar ist auch, dass hier die Hersteller vor größeren Herausforderungen stehen als beim Pkw. Dennoch: Schon jetzt sind Reichweiten von bis zu 300 Kilometern mit batterieelektrischen Lkw problemlos möglich – und somit ließen sich bereits heute knapp 60 Prozent der gefahrenen Distanzen emissionsfrei zurücklegen. Für Lkw bis 26 Tonnen liegt hier ein technisch ausgereiftes CO2-Minderungspotential, welches lediglich noch nicht ausgeschöpft wird. Aber auch für Distanzen von bis zu 800 Kilometern entwickeln zum Beispiel Daimler und Tesla batterieelektrische Zugmaschinen, die in den nächsten Jahren auf den Markt kommen werden. Alternativ bietet sich für den Schwerlastverkehr auf der Langstrecke die wasserstoffbetriebe Brennstoffzelle oder die Oberleitung an. Oberste Prämisse ist dabei natürlich immer das Gebot der Effizienz. Gasantriebe, wie sehr sie auch von Teilen der Industrie in den Himmel gelobt werden, gehören in jedem Falle der Vergangenheit an. Betrachtet man jedoch die irrwitzigen Subventionen für LNG, kann man es keinem Spediteur verübeln, setzt dieser auf Erdgas als Antrieb der Zukunft. Dieser klimapolitische Fehlanreiz muss schnellstmöglich beendet werden.

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Johannes Russmann
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2 Kommentare

Bodo Schneider-Schrimpf

09.03.2021, 20:15

Straßengüterverkehr sollte, wo irgend möglich, zu Schienengüterverkehr werden - die Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene wird ständig im Munde geführt, aber das Gegenteil passiert dann tatsächlich. Die Dieselsubventionierung muss fallen, die Ausbeutung der LKW-Fahrer desgleichen und ein vernünftiges europäisches Schienennetz tut not - die LKW-Karawane, die in einem fort Gemüse und Obst aus Südspanien in die nordeuropäischen Länder transportiert, gehört schon lange durch Güterzüge ersetzt !

Marz Rainer

06.06.2020, 10:16

Für mich stellt sich die Frage warum der Schwerlastverkehr, bis auf das notwendigste, nicht von der Straße/Autobahn entfernt wird. Durch die Pandemie erfahre ich, dass wir unglaublich viel Geld generieren können. Warum nutzt man den Zeitpunkt nicht um in moderne, aktuelle Alternativen, wie z.B. in autonome Systeme (z.B.Magnetschwebebahn) zu investieren. Wir haben soviele gute Ideen im Land der Ingenieure/innen. Fehlt uns der Mut? Das hätte Zukunft. Da könnte man jede Menge Profit generieren. Der konventionelle Antrieb, sei es mit Strom oder fossile Brennstoffe betrieben, hat nur eine begrenzte Zukunft und führt nicht zum Ziel. Was für mich noch schwerwiegender ist, sind die vielen menschlichen Trägödien, die sich durch den Schwerlastverkehr auf unseren Straßen ergeben. LKW-Lenker und -Hersteller sind intelligente Menschen, die unsere Gesellschaften an anderer Stelle dringender benötigen.

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