Bundesregierung vergibt erste Green Bonds

Bundesregierung vergibt erste Green Bonds

Etwa vier Milliarden Euro beträgt das Volumen der vom Bund aufgelegten grünen Bundesanleihen (Green Bonds). Mit den Einnahmen aus den ersten grünen Bundeswertpapieren sollen saubere Verkehrssysteme, Maßnahmen zur Reduzierung der CO2-Emissionen von Fahrzeugen, der Übergang zu einer weitgehend mit erneuerbaren Energien arbeitenden Wirtschaft sowie zu einem effizienteren Energieverbrauch und die Förderung von klimaresilienten Wäldern und Naturlandschaften finanziert werden.

Einerseits ist es gut, dass die Bundesregierung sich für Nachhaltigkeit im Finanzsektor einsetzt. Andererseits werden bei den grünen Anleihen Projekte und Vorhaben gefördert, die sowieso bereits geplant und mit einer konventionellen Anleihe finanziert werden könnten. Die sieben beteiligten Bundesministerien haben aus ihren Ausgaben im Jahr 2019 Projekte aus fünf Bereichen ausgewählt, die dem Klima- und Umweltschutz dienen. Diesen Projekten wird nun das Geld zugeordnet, das der Staat mit der Emission der grünen Staatsanleihen einnimmt. Die Aufnahme von Geld durch Anleihen ist ein regulärer Bestandteil des Haushalts- und Schuldenmanagements der Bundesregierung. Die neuen Staatsanleihen bekommen nun das Label „grün“, weil sie für die Finanzierung der ausgewählten Projekte und Aktivitäten im grünen Bereich eingesetzt werden.

Auf diese Weise sollen im Jahr 2020 insgesamt acht bis zwölf Milliarden an „grünen Schulden“ durch Green Bonds aufgenommen werden. Das ist per se nicht verkehrt, zumal der grüne Anleihenmarkt insgesamt gefördert werden soll. Man darf aber nicht glauben, dass die Bundesregierung mit den Einnahmen aus den Green Bonds neue Maßnahmen ergreift oder frisches Geld investiert: es werden keine ergänzenden Klima- und Umweltschutzprojekte durch die Green Bonds aufgelegt.

Um einen echten Mehrwert zu erzielen, müssen grüne Anleihen dazu genutzt werden, zusätzliche Projekte im Klima- und Umweltschutz zu initiieren. Und das wäre dringend nötig: Die Klimaziele der Bundesregierung können mit den bisher geplanten Maßnahmen des Bundeshaushalts definitiv nicht erreicht werden.

Deutschland bisher kein Vorreiter in nachhaltigen Finanzen

Deutschland ist spät dran mit dem Einstieg in den grünen Finanzmarkt. In anderen Ländern wie Frankreich, Belgien, den Niederlanden oder Polen sind grüne Anleihen schon länger Teil der Finanzstrategie. Polen hat zum Beispiel bereits im Jahr 2016 grüne Staatsanleihen an Investor*innen verkauft, Frankreich zog wenig später nach. Ähnlich sieht es in Belgien und den Niederlanden aus. Auch das Land Nordrhein-Westfalen gibt seit 2015 regelmäßig Landesschatzanweisungen als Nachhaltigkeitsanleihen aus. Der Bund kann hier also nicht nur von den europäischen Nachbarländern sondern auch von den Bundesländern lernen.

Doch der Bund will im Feld der nachhaltigen Finanzwirtschaft aufholen: Anfang 2019 beschloss die Bunderegierung, Deutschland mit einer Sustainable Finance-Strategie zum führenden Standort für nachhaltige Finanzierung zu machen.

Ein erster wichtiger Schritt aus Sicht des NABU dafür ist: die Green Bonds in Zukunft so aufzulegen, dass damit zusätzliches Geld für Klima- und Naturschutz bereitgestellt wird.

Sustainable Finance Beirat unterstützt die Erarbeitung einer Sustainable Finance Strategie

Der im Juni 2019 vom Bundesministerium der Finanzen (BMF) und dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) berufene Sustainable Finance Beirat soll bei der Ausarbeitung und Umsetzung der Strategie zu nachhaltiger Finanzierung beraten und unterstützen. In ihm sind Vertreter*innen aus Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Zivilgesellschaft vertreten. Am 27. August kam der Beirat zu seiner 6. Sitzung zusammen. Für Anfang 2021 wird der Abschlussbericht erwartet.

Nachhaltige Finanzierung – die EU entwickelt ein umfassendes Klassifikationssystem

Die EU ist gerade dabei gemeinsame Standards zu entwickeln, um klar zu definieren, welche Projekte und wirtschaftlichen Aktivitäten sich nachhaltig nennen dürfen. Ein Set an Kriterien legt fest, welche durch Finanzakteure finanzierten Aktivitäten in der Realwirtschaft klima- und umweltfreundlich sind. Kriterien für sozial vertretbare Projekte werden folgen. Diese Kriterien sollen verhindern, dass Banken oder Lebensversicherungen mit vermeintlich grünen Produkten werben, deren Investments gar nicht so ökologisch sind. Ziel ist es, damit mittel- bis langfristig ein Umlenken der Finanzströme privater Investoren zu nachhaltigen Wirtschaftsaktivitäten zu erreichen und sie aus nicht- nachhaltigen Aktivitäten abzuziehen: Ein Umbau der Wirtschaft zu Nachhaltigkeit

Der NABU positioniert sich zu nachhaltiger Finanzierung

In einem von der European Climate Foundation geförderten Projekt begleitet der NABU die aktuellen Entwicklungen sowohl auf Bundesebene als auch auf Ebene der Europäischen Union. Der NABU setzt sich insbesondere dafür ein, dass neben Klimaschutz auch Umwelt- und Naturschutz umfassend und ambitioniert in die Bewertungskriterien nachhaltiger Finanzprodukte eingehen. Wirtschaftsaktivitäten müssen auch kritisch hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf Artenvielfalt und Naturschutz bewertet werden.

Was sind Staatsanleihen? Was ist die Besonderheit der Green Bonds?
Staaten benötigen Kapital, um ihre Haushalte oder andere Projekte zu finanzieren. Über die Ausgabe von Anleihen (englisch Bond) kann die Bunderegierung am Kapitalmarkt Geld leihen. Der Käufer oder die Käuferin dieser Anleihen (meist institutionelle Investor*innen wie Versicherungen, Pensionskassen oder Banken) wird durch den Kauf Gläubiger*in, der Staat Schuldner, der die Verzinsung und die Rückzahlung gewährleistet. Das besondere der neuen grünen Staatsanleihen ist die Zuordnung der Gelder zu „als grün anerkannte Ausgaben“ im Bundeshaushalt. Die Auswahl der Ausgaben erfolgt durch eine interministerielle Arbeitsgruppe anhand spezifischer Kriterien, die internationale Rahmenwerke (Green Bond Principles) und die zentralen Punkte der aktuell im Entwurf bestehenden EU-Norm für grüne Staatsanleihen berücksichtigen. Ein wesentliches Merkmal der Green Bonds ist die Transparenz und Berichterstattung über die Verwendung der Gelder: zum einen veröffentlicht das Finanzministerium und die Finanzagentur auf ihren Webseiten, welchen Maßnahmen und Projekten die Gelder der Anleihen zugeordnet wurden. Auch über die Wirkung der Maßnahmen muss berichtet werden. Wirkungsindikatoren sind z.B. vermiedene Treibhausgasemissionen, Kilometer neu- oder ausgebauter Radwege oder erreichte Umwelt- und Klimaeffizienz von Zuschüssen im Bereich Energie und Industrie.

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Maja Rotter
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1 Kommentar

Dieter Wallasch

03.09.2020, 19:44

Kann ich als Privatperson die "grünen Staatsanleihen" oder auch Green Bonds genannt kaufen ?

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