Unverpackt einkaufen – Beispiele für neue Verpackungskonzepte

Verpackungsarm oder gar gänzlich unverpackt einzukaufen, entwickelt sich mehr und mehr zum Trend in Deutschland. Viele Konzepte stecken noch in den Kinderschuhen, es gibt aber auch schon recht vielversprechende Ansätze. Mit meiner Firma Unverpackt einkaufen! berate ich seit 2014 Hersteller und Einzelhändler zum Thema „Systeme für den losen Verkauf“ und entwickle zusammen mit der Kölner Firma EKUPAC Konzepte zur Verpackungsreduktion in der Lieferkette.

Lebensmittelspender - Foto: Unverpackt einkaufen! 2015

Getreide, Nüsse oder Knabberwaren können prima durch Spender verkauft werden – das vermeidet Verpackungsmüll und schont Ressourcen – Foto: Unverpackt einkaufen! 2015

Im Bioladen meiner Heimat in Pennsylvania in den USA gab es sie schon immer: die langen Reihen von Containern und Spendern, sogenannte „bulk bins“, die verschiedene Reis- und Getreidesorten, wie auch Bohnen, Nüsse und Knabberwaren enthielten. Durch die transparenten Behältnisse konnte man die unterschiedlichen Farben und Formen des Inhalts sehen und es hat immer viel Spaß gemacht, diese Produkte selbst in Behältnisse zu füllen. Diese Art des Einkaufens steht für mich auch direkt im Zusammenhang mit bewusster Ernährung, da das Abfüllen und das damit verbundene eigene Bestimmen der Produktmenge eine ganz andere Wertschätzung des Lebensmittel darstellt.

Erst später im Rahmen meines Studiums des Umwelt- und Ressourcenmanagements wurde mir klar, dass diese Art Einzukaufen auch unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit viele Vorteile mit sich bringt: Denn durch den Kauf loser Waren kann schon beim Einkauf direkt Verpackungsmüll reduziert werden, indem auf die üblichen Einwegverpackungen verzichtet wird.

Ein Einkauf im Supermarkt hinterlässt oftmals einen großen Berg an Verpackungsmüll. Foto: NABU/S. Hennigs

Ein Einkauf im Supermarkt hinterlässt oftmals einen großen Berg an Verpackungsmüll. Foto: NABU/S. Hennigs

Besonders in den Bereichen Transport und Logistik fallen große Mengen an Verpackungsabfällen wie Kartons und Folien an. Da dieses Müllaufkommen hinter den Kulissen der Geschäfte stattfindet, wird es in der Öffentlichkeit bisher leider wenig wahrgenommen. Die Umstellung auf Großgebinde im Handel bietet also ein großes Potenzial, Unmengen an Einzelverpackungen im Warenkreislauf einzusparen.

Bei Unverpackt einkaufen! beobachten wir den Markt und orientieren uns an alternativen Verpackungskonzepten aus aller Welt:

In Italien zum Beispiel verbinden die Lebensmittelgeschäfte Effecorta den Verkauf von unverpackten Waren mit einem regionalen Konzept. Alle drei Filialen beziehen 90 Prozent ihrer Waren von Lieferanten im Umkreis von 70 km.

Der Good Food Store in Missoula, Montana, fordert seine Kunden auf, Marmeladengläser oder ähnliches Leergut nach dem Verzehr des Inhalts im Laden abzugeben. Diese werden dann hygienisch gereinigt und den Einkäufern kostenlos zum Abfüllen der ca. 800 losen Waren zur Verfügung gestellt.

Verpackungsfreier Einkauf - Foto: Unverpackt einkaufen! 2015

Verpackungsfreier Einkauf – Foto: Unverpackt einkaufen! 2015

Auch auf dem Gebiet der Putz- und Reinigungsmitteln sehen wir große Potentiale, ein konsequenteres „unverpacktes“ System umzusetzen. So könnte das Beispiel des österreichischen Seifenherstellers Uni Sapon Schule machen, der bereits seit den 80er Jahren Händlern Wasch- und Reinigungsmittel in großen Kanistern anbietet.

Anders als bei anderen Herstellern, arbeitet man hier mit einem geschlossenen Kreislauf: leere Gebinde werden bei der nächsten Lieferung zurückgenommen und können bis zum 35 Mal wiederverwendet werden.

Die Supermarkt-Kette Sprouts Farmers Market im Südwesten der USA bieten in ihren Filialen jeweils zu einem Drittel „bulk foods“ an. Hier können u.a. sogar außergewöhnliche Köstlichkeiten wie z. B. ChiaSesam-Salzstangen, mit Schokolade überzogene Nüsse oder Kokosnussmehl abgefüllt werden. Der Abteilungsleiter erklärte mir 2013 bei einem Besuch einen weiteren Vorteil des Abfüllsystems: „Durch das Bestellen von großen Verpackungseinheiten können wir unsere Ware billiger einkaufen. Dies spiegelt sich für unsere Kundschaft in günstigeren Preisen wider.“

All diese Ansätze weisen aus der Sicht von Unverpackt einkaufen! in die richtige Richtung: Müll aktiv zu vermeiden, bevor er entsteht, das ist eben nicht nur Aufgabe bewusster Verbraucher, sondern auch des Handels.

Unverpackt einkaufen! arbeitet aktuell an einem Abfüll-Angebot für Supermärkte, um einer breiten Konsumentenschicht die Möglichkeit zu bieten, unverpacktes Einkaufen für sich zu entdecken und dadurch aktiv an der Abfallvermeidung mitzuwirken.

Veranstaltung zum Thema 'Precycling'
Unverpackt einkaufen! kooperiert mit der Heinrich Böll Stiftung, um das Thema Precycling – die Vermeidung von Müll bevor er überhaupt entsteht – zu untersuchen. Einige europäische Akteure in den Bereichen „Unverpackt“ sowie auch Mehrwegverpackung und Lebensmittelrettung stellen ihre Unternehmen und Initiativen vor. Die Veranstaltung findet am 30. November von 16-20 Uhr bei der Böll Stiftung in Berlin statt. Weitere Infos gibt es auf Anfrage unter: info@unverpackt-einkaufen.de

Emilie Florenkowsky ist Umweltmanagerin und interessiert sich besonders für die Möglichkeiten einer nachhaltigeren Konsumstruktur.  2014 gründete sie Unverpackt einkaufen! mit dem Ziel, Verpackungsalternativen wie z. B. das „bulk shopping“ Modell auf den deutschen Markt voranzubringen.

Mehr Infos und eine Übersicht von verpackungsfreien Läden gibt es hier: www.NABU.de/unverpackt

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