Unser Plastikmüll im Ausland

Unser Plastikmüll im Ausland

Etwa eine Million Tonnen Kunststoffabfälle werden jährlich aus Deutschland exportiert. Zielländer sind neben den EU-Mitgliedstaaten auch verschiedene südostasiatische Länder oder die Türkei. Seit längerem ist bekannt, dass einige dieser Exporte erhebliche negative Folgen für die Umwelt und für die lokale Bevölkerung in den Importländern haben (alle Informationen zu Plastikmüllexporten).

Um dieses Problem zu beheben, wurde die EU-Abfallverbringungsverordnung überarbeitet. Seit 1. Januar 2021 dürfen bestimmte Kunststoffabfälle nicht mehr aus Deutschland in Länder wie Malaysia, Indien oder Indonesien exportiert werden. Doch was genau wird eigentlich verboten? Und ist das Problem der Plastikmüllexporte damit gelöst?

Verbot gilt nur für Exporte in ausgewählte Länder

Das Exportverbot für Plastikmüll gilt nur für den Export aus der EU in Länder, die nicht Mitglied der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) sind. Das umfasst die meisten Länder des sogenannten globalen Südens und schränkt somit beispielsweise den Export von Plastikmüll nach Südostasien ein.

Die Regelung bedeutet im Umkehrschluss jedoch, dass Exporte in OECD-Länder, also beispielsweise in die Türkei, nach Israel, Mexiko oder Kolumbien, weiterhin erlaubt sind. Und auch innerhalb der EU dürfen die Abfälle nach wie vor zwischen den Mitgliedstaaten gehandelt werden.

Die EU-Kommission begründet diese unterschiedlichen Regelungen damit, dass es in EU- und OECD-Ländern möglich sei, Plastikabfälle hochwertig und umweltschonend zu recyceln. Doch dies ist ein Trugschluss. Berichte über unsachgemäße Abfallentsorgung und illegale Deponiebrände in Ländern wie Polen oder der Türkei haben sich in den vergangenen Jahren gehäuft. Und selbst wenn die Abfälle aus Deutschland am Ende in den Ländern tatsächlich recycelt werden, so belegen sie die ohnehin knappen Kapazitäten für das Recycling der inländischen Abfälle.

Verbot gilt nur für bestimmte Plastikabfälle

Das Exportverbot aus der EU in Länder des globalen Südens gilt nur für die Ausfuhr von unsortierten Plastikabfällen. Denn diese Abfallgemische können kaum oder gar nicht recycelt werden. Eine Ausnahme gilt jedoch für Gemische aus den häufigen Kunststoffarten Polyethylen (PE), Polypropylen (PP) und Polyethylenterephthalat (PET). Diese sind vom Exportverbot nicht betroffen.

Und auch sortierte Abfälle, wenn sie nicht als gefährliche Abfälle eingestuft werden, dürfen weiterhin überall hin exportiert werden, also auch in Länder mit schlecht ausgebauter Entsorgungswirtschaft. Einzige Voraussetzung: Sowohl Export- als auch Importland müssen dem Handel zustimmen.

Innerhalb der EU darf Plastikmüll ebenfalls weiterhin die Grenzen passieren. Für gemischte Plastikabfälle braucht es von nun an eine Genehmigung, jedoch gibt es auch hier diverse Ausnahmen für spezielle Gemische. Sortierte Abfälle, darunter besonders umweltgefährdende Kunststoffe wie Polyvinylchlorid (PVC) können weiterhin ohne Einschränkungen exportiert werden.

Unklar ist noch, ab wann eine Abfallfraktion eigentlich als sortiert gilt. Denn selbst wenn die Abfälle nach Kunststoffart (PE, PP, PET, etc.) getrennt wurden, ist meist weiterhin ein gewisser Anteil an Fremdstoffen in der sortierten Fraktion enthalten. Je größer dieser Anteil, desto schwieriger jedoch das Recycling. Aus diesem Grund werden derzeit EU-Grenzwerte erarbeitet, die den maximal erlaubten Anteil an Fremdstoffen festlegen.

Ein erster Schritt ist getan, doch dieser ist zu klein

Die zahlreichen Ausnahmen führen dazu, dass auch weiterhin große Mengen Plastikabfälle aus Deutschland exportiert werden. Das Exportverbot gemischter Plastikabfälle in Länder des globalen Südens ist ein wichtiger Schritt, die Ausfuhr in die Türkei oder nach Osteuropa ist aber weiterhin möglich.

 

Überblick über die Regelungen zum Export von Plastikabfällen (in Kraft seit 1. Januar 2021)

Das Gesetz kann nur wirken, wenn kontrolliert wird

Im Abfallsektor gilt: Ohne Kontrollen und Sanktionen ist selbst die ambitionierteste Gesetzgebung nichts wert. Berichte über illegale Abfallexporte, beispielsweise durch falsche deklarierte Abfälle, haben in letzter Zeit zugenommen. Damit die neuen Exportregelungen wirkungsvoll sind, müssen die Kontrollkapazitäten an den Häfen und auf den Autobahnen ausgebaut werden. Nur so kann garantiert werden, dass etwa der Schiffscontainer nach Malaysia nur sortierten Abfall enthält oder auf dem LKW in Richtung Polen tatsächlich die angegebenen Abfälle geladen sind.

NABU-Fazit: Exportverbot ausweiten!

Wenn Deutschland als eines der wohlhabendsten Länder der Welt mit einer der am besten ausgebauten Abfallstrukturen nicht in der Lage ist, seinen eigenen Abfall zu verwerten, dann zeigt dies eines: Wir leben über unsere Verhältnisse und produzieren eine Abfallmenge, die wir ohne die „Mithilfe“ anderer Länder nicht bewältigen könnten. Der wichtigste Ansatz ist daher, Abfälle erst gar nicht entstehen zu lassen. Hierfür braucht es gesetzlich verbindliche Abfallvermeidungsziele. Ferner müssen die Sortier- und Recyclinginfrastrukturen innerhalb Deutschlands ausgebaut werden.

In Bezug auf den Export von Plastikmüll fordert der NABU:

  • Verbot von Exporten in Länder außerhalb der EU: Egal ob sortiert oder unsortiert, egal ob OECD-Mitglied oder nicht, unser Plastikmüll hat weder in Südostasien noch in der Türkei etwas verloren. Die EU rühmt sich mit ihrer ambitionierten Kreislaufwirtschaftspolitik. Sie muss daher in der Lage sein, mit ihrem Müll selbst umzugehen, statt ihn in Länder zu exportieren, in denen sie keinen Zugriff auf die Infrastruktur hat und die Gefahr groß ist, dass die Plastikabfälle in der Umwelt landen.
  • Hochwertiges Recycling innereuropäischer Exporte: Das Näheprinzip der Abfallwirtschaft schreibt vor, dass Abfälle möglichst regional zu entsorgen sind. Exporte innerhalb der EU sollten daher auf ein Minimum reduziert werden und nur möglich sein, wenn ein hochwertiges Recycling in kontrollierten und vorab zertifizierten Anlagen garantiert ist.
  • Strenge Grenzwerte für Fremdstoffe in sortierten Abfällen: Je größer der Anteil an Fremdstoffen im Abfall, desto schwieriger das Recycling. Der EU-Grenzwert für Fremdstoffe in sortierten Plastikabfällen muss daher so gestaltet sein, dass ausschließlich Abfälle exportiert werden dürfen, die im Importland umfassend recycelt werden können.
  • Kontrollen, Transparenz und Nachvollziehbarkeit: Die zuständigen Kontrollbehörden, beispielsweise das Bundesamt für Güterverkehr, müssen ihre Kapazitäten ausbauen. Eine größtmögliche Transparenz über Exporteur, Importeur und Abfallzusammensetzung muss gewährleistet werden und Daten öffentlich zugänglich sein. Die Verwertung und der Verbleib der Abfälle im Importland müssen nachvollziehbar sein.

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Michael Jedelhauser
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