Warum das Geschäftsmodell Uber so problematisch ist
Kaum ein Tag vergeht, an dem der Fahrdienstleister Uber nicht mit Negativ-Schlagzeilen in der Presse ist. Das Unternehmen, dessen Börsengang im Sommer spektakulär missglückte, hat im Jahr 2018 etwa drei Milliarden Dollar Verluste erlitten. Dennoch belohnte es im selben Jahr seine fünf Spitzenmanager mit 143 Millionen Dollar, während die durchschnittlichen Löhne seiner Fahrer stetig sanken. Wie eine Schweizer Zeitung daraufhin süffisant bemerkte, seien die schlechtbezahlten Fahrer wohl nur ein „Übergangsprodukt“ mit dem Ziel, diese durch selbstfahrende Taxis zu ersetzen. Aber ausgerechnet in Kalifornien, der Heimat von Uber, ist kürzlich ein Gesetz verabschiedet worden, das Scheinselbstständigkeit verbieten und das Unternehmen zwingen soll seine Mitarbeiter fest anzustellen.
Uber im Streit mit Behörden
Während Uber auf die soziale Frage um Scheinselbstständigkeit und geringe Bezahlung der Fahrer eine Antwort schuldig geblieben ist, mehren sich indessen Konflikte an anderen Stellen. Am Montag lief Ubers Genehmigung in London aus. Die Entscheidung wurde von Transport for London, dem Londoner Verkehrsdezernat, mit einem erheblichen Sicherheitsproblem für Nutzer begründet: 14.000 Fahrten wurden demnach durch nicht registrierte Fahrer mit falschen Identitäten, teilweise ohne gültigen Führerschein, allein im Jahr 2018 angeboten. Ein nicht tragbares Risiko, so Bürgermeister Sadiq Khan, der dem Unternehmen die Zulassung entzog. Dies ist jedoch erst rechtsgültig, sobald ein Urteil über die mögliche Berufung durch Uber gefallen ist. Uber hat indessen die Entscheidung Londons als unbegründet kritisiert.
Die kürzlich bekannt gewordenen Sicherheitsbedenken sind vermutlich nicht der einzige Beweggrund der Londoner Stadtregierung, die bereits 2017 einen Versuch startete, Uber die Genehmigung zu entziehen, damit jedoch zunächst gescheitert war. Seit der Liberalisierung des Markes im Jahr 2012 sei die Zahl der taxi-ähnlichen Anbieter in London von 49.000 auf 88.000 gestiegen, während Uber allein 45.000 Fahrer in der britischen Hauptstadt einsetzt, so berichtet der Umweltverband Transport & Environment, in seiner kürzlich herausgegebenen Studie. Die Zahl korrespondiert mit etwa 50.000 gefahrenen Personenkilometer und 255 Kilotonnen CO2 im Jahr 2018. Auch in Paris zeichnet der Umweltverband ein ähnliches Bild: 58.000 gefahrene Personenkilometer und 180 Kilotonnen CO2 werden Uber-Fahrzeugen innerhalb eines Jahres zugeschrieben. Zusammen entsprechen die in beiden Metropolen durch Uber produzierten Abgase etwa einer Höhe von 250.000 privaten Pkws. Eine Gefahr für die ohnehin durch Stau und Abgase geplagten Großstädte, die den Trend zur Reduzierung des Verkehrsaufkommens droht umzukehren.
Uber in Deutschland: Transparenz fehlt
Mit wie vielen Fahrern Uber in Deutschland zusammenarbeitet, ist derzeit nicht bekannt. Ein Berliner Taxiverband schätzt, dass in Berlin etwa 3000 Uber-Fahrer, die teilweise im Umland zugelassen sind, unterwegs sind. Rückschlüsse darauf sollen die gesammelten Kennzeichen der Fahrzeuge, deren Verstöße gegen die sogenannte Rückkehrpflicht der Verband den Behörden gemeldet hat, geben. Uber selbst dementiert diese Zahl nicht und hat auch auf Nachfrage des NABU keine Auskunft dazu geben.
Die Fahrer, mit denen Uber in Deutschland zusammenarbeitet, sind in Deutschland im Mietwagengewerbe zugelassen. Das bedeutet, dass für sie die Rückkehrpflicht gilt. Sie sieht vor, dass Mietwagen-Fahrzeuge nach jeder Fahrt zum Betriebssitz zurückkehren müssen. Überdies müssen Aufträge zunächst dort zuerst eingehen und dürfen nicht direkt vom Fahrer angenommen werden. Geregelt wird dies im Personenbeförderungsgesetz, das demnächst novelliert werden soll.
Nun hat in Deutschland die Frankfurter Stadtpolizei damit begonnen, Uber-Fahrer zu kontrollieren und dabei Verstöße, ähnlich denen der Londoner Behörden, feststellen können: Von falschen Identitäten, fehlenden Personenbeförderungsscheinen zu Verstößen gegen die Rückkehrpflicht bis hin zu als „Betriebssitz“ fungierenden Wohnungen, die gar keine Stellplätze aufweisen. In Düsseldorf ist im April ein Uber-Partnerunternehmen verboten worden, da es den Auflagen der Stadt nicht nachgekommen ist.
Im Juli hatte das Landgericht Köln eine einstweilige Verfügung gegen den Service „UberX“ erwirkt, die jedoch mangels Zustellung an den niederländischen Sitz des Unternehmens, noch nicht gültig ist. Es ist nicht absehbar, dass Uber sich an dieses Verbot halten wird, da es indessen angekündigt hat, in einer weiteren Stadt, nämlich Stuttgart, seinen Dienst anzubieten.
Dass es so schwierig ist, das Unternehmen zu fassen zu bekommen, hat vielschichtige Gründe. Uber sieht sich als Vermittlungsapp und nicht als Fahrdienst und arbeitet mit selbstständigen Fahrern und Partnerunternehmen zusammen. Bei rechtlichen Verstößen sieht Uber die Verantwortung demnach beim jeweiligen Unternehmen oder Fahrern und nicht bei sich. Dass Uber-Partner im Mietwagengewerbe tätig sind, macht die Kontrollierbarkeit der Dienste für Behörden nahezu unmöglich. Grund dafür ist, dass spontan antretbare Fahrten, genannt „on-demand Ridesharing“, in diesem Gewerbe nicht vorgesehen ist. Auf eine Anfrage des NABU um Auskunft nach dem Umweltsinformationsgesetz, erklärt das Kraftfahrbundesamt (KBA), die deutsche Zulassungsbehörde: „Da sich die Schlüsselung der Wirtschaftszweige an der Zulassung orientiert, gibt es keine Codierung für Ridesharing.“ Anders gesagt: Dem KBA ist nicht bekannt, wie viele Fahrzeuge Uber und andere als Mietwagen zugelassene Dienste in Deutschland betreiben. Dies gilt ebenso für die Landeszulassungsbehörden sowie für die kommunalen Verkehrsdezernate, die auf die Daten der Zulassungsbehörden angewiesen sind.
Wie man Ridepooling sinnvoll gestalten kann
Diese Tatsache ist für Verkehrsplaner kommunaler Behörden folgenschwer. Eine Bezifferung der Uber-Fahrzeuge ist ihnen nicht möglich. Es fehlt somit auch die Steuerungsmöglichkeit dieser Fahrdienste durch die Kommunen. Wie aber sollen Verkehrsdezernate so ihrer Verantwortung über nachhaltige Stadtplanung nachkommen? Dass es anders geht, zeigen beispielsweise Unternehmen, die nach der Experimentierklausel des Personenbeförderungsgesetzes eine Sondergenehmigung bei den kommunalen Behörden erhalten haben, die eine Erprobung von Fahrdienstleistern für eine Zeit von bis zu vier Jahren zulässt, sofern sie nicht den öffentlichen Verkehrsinteressen entgegenstehen. Konkret bedeutet dies, dass kommunale Behörden das Recht haben, die Anzahl der genehmigten Fahrzeuge zu begrenzen oder Nutzungsdaten einzufordern, die beispielsweise aufzeichnen, welche Strecken zurückgelegt worden sind, welche Transportmittel stattdessen genutzt worden wären und somit Hinweise darüber geben, ob das Angebot eher zum zurücklegen der „letzten Meile“ genutzt wird oder im Wettbewerb mit Bus und Bahn steht. So erhebt die Stadt Berlin beispielsweise solche Daten über die Mobilitätsdienste CleverShuttle und Berlkönig. Bestenfalls kann eine solche Datengrundlage Antworten darüber geben, ob und wie digitale Mobilitätsdienste sinnvoll und ergänzend zum öffentlichen Nahverkehr eingesetzt werden können. Dies ist mit dem Modell Uber, sowie auch mit Freenow, das ebenfalls teilweise im Mietwagengewerbe angesiedelt ist, nicht möglich.
Eine Novellierung des Personenbeförderungsgesetzes muss einen klaren Rahmen für digitale Fahrdienste schaffen, der nachhaltige Stadtplanung in den Vordergrund stellt. Mehrverkehr, Stau und Abgase gilt es zu verhindern und somit muss gegeben sein, dass die Mobilitätsdienste nicht im Wettbewerb mit dem Umweltverbund stehen. Damit Verkehrsplaner zukünftig entscheiden können, inwiefern Fahrdienste sinnvoll eingesetzt werden können, müssen Daten jedes Fahrdienstes verpflichtend durch Kommunen gesammelt werden. Das Personenbeförderungsgesetz sollte deshalb eine solche sichere digitale Schnittstelle detailliert verankern. Anfordungen an Fahrzeugeffizienz, Antriebsart und Emissionen sollten an digitale Mobilitätsdienste aber auch an Taxis gestellt werden. Ebenso sollten Preiskorridore als Steuerungselemente der Kommunen verankert werden, um einen angemessenen preislichen Abstand zum ÖPNV zu garantieren. Schlussendlich muss auch die Begrenzung der Fahrzeuganzahl der Anbieter möglich sein. Da diese Kontrolle derzeit nicht im Mietwagengewerbe möglich ist, muss das Gesetz sicherstellen, dass sich jene Gewerbe ebenso wie diejenigen Unternehmen, die durch die Experimentierklausel zugelassen sind, innerhalb eines neuen Tatbestandes einordnen, der die oben genannten Anforderungen an eine nachhaltige Stadtplanung erfüllt. Eine Zulassung von Ridesharing im Mietwagengewerbe nach Paragraph 49 des Personenbeförderungsgesetz ist deshalb nicht sinnvoll und sollte vom Gesetzgeber ausgeschlossen werden.
- Warum das Geschäftsmodell Uber so problematisch ist - 2. Dezember 2019
4 Kommentare
Helena
15.06.2020, 08:52Der Fahrdienstleister hat Schwierigkeiten mit der Scheinselbstständigkeit, denn die Genehmigung für die Fahrer soll nicht jeder bekommen. Es geht um die Sicherheit der Nutzer, was die Zulassung des Unternehmens vor allem verhindert. Danke für den Beitrag über Uber-Unternehmen.
Lukowski
23.02.2020, 01:15Sehr geehrte Frau Wladarz, ich beschäftige mich aktuell intensiv mit der Frage wie es gelingen kann, fossil betriebene PKW möglichst schnell für deren Nutzer / Besitzer unatraktiv erscheinen zu lassen und auf Elektrofahrzeuge umzusteigen. Meine Ideen hierzu sind vielfältig. Da ich bisher jedoch noch keine zuverlässigen Daten finden konnte, wie hoch die CO2 Emission bei Elektroautos tatsächlich ist und auch die Nachteile bei der Herstellung der Batterien ja allgemein bekannt sind, wollte ich Sie fragen ob Sie mir Hinweise geben können, wo ich konkrete Daten zur Ermittlung des CO2 Ausstoßes finden kann und wie sie dem Konzept der Elektromobilität insgesamt gegenüberstehen? Könnte dieses Konzept unter der Bedingung einer grünen Energieeinspeisung ein denkbares Konzept sein ? Ich bin noch in den Anfängen meiner Überlegungen und daher für jede Hilfe dankbar
Uwe
05.12.2019, 09:47Sehr interessanter Artikel! Danke dafür.
Justyna Wladarz
05.12.2019, 10:11Vielen Dank für das Feedback!