Raphael Weyland Beiträge

Was macht die EU 2022 für die Natur?

Berlaymont-Gebäude der EU-Kommission. Foto: Europäische Union 2016.

Ein naturschutzpolitischer Ausblick auf das Jahr 2022

Liebe Blog-Abonnentinnen und Naturfreunde,

die letzten Monate lag der Fokus in Deutschland vermehrt auf der Bundestagswahl. Auch wenn einzelne Fragen zur Schwerpunktsetzung im Bereich Naturschutz und zur Arbeitsorganisation der neuen Bundesregierung noch offen sind: die Bundestagswahl hat hoffentlich beachtliche Auswirkungen auf den Naturschutz.  Gewisse Initiativen, Prozesse und Vorgaben der Europäischen Union (EU) kann dabei auch die neue Bundesregierung nicht ignorieren. Ich zeige in diesem Beitrag daher auf, was aus meiner Sicht im Jahr 2022 auf EU-Ebene besonders wichtig wird für den Natur- (und Umwelt-) schutz. Außerdem empfehle ich Ihnen schon hier als weitere Lektüre die fünf Punkte im Neujahrs-Beitrag des Direktors von BirdLife Europe, Martin Harper. 

Needed: The Kunming Agreement for biodiversity!

Beitrag auf englisch, darunter auf deutsch / Text in English then German

Doomed to failure: the compliance design of the draft Post-2020 Global Biodiversity Framework

The Post-2020 Global Biodiversity Framework is often compared with the Paris Climate Agreement. For Kunming, political leaders intend to create the „Paris Moment“ against the biodiversity crisis. It is thus now the moment to compare the compliance and implementation design of the draft text for biodiversity with the one for climate. To cut a long story short: In my opinion, the implementation mechanism and the overall legal approach to the future biodiversity agreement is doomed to fail. As my assessment will show, the chosen wording of the by now discussed text is timidly self-limiting and not built to deliver compliance.

Some details (find the full assessment here):

  • It already starts with the title – why do parties name the future biodiversity agreement a „framework“, where no one understands what this means?
  • Then, why is the purpose of the biodiversity agreement to (only) „galvanize“ action, whereas the climate agreement makes it clear that parties must undertake certain action.
  • Further reasons why the compliance design of the biodiversity agreement is doomed to fail: The non-binding architecture of the main commitments (action targets), no adequate tracking of success, nor a ratcheting-up once parties do not deliver.
  • Finally, also the technical implementation mechanism itself does lack of substance (such as a compliance committee which exists with other international treaties).

I am well aware that this assessment is harsh. It is a short and personal reflection that should primarily serve as a wake-up call. This text is drafted from a lawyer’s perspective, looking at “good regulation”. This means to create provisions that deliver, not such that are doomed to failure. The legal basis to do better is provided by the CBD, which entitles parties at the COP to undertake any additional action required for the achievement of the purposes of the convention. The most sophisticated wording of the text, and respectively its goals, milestones and action targets will not help them being implemented. What is now needed is political will for an agreement that has binding nature, (quasi) enforceable targets and a robust compliance mechanism. It is not too late to improve, let’s do it!

 

Zum Scheitern verurteilt: Die Umsetzungsarchitektur des Entwurfs des globalen Biodiversitäts-Abkommens

Das globale Post-2020 Biodiversitäts-Abkommen wird oft mit dem Pariser Klimaschutzabkommen verglichen. Die Politik möchte in Kunming den „Paris Moment“ gegen die Biodiversitätskrise schaffen. Es ist daher angebracht, die Umsetzungs- und Vollzugsarchitektur des Entwurfs des Biodiversitäts-Textes mit der des Klima-Textes zu vergleichen. Um es kurz zu machen: Meiner Meinung nach ist der Umsetzungsmechanismus und die rechtliche Herangehensweise an das zukünftige Biodiversitätsabkommen bisher zum Scheitern verurteilt. Wie meine Analyse zeigen wird, sind die gewählten Formulierungen des bisher diskutierten Biodiversitätstextes schüchtern und nicht auf verbindliche Umsetzung ausgerichtet.

Einige Details (hier die volle Analyse):

  • Es fängt schon mit dem Titel an – warum wird das zukünftige Biodiversitäts-Abkommen „Framework“ genannt, ein für jeden unverständlicher Begriff?
  • Dann, warum spricht der Text in der Zweckbestimmung so geschwollen davon, er wolle Handlungen „galvanisieren“, anstatt wie im Pariser Klimaschutzabkommen klarzumachen, dass der Text die Parteien zu konkreten Handlungen verpflichtet.
  • Weitere Gründe, warum der Umsetzungsmechanismus des künftigen Biodiversitätsabkommens zum scheitern verurteilt ist: die Hauptmaßnahmen/-ziele sind nicht in eine verbindliche Struktur eingebunden, und es fehlt an einem effektiven Mechanismus zur Überwachung der Zielerreichung sowie zur Nachsteuerung.
  • Und schließlich ist auch der technische Umsetzungsmechanismus inhaltsleer, beispielsweise mangelt es an einem Vollzugs-Gremium (das es bei anderen völkerrechtlichen Verträgen gibt).

Mir ist bewusst dass dies eine harte Analyse ist. Es ist eine kurze persönliche Abhandlung, die hauptsächlich als Alarmruf dienen soll. Der Text ist aus der Sicht eines Rechtswissenschaftlers geschrieben, der „gute Gesetzgebung“ im Blick hat. Gute Gesetzgebung bedeutet, Regeln zu schaffen, die effektiv liefern, nicht solche, die zum scheitern verurteilt sind. Die völkerrechtliche Grundlage hierfür bietet die Biodiversitätskonvention CBD, welche die Parteien ermächtigt, alle nötigen Schritte zu beschließen, um die Biodiversitätskrise zu adressieren. Jede noch so ausgefeilte Formulierung des Textes bzw. seiner Ziele und Maßnahmen werden nicht helfen, die Maßnahmen auch umzusetzen. Was es jetzt braucht, ist politischer Wille für einen völkerrechtlich verbindlichen Vertrag mit (quasi) vollziehbaren Verpflichtungen und einem robusten Durchsetzungsmechanismus. Noch ist es nicht zu spät, an die Arbeit!

In diesem Blog berichtet der NABU, wie Deutschland, die EU und die Welt ein neues globales Rahmen-Abkommen für die Biodiversität verhandeln (im Rahmen der Konvention über die biologische Vielfalt, CBD), welche Ziele bis 2030 gesetzt werden, und wie es um die Umsetzung in Deutschland steht.

EU-Biodiversitätsstrategie: auch Europaparlament gibt grünes Licht und verlangt Nachschärfungen

Europaparlament, Straßburg. Foto: Udo Pohlmann, Pixabay

Europaparlament bezieht Stellung

Vor rund einem Jahr hatte die EU-Kommission ihre EU-Biodiversitätsstrategie bis 2030 veröffentlicht (siehe zum Inhalt unseren Naturschätze.Retten-Blog). Der Umweltrat als einer der Ko-Gesetzgeber gab sein grünes Licht zu dieser Kommissions-Mitteilung noch unter deutscher Ratspräsidentschaft im Oktober 2020. Dabei begrüßte er die Blaupause des EU-Umweltkommissars Sinkevicius vollumfänglich, ohne allzutief in Details einzusteigen. Mit dem heute bekannt gegebenen Ergebnis der gestrigen Abstimmungen des Europaparlaments hat nun auch der zweite Ko-Gesetzgeber der EU sein grünes Licht für den von der EU-Kommission geplanten Biodiversitätsschutz erteilt.

Konferenz zur Zukunft Europas

Die Europäische Union jetzt weiterentwickeln!

Jenseits der EU-Blase wurde es vermutlich kaum wahrgenommen, deutsche Medien berichteten wenig über den Europatag, und der vor allem virtuelle Charakter der Auftakt-Veranstaltung dürfte bei der herrschenden „Zoom-fatigue“ ebenfalls nicht für gesteigerte Zuschauer-Euphorie gesorgt haben. Ein wenig mehr Aufmerksamkeit soll dieser kurze Beitrag dem Thema verschaffen, denn die Europäische Union geht uns alle an: Am gestrigen Europatag, den 9. Mai, startete offiziell die Konferenz zur Zukunft Europas (gemeint ist vor allem die Zukunft der Europäischen Union).

 

Breite Unterstützung für „Restore Nature“ – Kampagne

Mehr als 100.000 Bürger*innen fordern EU-Renaturierungsziele mit Biss

In ihrer auf den European Green Deal zurückgehenden EU-Biodiversitätsstrategie hatte die EU-Kommission im Mai 2020 angekündigt, bis Ende 2021 verbindliche Ziele für die Renaturierung von Ökoystemen vorzulegen. Verbindliche Ziele verlangen nach einer EU-Richtlinie oder -Verordnung. Die internen Leitfäden zur besseren Rechtsetzung sehen daher unter anderem eine Öffentlichkeitsbeteiligung vor. Diese Konsultation lief bis Ostermontag. Alleine über den vom NABU unterstützten Appell #RestoreNature beteiligten sich in den letzten Wochen 104.188 Bürger*innen.

Rechtsschutz, Aarhus und Brüssel

Gerichtshof der Europäischen Union (Foto: EU)

Blockade gegen mehr Rechtsschutz bei EU-Entscheidungen

Die Aarhus-Konvention ist Vielen ein Begriff. Sie regelt den Zugang zu Umweltinformationen sowie die Partizipation und den Rechtsschutz in Umweltangelegenheiten.

Brexit: Deal, Umwelt und aus?

Die EU und Großbritannien. Foto Willfried Wende

 

Liebe Leserinnen und Leser,

ich weiß dass der Brexit bei vielen von uns nicht (mehr) zu den Lieblingsthemen zählt. Auch ich habe andere Favoriten. Trotzdem kann und möchte ich Ihnen und Euch diesen Text nicht ersparen. Denn schließlich hat das künftige Verhältnis zwischen der Europäischen Union und Großbritannien Auswirkungen für den Umwelt-, Klima- und Naturschutz. Ganz ausblenden sollten wir das Thema also auch in Zukunft nicht. Aber seht selbst!

EU-Naturschutzpolitik: Ein Jahresrück- und Ausblick

Berlaymont-Gebäude der EU-Kommission. Foto: Europäische Union 2016.

Superjahr gestutzt, nicht beerdigt, und weiter geht’s!

Liebe Leserinnen und Leser, das aus vielerlei Hinsicht herausfordernde Jahr 2020 neigt sich dem Ende entgegen. Dies ist ein guter Moment für einen Rückblick auf die vergangenen Monate und einen Ausblick auf das kommende Jahr. Eben jener Aufgabe widme ich mich im Folgenden mit meiner Brüsseler Umweltrechtsperspektive. Ihnen viel Spaß beim Lesen, erholsame Festtage, und alles Gute für 2021. Lassen Sie uns das neue Jahre gemeinsam zum Superjahr machen, für jeden persönlich sowie für den Natur- und Klimaschutz ergo unserer aller Lebensgrundlagen!

 

Staffelstabübergabe: Ratspräsidentschaft beginnt

 

Berlaymont-Gebäude der EU-Kommission. Foto: Europäische Union 2016.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Deutschland muss grundlegende Transformation anstoßen, um Klima- und Biodiversitätskrise vorzubeugen!

Am heutigen 1. Juli hat Deutschland den Staffelstab von Kroatien übernommen. Die verschiedenen Minister*innen werden nun für sechs Monate den Vorsitz in ihren jeweiligen Ratsformationen innehaben. In dieser Zeit kann die Bundesregierung politische Akzente setzen, konkrete Initiativen starten, und entsprechend auf Initiativen der EU-Kommission reagieren. Gleichzeitig stehen wichtige Entscheidungen auf EU-Ebene an, beispielsweise über den Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) und Wiederaufbaufonds, die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) oder das Klimaschutzziel der EU.

EU-Strategien ambitionierte Blaupausen für Schutz der Biodiversität

Berlaymont-Gebäude der EU-Kommission. Foto: Europäische Union 2016.

Die NABU Einzelbewertung: EU-Biodiversitätsstrategie und Farm-to-Fork-Strategie

Am Mittwoch hat die EU-Kommission die ursprünglich bereits für den 26. Februar angekündigten zwei Strategien vorgestellt (zur Verzögerung siehe z.B. diesen Naturschätze-Retten Blog). Diese sind Teil des Gesamtpakets des European Green Deals und sollen nichts weniger als die Europäische Union weltweit führend machen beim Schutz der Biodiversität und das Ernährungs- und Landnutzungssystem nachhaltig „vom Acker bis zum Teller“. In der ersten kurzen NABU-Pressereaktion waren wir uns mit vielen anderen Naturschützern einig: alles in allem ist der EU-Kommission ein großer und ambitionierter Wurf gelungen. Hier im Naturschätze.Retten-Blog analysiere ich für den NABU nun ausführlicher die Stärken und naturgemäß vorhandenen Schwächen der beiden Kommissionsmitteilungen und liefere eine Einzelanalyse der verschiedenen Ziele und Verpflichtungen. Außerdem zeige ich auf, wie es nun weitergeht. Der Text fällt deswegen etwas länger aus. Viel Spaß beim Lesen!