Sommerzeit ist Seehundzeit: Seehunde, Heuler und der Kreislauf der Natur
Zurzeit kann ich an der Süd- und Nordspitze der Insel viele Seehundmütter mit ihren frisch geborenen Jungtieren beobachten, manchmal sogar direkt am Strand vor meiner Hütte. Von Ende Mai bis Anfang Juli werden die Seehundwelpen auf ungestörten Sandbänken geboren. Hierfür ist Trischen also ein idealer Ort.
Seehunde – im allgemeinen Sprachgebrauch oft einfach als Robben bezeichnet – sind die bekanntesten Meeressäuger unserer Küsten. Seit den 1990er Jahren hat sich ihr Bestand im Wattenmeer erfreulich erholt. 2024 wurden im schleswig-holsteinischen Wattenmeer etwa 8.500 Tiere gezählt. Seit 2020 ist jedoch ein leichter Rückgang zu beobachten – die genauen Ursachen sind bislang unklar (Galatius et. al., 2024)
Seehundjunge können unmittelbar nach der Geburt schwimmen und folgen instinktiv ihren Müttern. Das ist auch notwendig, denn viele Sandbänke im Wattenmeer werden bei Flut vollständig überspült. Sie dienen den Tieren nur während Ebbe als Ruhe-, Geburts- und Säugeplätze.

Seehundmutter mit Jungtier
Immer wieder kommt es durch Störungen oder Sturmfluten dazu, dass sich Mutter und Kind verlieren. Verlassene Jungtiere nennt man „Heuler“ – benannt nach den klagenden Lauten, die als Kontaktrufe zur Mutter dienen.
Auch hier auf Trischen finde ich zurzeit immer wieder Heuler am Strand. Viele Jungtiere verschwinden bereits nach einer Nacht – meist weil die Mutter zurückkehrt. Andere finden ihre Mütter nicht mehr und sterben.
Trischen liegt in der streng geschützten Schutzzone 1 des Nationalparks. Hier gilt: „Natur Natur sein lassen“. Deshalb wird in den meisten Fällen nicht eingegriffen. Dann sind sie eine wichtige Nahrungsquelle für zahlreiche aasfressende Insekten, die durch das Wegräumen von Kadavern selten geworden sind. Säugetierkadaver übernehmen nämlich eine wichtige Rolle in unserem Ökosystem. Hierfür werden auch auf Trischen tote Meeressäuger beprobt. Die Datenaufnahme ist Teil eines Projekts des Nationalparks Bayerischer Wald.

Etwa eine Woche alter Kadaver eines Heulers
Wichtig ist jedoch: Nicht jeder Heuler ist wirklich verlassen. Häufig sind die Mütter nur auf Nahrungssuche und kehren zurück. Außerdem sind die Zeiten in denen die Jungtiere gesäugt werden können begrenzt. Dies geht nämlich nur an Land, während das Meer, die Sandbänke bei Ebbe wieder freilegt. Wer also einen Heuler findet, sollte immer Abstand halten, Hunde anleinen und die zuständige Polizei oder Seehundstation benachrichtigen. Wenn das Tier tatsächlich Hilfe braucht, wird es, im schleswig-holsteinischen Wattenmeer, zur Seehundstation in Friedrichskoog gebracht, dort aufgepäppelt und später wieder ausgewildert. Weitere Informationen finden sich auf der Homepage der Seehundstation.

Zwei „Heuler“ auf Trischen – am guten Ernährungszustand ist jedoch erkennbar, dass sie nicht in Not sind
Die meiste Zeit bekommt man Seehunde nur aus der Ferne zu Gesicht – was auch gut ist, denn so bleiben sie ungestört. Wer Seehunde ganz aus der Nähe sehen möchte ohne zu stören, kann die Seehundstation Friedrichskoog besuchen. Um Seehunde in freier Wildbahn zu erleben, lohnt sich eine der vielen geführten Ausflugsschifffahrten. Von dort aus lassen sich die Tiere mit etwas Glück beim Ruhen oder Schwimmen beobachten.
Genießt euren Sommer – ob mit oder ohne Seehundbeobachtung!
Eure Naturschutzwartin 2025
Mareike Espenschied