EU-Politik Beiträge

EU-Umweltminister beraten Naturschutzpolitik

EU FlaggeSpät im Jahr, am morgigen Mittwoch, dem 16.12.2015, ein weiterer Höhepunkt in der Saga um die EU-Naturschutzrichtlinien. Auf ihrem regulärem Ministerratstreffen werden die EU-Umweltminister (Deutschland wohl vertreten durch Staatssekretär Jochen Flasbarth) die Zwischenbilanz der EU-Biodiversitätsstrategie für 2020 diskutieren. Die EU-Kommission (und auch wir selbst im BirdLife-Netzwerk) hat dazu eine ausführliche Evaluierung vorgelegt, die zeigt, dass Halbzeit in diesem Fall nicht „wir sind auf halbem Weg“ heißt. Die Kernbotschaft der Daten lautet: Während die EU-Naturschutzrichtlinien stellenweise beginnen zu wirken, verhindern schädliche Agrarsubventionen sowie die zögerliche Umsetzung und Finanzierung von Natura 2000 durch die Mitgliedsstaaten eine Trendwende beim Kampf gegen das Artensterben.

Rückenwind aus Belgien

flagge-belgienAls elfter EU-Mitgliedsstaat hat sich nun auch Belgien in einem Brief an EU-Kommissar Karmenu Vella gewandt und sich gegen Änderungen am EU-Naturschutzrecht ausgesprochen (PDF download, auf französisch). Zuvor hatten bereits neun Umweltminister (aus Deutschland, Frankreich, Spanien, Polen, Italien, Rumänien, Slowenien, Kroatien und Luxembourg) einen gemeinsamen Brief geschickt, anschließend auch Griechenland. In den Niederlanden hat das Parlament per Mehrheitsbeschluss die Regierung aufgefordert, ein entsprechendes Schreiben auf den Weg zu bringen.

Nächsten Mittwoch, am 16.Dezember 2015, werden sich alle EU-Umweltminister in Brüssel treffen, um über Maßnahmen zum Stop des Artenschwunds bis 2020 zu beraten. Dabei werden sich vermutlich auch viele auch zu den Naturschutzrichtlinien äußern. Der NABU und seine europäischen Partner werden die (vermutlich öffentlich übertragene) Sitzung auf Twitter (#NatureAlert) und in der Presse kommentieren. Näheres dann nächste Woche auch in diesem Blog.

Parlament zwingt Regierung auf Naturschutzkurs

300px-Flag_of_the_Netherlands.svgIn einer ungewöhnlichen Abstimmung hat heute das niederländische Parlament den für Naturschutz zuständigen Agrarminister Martijn van Dam aufgefordert, sich nicht länger für eine Änderung und Abschwächung der EU-Naturschutzrichtlinien einzusetzen. Mit Mehrheit wurde ein Antrag angenommen, der ihn stattdessen auffordert, der Europäischen Kommission schriftlich darzulegen, dass die Niederlande den Erhalt dieser wichtigen Gesetze fordern. Die Niederlande führen bisher eine kleine Gruppe von EU-Staaten an, die eine Lockerung der Richtlinien wünschen.

Durch die Initiative der Volksvertretung müsste nun auch die niederländische Regierung auf die Linie einschwenken, die Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (einvernehmlich mit Landwirtschaftsminister Schmidt) und weitere Ministerkollegen aus Frankreich, Polen, Spanien, Italien, Rumänien, Kroatien, Slowenien und Griechenland vorgegeben haben: Sie fordern die EU-Kommission eindeutig auf, ihre Pläne für eine „Modernisierung und Verschmelzung“ der Vogelschutz- und der sogenannten FFH-Richtlinie aufzugeben und sich stattdessen auf die Umsetzung und Finanzierung dieser wichtigen Naturschutzgesetze zu konzentrieren.

Dies ist ein weiterer wichtiger Beweis für die Tatsache, dass die Europäerinnen und Europäer im Gegensatz zu manchen Lobbyisten eine starke Rolle der EU im Naturschutz wünschen. Bereits im Sommer hatte die Bürgerbefragung zur Zukunft der Naturschutzrichtlinien eine Rekordbeteiligung ausgelöst: über 90% der Teilnehmer waren für den Erhalt der Richtlinien. Im Herbst schrieben dann Vertreter fast aller Fraktionen im EU-Parlament mit gleichlautender Botschaft an die EU-Kommission, gefolgt von einer Stellungnahme der europäischen lokalen und regionalen Regierungen (Ausschuss der Regionen).

Im Frühjahr muss die Spitze der EU-Kommission Klartext reden, wenn sie die Ergebnisse des „Fitness-Checks“ der Richtlinien veröffentlichen. Wir hoffen sehr, dass Präsident Juncker und sein Vizepräsident Timmermans die Stimme des Volkes dabei beachten werden.

Inoffizielle Übersetzung des Beschlusses in englischer Sprache:
The House of Representatives, having heard the debate, noting that the Birds and Habitats Directive is seen in society as a good Directive to achieve European nature conservation; noting that the European Commission within the framework of the program „Better Regulation“ is conducting an evaluation of the Birds and Habitats Directive; noting that ministers of nine EU member states in a letter to Commissioner Vella, have asked to leave the Birds and Habitats Directive unchanged and to make improvements in the implementation of the Directive; noting that seven of the nine groups in the European Parliament have already made a similar request to the Eurocommissioners Timmermans and Vella; believes that also the Netherlands want to retain the Birds and Habitats Directive in its current form and want improvements in their implementation; calls on the government, to convey this message in writing to the European Commissioners Timmermans and Vella, and proceeds to the order of the day.

People, people, people: NABU-Workshop in Brüssel

Durchbruch für die Biologische Vielfalt bis 2020 – Was muss die EU tun?

Zur Stunde diskutieren in Brüssel Vertreter von EU-Institutionen, Regierungen und Naturschutzverbänden darüber, wie die EU-Naturschutzrichtlinien künftig besser umgesetzt werden können. Der Workshop, organisiert vom NABU und seinem Dachverband BirdLife Europe, ist Teil des Projekts „EU-NaturExchange“, das vom Bundesamt für Naturschutz (BfN) mit Mitteln des Bundesumweltministeriums (BMUB) druchgeführt wird. Ziel ist es, den laufenden „Fitness Check“ der EU-Naturschutzrichtlinien zu nutzen, um die bestehenden Defizite bei deren Umsetzung, Finanzierung und Durchsetzung zu beheben. Hier ein kurzer Bericht mit weiterführenden Links:

Workshop pic

Foto: Kristina Richter

Die nächsten Schritte des „Fitness-Checks“

Für die EU-Kommission erklärte Nicola Notaro, Referatsleiter Naturschutz, den Stand des „Fitness-Checks“ der EU-Naturschutzrichtlinien. Nach der großen Brüsseler Konferenz am 20.November und der Veröffentlichung der vorläufigen Ergebnisse der beauftragten Experten wird für Anfang 2016 der finale Bericht erwartet. Basierend auf dieser umfangreichen Studie plant die Kommission im Frühjahr ein Arbeitspapier („Staff Working Paper“) zu veröffentlichen, in dem sie die lange ersehnte Antwort auf die Frage gibt, ob die beiden Naturschutzrichtlinien wirksam, effizient und noch relevant sind, außerdem ob sie zu einander und zu den anderen EU-Richtlinien passen (Kohärenz), sowie ob die einen europäischen Mehrwert darstellen verglichen mit rein nationalen Naturschutzaktivitäten. Später im Jahr 2016 wird die Kommission dann konkrete Schritte vorschlagen, und damit entscheiden, ob sie eine Änderung der Richtlinien für notwendig hält oder deren bessere Umsetzung. Was  man unter „besserer Umsetzung“ verstehen sollte, und was die EU dafür tun könnte, ist Thema der folgenden Präsentationen und Diskussionen.

Live aus Brüssel: NABU-Konferenzticker (Teil 2)

Hiermit geht unser Live-Blog zu Ende. Danke an alle, die so lange durchgehalten haben!

Es war eine denkwürdige Erfahrung zu sehen, wie immer mehr Interessensgruppen, immer mehr Regierungen sich im Laufe des Tages für die Naturschutzrichtlinien ausgesprochen haben. Bis auf einige unverbesserliche Lobbies scheinen wir im letzte Jahr sehr viele Menschen, Organisationen und Institutionen davon überzeugt zu haben, dass es sich lohnt, gemeinsam für die Natur zu arbeiten. Das ist sehr ermutigend – aber noch ist nichts entschieden. In jedem Fall werden wir uns stark einsetzen, die Umsetzung der Richtlinien zu verbessern. Die Liste, die die  EU-Kommission am Ende der Konferenz verkündet hat, entspricht ziemlich genau dem, was wir auch für nötig halten!

Nachtrag: Die Teilnehmerliste, die meisten Vorträge und den Videomitschnitt findet man inzwischen hier.

17:25 Abschluss durch den Generaldirektor Umwelt der EU-Kommission

Sinngemäße Zitate von Daniel Calleja Crespo „Was nun: Die EU-Kommission wird im Frühling die finalen Schlussfolgerungen der Kommission über den Fitness Check veröffentlichen. Die Diskussion in den Niederlanden (Konferenz im Juni 2016) wird helfen, die konkreten Vorschläge zu definieren, die wir dann machen werden.

Welche Vorschläge werden das sein? Vorläufig kann die Kommission sagen:

  1. Dieser Fitness-Check muss im breiteren Kontext der Biodiversität gesehen werden. Vor allem die Rolle der Richtlinien außerhalb von Natura 2000, und Maßnahmen in der ganzen Landschaft, die das Netzwerk unterstützen können.
  2. Das Thema der Finanzierung muss angegangen werden.
  3. Wir müssen die bessere Umsetzung angehen. Best practice, training, guidance, intelligente Lösungen. Hieran müssen wir besser arbeiten. IMPLEMENTATION BECOMES CRITICAL.
  4. Mehr Durchsetzung. Die Kommission ist bereit ihre Rolle auszufüllen als Hüterin der Verträge. Wir werden von den Mitgliedstaaten verlangen, dass die Regeln auch wirklich eingehalten werden.
  5. Die Verbindungen zur Wirtschaft und Arbeitsplätzen, es gibt viele Verbindungen, die angegangen werden können.

Fortschritt geht dann, wenn es keine Konflikte zwischen den Gruppen gibt. Der Fitness-Check hat gezeigt, dass es gemeinsame Interessen gibt. Es sollte möglich sein, die notwendingen Gemeinsamkeiten zu finden. Was auf dem Spiel steht, ist viel zu groß, als dass wir es uns leisten können zu scheitern.

Schließlich müssen wir das Bewusstsein für die Bedeutung der Biodiversität noch viel weiter steigern.

Viel Arbeit liegt vor uns. Wir werden gut mit den kommenden Ratspräsidentschaften von Luxembourg, den Niederlanden und der Slowakei zusammenarbeiten.

Ich möchte Kommissar Vellas Botschaft wiederholen. Er hat seine persönliche Hoffnung geäußert, dass die Richtlinien eine gute Rolle für die Biodiversität spielen.

Meine persönliche Schlussfolgerung ist, was ich auf den Plakaten der NGOs gesehen habe: NATURE MATTERS. Wenn wir die Gesetzgebung umsetzen, und das zusammen tun, können wir es schaffen! Danke!“

Live aus Brüssel: Der NABU-Konferenzticker (Teil 1)


Mittagspause in Brüssel! Weiter geht’s um 14:45 Uhr – hier klicken für den zweiten Teil!

Der erste Teil der Konferenz war zum großen Teil ein klares Bekenntnis zu den Naturschutzrichtlinien aus sehr vielen Richtungen. Beachtlich die positiven Worte der britischen Regierung und einiger Industrievertreter, erwartbar die Angriffe der Wald- und Grundbesitzer. Aber es wird klar, dass sie sich zunehmend isolieren. Spannend wird der Auftritt der ebenfalls bisher kritischen niederländischen Regierung am Nachmittag.


12:50, Lebhafte Debatte mit ungewöhnlichen Allianzen

mike clarkMike Clarke, Chef des größten Umweltverbands in Europa, der Royal Society for the Protection of Birds (RSPB) gibt wie zu erwarten ein starkes Statement für die Naturschutzrichtlinien ab. Unterstützt wird er vom Verband der europäischen Zementindustrie (CEMBUREAU), die sich schon länger für den Erhalt der Naturschutzrichtlinien einsetzen.

Einer der Väter der FFH-Richtlinie, Stanley Johnson (Vater des derzeitigen Londoner Bürgermeister) ist auch im Raum. Er spricht von dem starken Baum, der aus der Saat hervorgegangen ist – und appelliert an alle, die Erfolge nicht aufs Spiel zu setzen.

Dagegen feuert die finnische Forstindustrie „wir können nicht alles schützen“

 


12:40, Landbesitzerlobby greift NGO-Kampagne anlandowner

Der Sprecher der Europäischen Großgrundbesitzer schlägt einen schärferen Ton an. Die Umweltverbände hätten Bilder von „süßen Tieren“ missbraucht für ihre Kampagne anstatt vernünftig zu diskutieren….

Showdown für die Natur: 20. November in Brüssel

Erinnern Sie sich an NatureAlert? Im Sommer haben wir die Europäische Kommission dazu aufgerufen, die EU-Naturschutzrichtlinien nicht anzutasten, sondern besser durchzusetzen. Mit 520.325 Teilnehmerinnen und Teilnehmern darunter 100.000 aus Deutschland, war die Kampagne #NatureAlert ein riesiger Erfolg. Vielen Dank an alle, die sich mit uns für den europäischen Naturschutz stark gemacht haben!

Aber die Schlacht ist noch nicht gewonnen: Mehrere Regierungen und einflussreiche Lobbysiten streben weiterhin eine Schwächung der EU-Naturschutzrichtlinien an. Am kommenden Freitag, dem 20. November, lädt die Europäische Kommission Politiker, Experten und Interessensvertreter zu einer großen Konferenz nach Brüssel, auf der sie letztmalig alle Meinungen anhört. Dann wird sie im Winter entscheiden, ob sie unserer Naturschutzgesetze noch für zeitgemäß hält…
Nature Alert Vorschaubild

Helfen Sie uns, die EU-Konferenz in Brüssel zu einer Demonstration für die Natur zu machen!

Wir  organisieren derzeit die Teilnahme von Naturschützern aus fast allen EU-Staaten an der Konferenz. Alleine der NABU wird mit drei Mitarbeitern vertreten sein. Gleichzeitig ist aber zu erwarten, dass auch naturschutzfeindliche Lobbies dort stark auftreten werden. Wir müssen sicher stellen, dass der EU-Kommission auch nach der Konferenz noch klar ist: die europäischen Bürgerinnen und Bürger wollen die Umsetzung unserer starken Naturschutzgesetze und nicht eine Verwässerung! Dafür brauchen wir auch die Unterstützung von allen Naturfreunden, die nicht vor Ort dabei sein werden. Das können Sie am Freitag tun:

Hintergrund: Wo stehen wir bei der Rettung der Naturschutzrichtlinien?

NatureAlert zeigt Wirkung! NatureAlert hat alle unsere Erwartungen übertroffen: Mit 520.325 Unterstützern aus allen EU-und einigen Nicht-EU-Ländern haben wir die höchste Beteiligung bei einer EU-Bürgerbefragung aller Zeiten erreicht. Weit über 90 Prozent aller befragten Bürgerinnen und Bürger votierten für die Beibehaltung der wichtigen Naturschutzgesetze – trotz der Gegenkampagnen von Agrarindustrie und Großgrundbesitzern.

Die Botschaft ist angekommen. Der Vizepräsident der EU-Kommission Frans Timmermans und der EU-Umweltkommissar Karmenu Vella sehen den Erfolg von NatureAlert bereits als klaren Beweis dafür, dass die EU eine starke Naturschutzpolitik braucht. Sie beteuern, dass mögliche Änderungen der Richtlinien keinesfalls die geltenden Standards senken sollen. Darauf dürfen wir uns aber nicht verlassen. Die finale Entscheidung hierzu treffen nämlich das EU-Parlament und die Regierungen der Mitgliedstaaten, wo sich viele Naturfeinde formieren. Die Naturschutzrichtlinien sind also noch nicht gerettet!

Ein weiterer Erfolg: Als Reaktion auf NatureAlert schrieben inzwischen zehn EU-Umweltminister, angeführt von ihrer deutschen Amtskollegin Barbara Hendricks, einen Brief an die EU-Kommission. Ihre Botschaft: Die EU-Naturschutzrichtlinien sollen in der jetzigen Form erhalten bleiben. Einen ähnlichen Brief schickten kürzlich auch Vertreter aller großen Parteien des EU-Parlaments. Weitere Informationen dazu hier!

BundesumweltministerinBarabara Hendricks initiiert Allianz gegen die Öffnung der EU-Naturschutzrichtlinien ()

BundesumweltministerinBarabara Hendricks initiiert Allianz gegen die Öffnung der EU-Naturschutzrichtlinien (Foto: EU)

Und schließlich: Die fachliche Bewertung durch die von der Kommission beauftragten Experten stützt (wie erwartet) vollständig unsere Position. Nach einer umfangreichen Evaluierung von Literatur, Expertenbefragungen, Anhörungen und Fragebogenanalysen in allen EU-Staaten kommen die Institute zu der Ansicht, dass die EU-Naturschutzrichtlinien äußerst wirksam, kosteneffizient und nach wie vor modern und notwendig sind. Außerdem passen sie gut zu anderen EU-Umweltgesetzen – und zueinander: Eine Verschmelzung von Vogelschutz- und FFH-Richtlinie sollte jetzt aus Expertensicht kein Thema mehr sein. Und last but not least: Aus der Analyse wird vollkommen klar, dass die Natur nur durch gemeinsame europäische Anstrengungen gerettet werden kann!

Wichtige Links und weitere Informationen im Überblick

 

 

Naturschutzrichtlinien fit. EU-Kommission stellt erste Ergebnisse des Fitness-Checks vor.

Eine Woche vor einer entscheidenden Konferenz in Brüssel zur Zukunft des EU-Naturschutzrechts (wir werden an dieser Stelle berichten!), stellte die EU-Kommission heute zwei wichtige Berichte ins Internet: Die vorläufigen Ergebnisse des Fitness-Checks der EU-Naturschutzrichtlinien (PDF-Download, Englisch) und die Analyse der EU-Bürgerbefragung vom Frühsommer 2015 (PDF-Download, Englisch).

Nach erstem Überfliegen bestätigen beide Dokumente in eindrucksvoller Weise, das was der NABU und andere Umweltverbände schon seit längerem betonen: Die EU-Naturschutzrichtlinien sind die richtigen Instrumente, was fehlt ist ihre ernsthafte Umsetzung und Finanzierung, durch die Mitgliedstaaten unterstützt durch die EU. Und: die ganz große Mehrheit der Öffentlichkeit ist gegen eine Neuverhandlung der Richtlinien, aber für eine starke Rolle der EU im Naturschutz. Auch eine Verschmelzung der Richtlinien sollte nun zumindest aus fachlicher Sicht vom Tisch sein.

naturealert

Mit dieser Kampagne haben wir gezeigt: EU-Bürger wollen Naturschutz.

Was fehlt ist nun eine politische Entscheidung der Kommissionsspitze wie es weitergeht. Diese könnte sich auf der Konferenz nächste Woche abzeichnen. Offiziell soll dies aber erst im Frühjahr bekannt gegeben werden. Man will auch noch abwarten wie sich die EU-Umweltminister und EU-Parlamentarier im Winter äußern.

Umweltminister und Europaabgeordnete verteidigen die EU-Naturschutzrichtlinien – Weitere deutliche Signale an die EU-Kommission!

Bundesumweltministerin Barabara Hendricks initiiert Allianz gegen die Öffnung der EU-Naturschutzrichtlinien (Fotos: The European Union)

Bundesumweltministerin Barbara Hendricks initiiert Allianz gegen die Öffnung der EU-Naturschutzrichtlinien (Fotos: The European Union)

Wie schon in unserer Eilmeldung am 27. Oktober mitgeteilt, haben sich auf Initiative von Bundesumweltministerin Barbara Hendricks neun Umweltminister in einem gemeinsamen Brief an EU-Umweltkommissar Karmenu Vella gegen die Öffnung der EU-Naturschutzrichtlinien (Vogelschutz- und Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie) ausgesprochen und stattdessen deren bessere Umsetzung gefordert. Der gemeinsame Brief wurde auf dem EU-Umweltministerrat am 26. Oktober in Luxemburg unterzeichnet und an Kommissar Vella übergeben. Die Allianz der Umweltminister umfasst neben Hendricks und ihrer luxemburgische Amtskollegin – und derzeitigen Präsidentin des Umweltministerrates – Carole Dieschbourg auch die Umweltministerinnen und Umweltminister aus Frankreich, Spanien, Italien, Polen, Slowenien, Rumänien und Kroatien. Update vom 15.Dezember: Inzwischen haben sich auch Griechenland, Belgien und Litauen dieser Allianz für die Natur angeschlossen.

Auf den ersten Blick mag es wenig erscheinen, dass nur zehn von 28 Umweltministern den Brief unterschrieben haben. Da die Stimmen in den EU-Ministerräten aber nach einem bestimmten Schlüssel errechnet werden, der unter anderem die Einwohnerzahl der Mitgliedstaaten berücksichtigt, hat diese Allianz mit großen Staaten wie Deutschland, Frankreich, Spanien und Polen ein großes Gewicht: die Unterzeichnerländer vertreten immerhin 63 Prozent der Bevölkerung der EU-Mitgliedstaaten. Nach dem Ergebnis der öffentliche Konsultation der EU-Kommission, bei der im Sommer mehr als 520.000 Bürgerinnen und Bürger aus allen Mitgliedstaaten die Erhaltung der Richtlinien forderten, ist der Brief der Umweltminister ein weiteres wichtiges Signal an Kommissionspräsident Juncker, jetzt Vorschläge zur besseren Umsetzung der Richtlinien vorzulegen, statt eine Schwächung der wichtigsten Gesetze zum Schutz unseres gemeinsamen Naturerbes zu riskieren.

Unterstützung auch vom EU-Parlament

Weitere wichtige Unterstützung erhielt der Kampf um die Naturschutzrichtlinien nur einen Tag später: Am Rande der Plenarsitzung des Europaparlaments in Straßburg haben am Dienstag (27.10.) der Berichterstatter („rapporteur“) für einen EP-Bericht zur Umsetzung der EU-Biodiversitätsstrategie und seine Co-Berichterstatter („shadows“) aus den anderen Fraktionen einen gemeinsamen Brief an EU-Umweltkommissar Karmenu Vella und an den obersten Vizepräsidenten der EU-Kommission, Frans Timmermans, geschrieben, in dem sie sich ebenfalls sehr deutlich gegen eine Öffnung der Naturschutzrichtlinien aussprechen. Der Brief endet mit dem mahnenden Satz: “Opening the nature directives would jeopardise achieving the biodiversity strategy altogether, would create a long period of legal uncertainty and could potentially weaken the legislation (Eine Öffnung der Naturschutzrichtlinien würde die Einhaltung der Biodiversiätsstrategie unmöglich machen, würde eine lange Phase der Rechtsunsicherheit schaffen und möglicherweise die Gesetze schwächen).“

Neben dem Berichterstatter, Mark Demesmaeker (ECR-Fraktion, Belgien) haben seine „shadows“ die MdEPs Norbert Lins (Konservative/EVP bzw. CDU, Deutschland), Karin Kadenbach (Sozialdemokraten/S&D, Österreich), Catherine Bearder (Liberale, Großbritannien), Lynn Boylan (Europäische Linke/GUE, Irland), Margrete Auken (Grüne, Dänemark) und Marco Affronte (Fraktion Europa der Freiheit/EFDD, Italien) unterschrieben.

Dieser Brief ist vor allem insofern ein sehr wichtiges Signal, als der Bericht des EU-Parlamentes erst zu Beginn des kommenden Jahres im Plenum verabschiedet wird. Mit ihrem Brief haben die Abgeordneten daher schon vorab klargestellt, dass auch sie gegen eine Öffnung der Richtlinien sind. Die EU-Kommission wird auf einer „Stakeholder-Konferenz“ am 20. November in Brüssel erste Ergebnisse des „Fitness Check“ diskutieren lassen. 2016 will sie entscheiden, ob die Richtlinien nun „fit“ sind oder geändert werden sollten.  Der Kampf um die Naturschutzrichtlinien wird uns also noch mindestens ein weiteres Jahr intensiv beschäftigen, NABU und BirdLife „bleiben am Ball“!

Zwei Mächte im Naturschutz?

„Nature and land use“ heute in der Britischen Botschaft Berlin

Bild2Heute Abend laden die beiden größten Naturschutzverbände Europas, die Royal Society for the Protection of Birds (RSPB) und der NABU gemeinsam mit der Britischen Botschaft Berlin zu einer ungewöhnlichen Veranstaltung ein: Ein deutsch-britisches Treffen, räumlich weit weg vom üblichen Brüsseler Verhandlungsmarathon, wo mühsam Kompromisse zwischen 28 Regierungen und Hunderten von Europaabgeordneten gefunden werden müssen; ein informeller Dialog mit Vertretern aus Regierung und Zivilgesellschaft beider Länder zu wichtigen Weichenstellungen, die im europäischen Naturschutz und in der Agrarpolitik anstehen. Die Eröffnung des British-German Dialogue on halting biodiversity loss and the need for policy reform“ wird übrigens einer der ersten Termine von Sir Sebastian Wood sein, des neuen Britischen Botschafters in Berlin. Wir laden Sie ein, die Veranstaltung über Twitter (#biodivdialogue) zu verfolgen!

Seeadler beim Fischfang

Der Seeadler verdankt sein Überleben auch den deutsch-britischen Vogelschutzranstrengungen. (Foto: Klemens Karkow/NABU)

Es gibt wenig Länder in denen der Naturschutz eine so große Tradition hat wie das Vereinigte Königreich und Deutschland. Der RSPB wurde schon im Jahr 1889 gegründet, der NABU zehn Jahre später (zunächst als Deutscher Bund für Vogelschutz, DBV). In beiden Fällen übrigens mit Frauen an der Spitze.
Ein der ersten gemeinsamen internationalen Kampagnen der beiden Verbände, an der auch der heutige US-BirdLife Partner Audubon-Society beteiligt war, zielte auf den Schutz von Reihern und Paradiesvögeln, deren Federn zum Schmuck von Damenhüten verwendet wurden. Mit Erfolg: kurz vor dem Ersten Weltkrieg erließen die Regierungen Einfuhrstopps und Abschussverbote. Die Geschichte der ersten internationalen Lobby-Kampagne von NABU und RSPB lässt sich im Detail hier nachlesen. Viele Jahrzehnte später waren die beiden Verbände die wesentlichen Triebkräfte bei der Gründung des heute wichtigsten Netzwerks von nationalen Natur- und Vogelschutzverbänden, BirdLife International (gegründet 1994 im bayerischen Rosenheim).

„Die Vögel des Paradieses in Paris, dem Herzen der Schmuckvogelausrottung! Aber auch in Berlin und anderen Großstädten kann man Ähnliches beobachten.“ Aus dem Jahresheft 1914 – Illustration: Bund für Vogelschutz/E. Matthes

„Die Vögel des Paradieses in Paris, dem Herzen der Schmuckvogelausrottung! Aber auch in Berlin und anderen Großstädten kann man Ähnliches beobachten.“ Aus dem Jahresheft 1914 – Illustration: Bund für Vogelschutz/E. Matthes

Aber auch der staatliche Naturschutz beider Länder reicht weit ins 19.Jahrhundert zurück, als erste Naturdenkmäler vor der Zerstörung geschützt wurden, wie der Drachenfels im Siebengebirge 1836, oder erste Artenschutzgesetze erlassen wurden, wie der Seabirds Preservation Act der britischen Regierung von 1869. Es war jedoch meist eine rührige Zivilgesellschaft aus Naturfreunden, Wissenschaftlern und engagierten Unternehmern, die diese Gesetze einforderten. Birdwatching ist in Großbritannien seit langem ein Volkssport, in Deutschland gibt es eine breit aufgestellte Umweltbewegung, die ihre Wurzeln im Naturschutz hat. Auch global sind beide Länder übrigens wichtige Finanzierer von Projekten für die biologische Vielfalt.

Und letztlich haben Briten und Deutsche auch an der Entstehung der heute weltweit bewunderte EU-Naturschutzgesetzgebung großen Anteil. Ein deutscher Abteilungsleiter der Europäischen Kommission brachte die Vogelschutzrichtlinie in den 1970er Jahren auf den Weg und ein britischer EU-Abgeordneter (der Vater des heutigen Londoner Bürgermeisters!) war entscheidend für die Verabschiedung der FFH-Richtlinie und die Gründung des Natura-2000-Netzwerks. Immer intensiv begleitet vom NABU-Vorläufer DBV und RSPB.

Die Turteltaube ist Opfer intensiver Landwirtschaft und illegaler Jagd (Foto: BirdLife Malta)

Die Turteltaube ist Opfer intensiver Landwirtschaft und illegaler Jagd (Foto: BirdLife Malta)

In den nächsten Jahren wird sich entscheiden, ob Deutschland und Großbritannien weiterhin treibende Kräfte für den Naturschutz bleiben. Erstens müssen sich beide unbedingt für einen Erhalt der EU-Naturschutzrichtlinien aussprechen. Zweitens wäre eine Kooperation beider Regierungen für eine grundlegenden Umbau der EU-Agrarsubventionen sehr wichtig. Und drittens können wir alle nur hoffen, dass sich die britische Bevölkerung für einen Verbleib in der EU entscheiden wird – die Natur braucht eine starke britische Stimme in Europa.

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