Nature Restoration Law fast am Ziel

Nature Restoration Law fast am Ziel

 

Geschwächter Trilog-Kompromiss passiert Umweltausschuss im Europäischen Parlament

Die Verordnung zur Wiederherstellung der Natur hat heute eine der letzten kritischen Hürden im EU-Gesetzgebungsverfahren genommen. Nachdem der Gesetzestext in den Trilogverhandlungen schmerzhafte Abstriche erfahren hatte (siehe hier unseren Naturschätze.Retten-Blog), bestätigte der Umweltausschuss im Europäischen Parlament heute diesen Text (hier die finale Version, die nach dem Trilogkompromiss vom Ratssekretariat redigiert wurde). Dies ist eigentlich eine Formalie. Wegen der Patt-Situation im Frühsommer war aber bis zuletzt die Mehrheit nicht sicher.

Ergebnis deutlicher als erhofft

Um kurz nach 11:30 war es soweit: der Umweltausschuss kam im Brüsseler Parlamentsgebäude zum Abstimmen zusammen, erster Tagesordnungspunkt war das Nature Restoration Law. Abgestimmt wurde nicht über Inhalte, sondern nur, ob der in den Trilogverhandlungen gefundene Kompromiss der drei EU-Institutionen nun auch final bestätigt werden kann. Eigentlich eine Formalie, dass der federführende Ausschuss hier grünes Licht gibt, und der Text im nächsten Schritt zur Bestätigung dem Plenum vorgelegt wird.

Wir hatten trotzdem bis zuletzt gebangt. Einfach deswegen, weil der Umweltausschuss beim ursprünglichen Befassen mit den Inhalten des Gesetzes in einer Pattsituation war. Die Hälfte der Abgeordneten lehnte vor allem wegen der Totalblockade der konservativen Europäischen Volkspartei (EVP) unter Manfred Weber (CSU), einzelnen liberalen Abgeordneten auch der deutschen FDP und den Rechtskonservativen sowie Rechtsnationalisten das Gesetz ab. Eine progressivere Mitte-Allianz der Sozialdemokraten, großen Teilen der Liberalen, Grünen und Linken stimmten damals für das Gesetz (insgesamt: 44 Stimmen dafür, 44 Stimmen dagegen, siehe hier unseren Naturschätze.Retten-Blog).

Heute war die Situation etwas deutlicher: von den anwesenden Abgeordneten stimmten 53 für das Gesetz, 28 dagegen, und 4 enthielten sich. Damit gab es zumindest keine Totalblockade der Konservativen oder erzwungene Auswechsel-Versuche der Nicht-Linientreuen, einzelne EVP-Abgeordnete stimmten für das Gesetz.

Wie haben die Abgeordneten genau abgestimmt? Wie aus der Abstimmungsübersicht ersichtlich, stimmten gegen das Gesetz von den deutschen Abgeordneten die konservativen CDU/CSU-MdEPs Christian Doleschal, Peter Liese, und Norbert Lins. Von der FDP stimmte Andreas Glück gegen den eh schon massiv abgeschwächten Trilog-Kompromiss. Für das Gesetz stimmten die EVP-Schattenberichterstatterin des federführenden Umweltausschusses, Christine Schneider (CDU), außerdem auch Hildegard Bentele (CDU). Außerdem stimmten geschlossen für das Gesetz die SPD-Abgeordneten, die Grünen und die Linke.

Was sind die nächsten Schritte

Nun muss das Trilog-Ergebnis noch vom Plenum des Europäischen Parlaments bestätigt werden. Nach der heutigen Umweltausschuss-Abstimmung ist dort die Annahme des Gesetzestexts wahrscheinlicher, vergleicht man das Abstimmungsverhalten der konservativen EVP mit der Totalblockade im Juli (hier unser Naturschätze.Retten Blogbeitrag). Aber klar, die Agrarlobby zum Beispiel zeigt sich trotz der massiven Zugeständnisse immer noch empört über das Gesetz. Wir sollten also auch hier eine Mehrheit nicht von vornherein als gegeben annehmen. Die Abstimmung im Plenum erfolgt vermutlich in der zweiten Februar-Sitzung in Straßburg, wir halten Sie natürlich auf dem Laufenden.

Parallel muss auch der (Umwelt-)Rat das Trilog-Ergebnis bestätigen. Da die Agenda für den Dezember-Rat bereits gemacht ist, scheint dies nicht mehr dieses Jahr unter spanischer Ratspräsidentschaft zu erfolgen. Der erste Umweltrat unter der nächsten (belgischen) Ratspräsidentschaft ist traditionell im März, so dass dies vermutlich der frühestes Zeitpunkt für die Rats-Abstimmung sein dürfte. Auch hier bleiben wir dran. Positiv ist, dass das vorbereitende Gremium (COREPER/AStV) sich bereits positiv zum Gesetz positioniert hat. Wenn es wegen Wahlen in den Mitgliedstaaten keine größeren Änderungen in der Rats-Zusammensetzung mehr gibt, dürfte also auch hier einer Bestätigung nichts im Wege stehen.

Raphael Weyland
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2 Kommentare

Bettina Kirschner

29.11.2023, 17:13

Im Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz heißt es u.a.: "Dieses soll durch die Wiederherstellung von Ökosystemen Biodiversität und Klima gleichermaßen nutzen. Dazu sollen unter anderem Moorböden wiedervernässt, Auen und Salzwiesen renaturiert, Kohlenstoffschutzzonen im Meer ausgewiesen, Stadtbäume gepflanzt, Hecken und Knicks angelegt und alte Wälder geschützt werden". Vorab meine Hochachtung für das Engagement und den Einsatz des NABU. Was mich konkret noch interessiert und ich nigends lesen konnte, wie sieht es im Bereich Landwirtschaft, also Monokultur, Einsatz von Pestiziden und Massentierhaltung aus, was ja mit wesentlich zur Zerstörung der Biodiversität führt. Für mich ist dies ein gravierenderer Faktor als der sogenannte "Klimawandel", den es seit Jahrtausenden gibt, außerdem wird der Begriff gern von der Politik benutzt, um Ängste in der Bevölkerung zu schüren. Wenn die Ökosysteme mit ihren natürlichen Kreisläufen wieder funktionieren würden und die Natur nicht global systematisch für Profitzwecke ausgebeutet werden würde, gäbe es nicht derartige Wetterkapriolen wie derzeit.

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Raphael Weyland

30.11.2023, 12:13

Liebe Frau Kirschner, gegen die Natur- und Klimakrisentreiber Landnutzung und Pestizide etc. vorgehen versuchen wir auch, das wird aber nicht alles über das Nature Restoration Law erfolgen, einfach weil es parallele Gesetze/EU-Politiken gibt. Bezüglich Pestizide gabs ja von der Kommission den Versuch, über die Sustainable Use of Pesticides Regulation eine Reduktion zu erreichen. Leider hat dieser zeitgleich mit dem NRL vorgelegte Vorschlag keine Mehrheit im Europäischen Parlament gefunden, und auch der Rat hat hier bisher verzögert, so dass das Gesetz eher tot ist. Keine Mehrheit gabs auch gegen die Wiederverlängerung von Glyphosat. Und Landnutzung/Monokulturen etc. ist maßgeblich mit verantwortlich die Gemeinsame Agrarpolitik der EU, die bis Ende 2027 läuft. Auch hier hatte der NABU intensiv für Verbesserungen gekämpft, aber die politischen Mehrheiten für grundlegenden Wandel weg von der Flächenprämie hin zu gezielten Ökosystemleistungen ist nicht vorhanden (gewesen). Wir werden natürlich auch für die nächste GAP wieder kämpfen.

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