NABU-GAP-Ticker: In Berlin nichts Neues – Bundesregierung bleibt Antworten zur Agrarpolitik weiterhin schuldig

26. Februar 2019. Die Antwort der Bundesregierung auf 47 Fragen der Grünen und der Linken liefert keine wirklich neuen Erkenntnisse, obwohl Details zur EU-Agrarpolitik klärungsbedürftig sind. Ende letztes Jahr stellten sowohl BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN (Drucksache 19/07055) als auch die Linke (Drucksache 19/7106) eine kleine Anfrage. In 32 und dann nochmal 15 detaillierten Fragen wurde die Bundesregierung gebeten, sich zu ihrer GAP-Position zu äußern. Diese Aufklärungs-Bemühungen begrüßt der NABU, denn bis heute sind die Aussagen der Bundesregierung sehr vage und unkonkret, es scheint als könne und wolle die Bundesregierung keine klare Position zur EU-Agrarpolitik einnehmen; ein früherer GAP-Ticker beschrieb das Agieren von Frau Klöckner und co. als „Sprachlos in Brüssel“.

Leider ändert sich hieran auch mit den jüngsten Antworten der Bundesregierung nichts: sie hat wieder genauso ausweichend geantwortet wie bisher. Für Natur und Umwelt lesen wir, dass sie weiterhin an einem höheren Ambitionsniveau festhalte, jedoch fehlen konkrete Aussagen, wie sie diese Ambition umsetzen möchte.

Ein paar Beispiele aus den dürftigen Antworten:

  • Die Bundesregierung strebt einen höheren Beitrag der GAP für den Natur-, Umwelt- und Klimaschutz an. Dieser soll insbesondere über eine geeignete Ausgestaltung der „grünen Architektur“ (…) in Verbindung mit weiteren umweltrelevanten Regellungen erreicht werden.
  • Erst wenn die Verhandlungen zu MFR (Mehrjähriger Finanzrahmen der EU) und GAP abgeschlossen sind, kann entschieden werden, in welcher Höhe Umschichtungen erforderlich sind.
  • Deutschland setzt sich für ein höheres Umweltambitionsniveau der GAP ein. Wie dieses erreicht werden kann, …, wird derzeit innerhalb der Bundesregierung diskutiert. Daher steht eine Positionierung Deutschlands zu bestimmten Aspekten einzelner Umweltinstrumente und –regelungen …. noch aus.

Zusammengefasst: es wird knapp ein Jahr nach Veröffentlichung der GAP-Vorschläge von Kommissar Hogan also weiterhin diskutiert innerhalb der Bundesregierung, eine eigene Position zu strukturellen Veränderungen der Vorschlägen ist nicht erkennbar.

Es gibt aber auch ein paar Dinge, die wir aus den Antworten herauslesen können. Aus NABU-Sicht am wichtigsten ist sicherlich das Thema Naturschutzfinanzierung. Der im Koalitionsvertrag vereinbarte Naturschutzfonds ist nicht im MFR vorgesehen. Die Bundesregierung lässt jedoch verlautbaren, sich bei den Verhandlungen zum künftigen MFR dafür einzusetzen, die EU-Naturschutzfinanzierung zu verbessern; hierzu möchte sie auch die im Koalitionsvertrag vorgesehene bedarfsgerechte Finanzierung des Naturschutzes in den jeweiligen Fachpolitiken, wie z.B. der GAP, berücksichtigen. Genaueres hierzu bleiben die Antworten aber schuldig.

Hier noch ein paar weitere Details aus den Antworten der Bundesregierung:

  • Die Bundesregierung unterstützt das Einbeziehen von Umweltbehörden in der GAP, wie von der EU-Kommission vorgesehen.
  • Die Bundesregierung setzt sich dafür ein, dass die Kalkulation der Prämien um eine Anreizkomponente ergänzt wird. Hierdurch möchte sie erreichen, dass nicht nur Kosten und Verluste, sondern auch das Einkommen zukünftig über die Prämien abgedeckt wird.
  • Ein Umbau der Tierhaltung soll eher über die (aus NABU-Sicht überproportional gekürzte) Säule erfolgen, und die Bundesregierung ist nicht wirklich offen, noch weitere Verordnungen und Richtlinien zum Tierwohl in die erweiterte Konditionalität aufzunehmen.
  • Die Bundesregierung unterstützt die EU-Kommission in ihrem Vorschlag, die ökologischen Vorrangflächen in die Konditionalität mit aufzunehmen, aber ohne prozentuale Aussage zum Anteil und ohne eine Definition für ökologische Vorrangflächen.
  • Sie widerspricht nicht den Absichten der EU-Kommission, 30% der 2. Säule für umwelt- und klimabezogene Maßnahmen auszugeben (und das ohne Einberechnung der Ausgleichszahlungen).
  • Eine verpflichtende Kappung und Degression der Subventionen lehnt die Bundesregierung ab. Falls diese trotzdem kommen sollten, müssten die Öko-Regelungen von dieser Verpflichtung ausgenommen werden. Eine Degression soll aber im nationalen Rahmen geprüft werden.
  • Die Bundesregierung ist für eine Herausnahme des „Betriebsnachhaltigkeitsinstruments“ für Nährstoffe aus der Konditionalität.
  • Sie wird sich auf EU-Ebene für eine deutliche Reduktion wettbewerbsverzerrender gekoppelter Direktzahlungen, insbesondere bei den Ackerkulturen, einsetzen.
  • Die Forderung (wie von manch einem Abgeordneten im Agrar-Ausschuss des Europaparlaments vorgeschlagen), 70 Prozent der Mittel der 1. Säule als Einkommensgrundstützung zu verwenden, lehnt sie ab. Dies würde den finanziellen Spielraum beschränken und somit die Erreichung der anderen spezifischen Ziele der GAP gefährden.
  • Ein erster Arbeitsentwurf der sogenannten „SWOT“-Analyse einschließlich einer Beschreibung der Ausgangssituation für den Agrarsektor und die ländlichen Räume in Deutschland wird derzeit erstellt.

Am Rande: diese Auflistung zeigt, dass die GAP-Verhandlungen höchst komplex sind (was aber nicht als Entschuldigung dienen kann, keine klare Position zu beziehen). Die einzige spannende und wirklich neue Erkenntnis liefern die Antworten auf die Fragen zum Thema Einkommenssicherung: hier wiederspricht die Bundesregierung offenbar ihrem eigenen Wissenschaftlichen Beirat. Weil die Bundesregierung den Direktzahlungen einen wichtigen einkommensstabilisierenden Anteil am betrieblichen Einkommen zutraut, kritisiert der wissenschaftliche Beirat diese Direktzahlungen. „Weder ist die von agrarpolitischen Entscheidungsträgern wiederkehrend vorgetragene generelle Einkommenslücke in der Landwirtschaft belegt, noch lässt sich aus dem im AEUV definierten Einkommensziel eine Begründung für die pauschale Förderung individueller Betriebe ableiten“,  so der Beirat.

Die Bundesregierung hat noch viel zu tun, um ihre Position festzulegen, aber die Zeit läuft davon. Der nächste Agrarrat findet am 18. März statt, hier muss Landwirtschaftsministerin Klöckner wieder nach Brüssel fahren, um sich zu positionieren. Die anderen Mitgliedstaaten verhandeln weiter und legen deutlichere Positionen fest. Das Europaparlament positioniert sich ebenfalls.

Die Frage ist weiter unbeantwortet: wird Deutschland als größtes Nettozahlerland der EU sich endlich positionieren? Oder überlässt Frau Klöckner es den anderen EU-Mitgliedsstaaten, darüber zu entscheiden, was mit über 40% des EU-Haushalts finanziert wird?

 

Der NABU-GAP-Ticker

Was steht auf dem Spiel für Insekten, Bauernhöfe und unsere ländlichen Räume? Was sagt Julia Klöckner in Brüssel? Wie stimmen unsere Abgeordneten ab? Was passiert hinter den Kullissen? Im NABU-GAP-Ticker informieren wir über die Verhandlungen zur künftigen EU-Agrarpolitik – denn wir meinen, die Zeit der Hinterzimmerdeals ist vorbei. Es geht um viel – und die Öffentlichkeit hat ein Recht zu wissen, wie der Milliardenpoker um die Gemeinsame Agrarpolitik der EU abläuft. Abonnieren Sie diesen Blog um auf dem Laufenden zu bleiben, stellen Sie Fragen und diskutieren Sie mit uns über die Kommentarfunktion. Hintergrundinfos auf www.NABU.de/agrarreform2021. Folgen Sie uns auch auf Twitter: @NABU_biodiv#FutureOfCAP

Titefoto: Europäische Union 2013

 

1 Kommentar

Günter Trageser

28.02.2019, 18:14

weiter schlafen u. aussitzen.

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