(kleines) Land unter

Seit nun schon vier Tagen kommt mindestens eins von zwei der täglichen Hochwasser mit mehr als 50cm über dem mittleren Tidenhochwasser auf die Insel. Das bedeutet: Nasse Füße nach der letzten Treppenstufe. Für heute Abend war dann der Wasserstand mit bis zu 1 Meter über normal angesagt. Die Handkarren, die ich zuvor schon auf eine höhere Stelle gezogen hatte, band ich nun lieber fest! Nicht, dass sie mir vom Wasser davongetragen werden!

Und so kam es dann, das Wasser. Der Wind wehte in bis zu 8 Bft aus Nordwest und drückte das Meer schon sehr früh an den Strand. Die Südostbucht brauchte etwas um sich mit Wasser zu füllen, doch plötzlich ging es richtig flott und das Wasser war binnen kürzester Zeit unter der Hütte und stieg weiter. Da hieß es bald, nicht nur nasse Füße nach der letzten Treppenstufe, sondern schon zwei Stufen bevor der Boden erreicht war. Die Südspitze verschwand komplett und die Rastvögel wussten gar nicht wohin mit sich. Unruhig flogen sie immer wieder in großen Schwärmen auf.

Wo die Großen Brachvögel, die zur Zeit normalerweise zu tausenden an der Ostspitze sitzen, wohl sind? Denn auch diese war komplett im Meer verschwunden. Schlussendlich reichte mir das Wasser bis zum halben Oberschenkel und der Weg zum Dünenübergang war kurz etwas abenteuerlich. Das Lockgebüsch diente für mehrere Stunden einem einsamen Steinschmätzer als Hochwasserschutz und die Brandseeschwalbe auf dem Pfahl schien fragend nach unten zum Wasser zu schauen und sich zu wundern.

Bei all dem schien ganz wunderbar die Sonne und ich war begeistert! Aber insgeheim wünsche ich mir da noch einiges mehr! Es ist schon ein sehr besonderes Naturspektakel, wenn für gewisse Zeit ein Teil der Insel im Meer versinkt. Gerne würde ich erleben, dass noch mehr Wasser unter die Hütte kommt!

Anne de Walmont

Vogelwartin 2019