Seltene Beobachtung: Falkenraubmöwe (Stercorarius longicaudus)
Ich hatte sehr großes Glück, denn ich war zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Der Vogel flog flach über das Wasser und scheuchte einige Enten und Brandgänse am Weststrand der Insel auf. Ich wurde auf ihn aufmerksam als sie als einziger Vogel am Strand sitzen blieb. Sehr schnell erkannte ich, dass es sich nicht um eine Junge Silber- oder Heringsmöwe handelt und ich der Sache auf den Grund gehen sollte. Langsam und Schritt für Schritt pirschte ich mich an die Raubmöwe heran – bis ich am Ende nur noch 1,5 Meter entfernt auf dem Boden kniete. Sie bewegte sich kaum und schien sich durch nichts aus der Ruhe bringen zu lassen. Auch nachdem ich Fotos gemacht hatte blieb sie noch lang sitzen. Nach ca. 1,5 Stunden flog sie dann auf und verschwand in Richtung Westen.
Die Falkenraubmöwe (Stercorarius longicaudus) ist eine Art in der Familie der Raubmöwen und ist ein ausgesprochener Meeresvogel. Außerhalb der Brutzeit kommen diese Vögel eigentlich nur auf der Hochsee, im Winter vor allem im Südatlantik und Pazifik, vor. In der Brutzeit hingegen bevorzugen sie die trockenen Bereiche der Tundra – weit ab von der Küste in den arktischen Gebieten Eurasiens und Nordamerikas. Ihr Brutbestand wird für Europa auf 12.000 bis 78.000 Brutpaaren geschätzt.
Die Falkenraubmöwe gilt allerdings als eine der Arten, die vom Klimawandel besonders betroffen sein wird: Ein britisches Forschungsteam, das die zukünftige Verbreitungsentwicklung von unterschiedlichen Brutvögeln in Europa auf Grundlage unterschiedlicher Klimamodelle berechnet hat, kam zu dem Ergebnis, dass die potentiellen Brutgebiete dieser Art bis zum Ende dieses Jahrhunderts drastisch schrumpfen werden (Huntley et al., 2007).
Der Zugweg von Nord nach Süd ist noch nicht vollständig erforscht. Vermutlich ziehen die in Nordeuropa und Vorderasien brütenden Vögel (westpaläarktischen Brutvögel) zunächst zum Nordatlantik und von dort in größerer Entfernung der Küsten nach Süden. Im Nordatlantik, selten auch in der Nordsee, sind die Tiere vor Allem Ende August bis Anfang September zu beobachten. Im Frühling ziehen sie wieder in die Brutgebiete – was eine zweite Chance auftut (Bauer et al. 2005).
Weiterführende Literatur:
- Bauer H., Bezzel E., Fiedler W. (2005): Das Kompendium der Vögel Mitteleuropas: Alles über Biologie, Gefährdung und Schutz. Band 1: Nonpasseriformes – Nichtsperlingsvögel, Aula-Verlag Wiebelsheim, Wiesbaden.
- Huntley, B., Green, R. E., Collingham, Y. C., & Willis, S. G. (2007). A climatic atlas of European breeding birds. Barcelona: Lynx Edicions.
- Svensson, L., Mullarney, K., & Barthel, C. (1999). Der neue Kosmos-Vogelführer: alle Arten Europas, Nordafrikas und Vorderasiens;[758 Vogelarten]. Kosmos.