NatureLeaks: Fitness-Check-Studie veröffentlicht
Die von der Europäischen Kommission noch immer zurückgehaltene Evaluationsstudie der EU-Naturschutzrichtlinien ist öffentlich gemacht worden (in einer Entwurfsversion vom 4. Januar). Sie gelangte durch eine nicht genannte Quelle an die Plattform Euractiv (englischer Artikel, deutscher Artikel, Download der gesamten Studie als pdf ist hier möglich).
Heute steht Kommissionsvizepräsident Frans Timmermans, verantwortlich für „Bessere Rechtssetzung“ und „Nachhaltigkeit“, im Umweltausschuss den Europaabgeordneten Rede und Antwort. Die Debatte wird ab 16:30 Uhr live übertragen. Wie sind gespannt, was er zu sagen hat. Wir erwarten endlich ein klares Bekenntniss zum Erhalt der EU-Naturschutzrichtlinien – und kein Unterdrücken von Studien!
Die fast 600 Seiten starke Studie, die nach NABU-Informationen nahezu der finalen Version entsprechen müsste (es sei denn, es wurde oder wird noch politisch Einfluss genommen…) wurde von vier Instituten im Auftrag der EU-Kommission erstellt und stellt das Ergebnis eines umfangreichen Fitness Checks der EU-Vogelschutz- und der Fauna-Flora-Habitat-(FFH)-Richtlinie dar. Die Experten kommen (im Kapitel 10.2) zu dem Schluss, dass die beiden Richtlinien allen fünf Kriterien des EU-Fitness-Checks entsprechen:
„This evaluation concludes that the Nature Directives are fit for purpose…“
- Kosten-Nutzen-Relation: „Implementation of the Directives represents an efficient use of resources.“
- Relevanz: „The Directives are relevant to EU citizens.“
- Kohärenz: „The Directives form a coherent legal framework and create important synergies with other EU policies.“
- EU-Mehrwert: „The Directives’ legal system is stronger than most national legal systems.“ / „The Directives have generated a fundamental change, with deeper stakeholder involvement.“
- Wirksamkeit: „The Directives are effective where they are fully and properly implemented.“
Zusammenfassend zeigt die Studie, dass trotz umfangreicher Erhebungen und Befragungen keine Belege für Probleme gefunden werden konnten, die auf die Ziele oder Rechtstexte der Richtlinien zurückzuführen sind („There is no evidence that any significant problems derive from the objectives of the Directives or their associated legislative provisions.“)
Der WWF hat für die europäischen Umweltverbände formell Einblick in die Studie verlangt. Gestern (Dienstag) erklärte die Kommission, dass sie über diesen Antrag nicht wie gesetzlich eigentlich erforderlich am 16. Juni, sondern erst am 7. Juli entscheiden werde. Dies ist prinzipiell nur in wichtigen Ausnahmefällen möglich, besondere Gründe nennt die Kommission aber nicht. Zuvor hatte sie sogar die Flüchtlingskrise dafür verantwortlich gemacht, dass sie sich dem Thema noch nicht widmen konnte.
Am 20. Juni treffen sich die EU-Umweltminister in Luxembourg. Auch dort erwarten wir, dass die kommissionsinterne Blockade eine Rolle spielen wird. Die deutsche Bundesministerin Barbara Hendricks hatte sich ja bereits 2015 an die Spitze vieler Minister gestellt, die zum Erhalt der Richtlinien aufgerufen haben. Das Europaparlament hatte im Februar fast geschlossen die gleiche Meinung vertreten. Und nicht zu vergessen: In der größten EU-Bürgerbeteiligung aller Zeiten sprachen sich über 90 Prozent der Teilnehmer für den Erhalt der Richtlinien aus.
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