NABU-GAP-Ticker: Die schwarzgelbrotrote Bundesländerposition zur nationalen Umsetzung der GAP

12.03.2021: Was haben die Landesagrarminister*innen von Baden-Württemberg, Bayern, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland und Thüringen gemeinsam? Sie gehören nicht den Grünen an, sondern den Parteien CDU/CSU/SPD/FDP/DIE LINKE. Und sie habe sich außerhalb der eigentlich zuständigen Agrarministerkonferenz getroffen und eine gemeinsame Stellungnahme zu den  Gesetzesentwürfen des Bundeslandwirtschaftsministeriums zur nationalen Umsetzung der EU-Agrarpolitik (GAP) veröffentlicht. Diese (womöglich mit Julia Klöckner abgestimmte?) Positionierung ist nichts anderes als eine Kampfansage an Natur- und Klimaschutz (Download). Im folgenden die Einschätzung des NABU zu den einzelnen Punkten:

Kein Raum für Entwicklung und Dynamik:

  • Allen Beteiligten, vom Bauernverband über die Umweltverbände bis hin zur Bundesregierung ist klar, dass das System der pauschalen Direktzahlungen keine Zukunft hat und dass wir in dieser Dekade eine Transformation des landwirtschaftlichen Sektors benötigen – für Landwirt*innen, Klima und Naturschutz
  • Das Korsett, welches die Länderagrarministerien mit diesem Papier schnüren, ist so starr, dass hier so gut wie keine Bewegung bis 2027 möglich ist. Eine vorausschauende Regierung würde die Chance begreifen, diese GAP-Periode als Übergang zu gestalten. Mit starren und deutlich zu niedrigen Prozentsätzen wird hier jegliche Dynamik konterkariert.
  • Bis 2027 wäre der Betrag, den die GAP für Klima- und Naturschutz leistet auf 28-30 Prozent festgelegt. Der NABU fordert durch dynamisches Ansteigen insgesamt 95 Prozent (aufgeteilt in 70 Prozent Eco-Schemes und 25 Prozent Umschichtung) der Direktzahlungen der Ersten Säule bis Ende der Förderperiode zu qualifizieren, damit die GAP dem Anspruch öffentliches Geld für öffentliche Leistungen gerecht wird.

Umschichtung von 8 Prozent in 2023 mit Korridor auf 10 Prozent in 2027:

  • Diese Beträge werden den massiven Herausforderungen im Klima- und Naturschutzbereich nicht gerecht. Deutschland riskiert hier grundlos weitere Vertragsverletzungsverfahren, weil es nicht genügend Geld für die Umsetzung der EU-Naturschutzrichtlinien bereitstellen will. Nötig dafür sind 1 Mrd. EUR pro Jahr, dies hat die Bundesregierung selbst erst noch im vergangenen Jahr bestätigt.
  • Besonders enttäuschend ist der begrenzte Rahmen für den Aufwuchs der Umschichtung bis 2027. Allein um die Verpflichtungen zum Ausbau des Ökolandbaus nachzukommen sind pro Jahr 1 Prozent zusätzliche Umschichtung notwendig

Nullsummenspiel von Eco-Schemes und Zweiter Säule:

  • Die Bundesländer wollen damit ambitionierte Klima- und Naturschutzleistungen noch weiter unterbinden. Sollte der Trilog – der aktuell noch läuft – ein höheres Budget für Eco-Schemes verpflichtend festsetzen als 20 Prozent, wollen die Länder dieses höhere Niveau nicht akzeptieren, sondern ein Nullsummenspiel aus Eco-Schemes und Agrarumwelt- und Klimaleistungen anstreben. Auch dies konterkariert die notwendige Transformation massiv.

Keine Erwähnung der Konditionalität:

  • Das BMEL setzt in seinen Vorschlägen den Flächenanteil der nicht- produktiven Flächen auf drei Prozent. Nötig für eine Erholung der Biodiversität auf breiter Fläche wären mindestens 10 Prozent.

Länder-SPD-Ministerien verspielen ambitionierte Position für eigene Interessen:

  • Das BMU unter SPD-Führung hatte im Februar deutlich ambitioniertere Pläne für die GAP-Umsetzung vorgestellt. Nun schließen die Parteikollegen aus Mecklenburg-Vorpommern und Saarland ohne Not vorab Kompromisse, die klar hinter dem liegen, was auf Bundesebene vorgelegt wurde um ländereigene Interessen zu wahren.

 

Der NABU-GAP-Ticker

Was steht auf dem Spiel für Insekten, Bauernhöfe und unsere ländlichen Räume? Was sagt Julia Klöckner in Brüssel? Wie stimmen unsere Abgeordneten ab? Was passiert hinter den Kulissen? Im NABU-GAP-Ticker informieren wir über die Verhandlungen zur künftigen EU-Agrarpolitik – denn wir meinen, die Zeit der Hinterzimmerdeals ist vorbei. Es geht um viel – und die Öffentlichkeit hat ein Recht zu wissen, wie der Milliardenpoker um die Gemeinsame Agrarpolitik der EU abläuft. Abonnieren Sie diesen Blog um auf dem Laufenden zu bleiben, stellen Sie Fragen und diskutieren Sie mit uns über die Kommentarfunktion. Hintergrundinfos auf www.NABU.de/agrarreform2021. Folgen Sie uns auch auf Twitter: @NABU_biodiv#FutureOfCAP

Titelfoto: Europäische Union 2013

2 Kommentare

Ute Hasenbein

13.03.2021, 14:18

In einem Artikel der SZ vom 12.03.2021 (Agrarpolitik:Milliarden unterm Pflug) geht es genau um dieses Thema. Zum Schuß des Artikels steht folgendes: "Zumindest über den Bundesrat dürfte es aber für die Grünen schwer werden, den Lauf der Dinge zu ändern: Nach Auffassung von Juristen ist das Gesetzespaket so konstruiert, dass es - anders als sonst üblich - der Zustimmung der Länderkammer nicht bedarf." Das bedeutet wohl nichts anderes, als dass hier wieder Schleichpfade genutzt werden, um missliebige Kritik auszuschalten und auf Jahre hinaus Fakten zu schaffen. Damit hat man sich dann auf lange Sicht mal wieder erfolgreich bei der Agrar-Lobby profiliert und mögliche gut dotierte Pöstchen gesichert. Das Ganze am Wählerwillen vorbei auf Kosten von Gesundheit, Klima und Biodiversität - als hätten wir nicht schon genug Brassel am Hals! Dieser Sumpf gehört endlich trockengelegt, bitte abwählen, die nächste Gelegenheit steht vor der Tür!

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Ingrid Busch-Merz

18.03.2021, 11:50

Heute, 18.3. in der SZ "Zerstörerische Saat", es sollen Fakten geschaffen werden, schon nächste Woche ins Kabinett eingebracht werden. (Zukunftskommission Landwirtschaft wird dabei komplett ignoriert). Ich sehe nur noch eine große Kampagne, Petition, über Avaaz (?), schnell, riesig, um den entsprechenden Herren und Damen zu zeigen, dass das so nicht mehr funktioniert. So viel Öffentlichkeit, so schnell wie möglich!

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