NABU-GAP-Ticker: Unsere wichtigsten Forderungen zur Umsetzung der GAP in Deutschland

19.05.2021: Im Zuge der Ausgestaltung der neuen Förderperiode (2023-2027) der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP), arbeitete die Bundesregierung in den letzten Monaten an Gesetzesentwürfen, die den Handlungsrahmen zur Umsetzung der neuen Regeln aus Brüssel auf nationaler Ebene vorgeben sollen. Das GAP-Konditionalitäten-Gesetz (GAPKondG) und das GAP-Direktzahlungen-Gesetz (GAPDZG) müssen zum Beschluss nun noch den Bundestag und Bundesrat passieren und anschließend von der EU-Kommission genehmigt werden. Die Bundestagsdebatte findet bereits morgen am 20.05. um 14:50 Uhr statt. Der NABU hat nun klare Vorgaben zur Verbesserung der Belange der Biodiversität an die Umsetzung des Nationalen Strategieplans (NSP) gefordert. Denn letztendlich reichen die in den Gesetzen beschlossenen Maßnahmen nicht aus um die Biodiversität und das Klima ausreichend zu schützen. Schlimmer noch, angesichts des Green Deal der EU wäre weit mehr für die Umwelt möglich gewesen. Deutschland zementiert so seinen Ruf als konservativer Bremser in der EU. Drei Stichwörter stehen im Bezug auf die Ausgestaltung der „grünen Architektur“ der GAP im Fokus: Die Konditionalität, die Ökoregelungen und die Agrarumweltklimamaßnahmen (AUKM).

Juristische Entscheidung rund um Klima- und Umweltprogramme der Bundesregierung haben den Verantwortlichen kein gutes Zeugnis ausgestellt. Die jüngste Rechtsprechung zum Klimaschutzgesetz, zahlreiche wissenschaftliche Studien und das Vertragsverletzungsverfahren der EU gegen Deutschland im Bereich des Natura 2000 Schutzgebietsystems sprechen eine deutliche Sprache. In diese Reihe könnte sich auch das neue System der Agrarförderung einreihen. Denn letztendlich sind die Vorgaben aus Brüssel immer noch nicht vollständig abgesprochen. Dennoch prescht Deutschland voran, vermutlich um ein Signal an weitere Mitgliedsstaaten auszusenden.

Mit der Konditionalität fängt alles an

Die Konditionalität bestimmt die Grundanforderungen, die eingehalten werden müssen, um Gelder aus der GAP zu erhalten. Sie bietet also ein Werkzeug, welches ein Mindestmaß an Naturverträglichkeit in der Landwirtschaft garantiert. Eine wenig ambitionierte Konditionalität birgt die Gefahr eines weiter beschleunigten Artensterbens und einem zusätzlichen Vertragsverletzungsverfahren z.B. im Bereich des artenreichen Grünlands unter dem EU-Naturschutzrecht. Ein Mindestanteil unbewirtschafteter Flächen (Hecken, Baumreihen, Brachen, Blühstreifen) von 5 Prozent sollte festgeschrieben werden. Der vorliegende Gesetzesentwurf sieht hier lediglich 3 Prozent – und auch nur auf dem Ackerland- vor. (GLÖZ 9, GAPKondG §11)

Viel Potential im Grünland

Bislang ist Grünland von der Konditionallität ausgeschlossen. Das heißt, hier gibt es den vorgeschriebenen Mindestanteil unbewirtschafteter Flächen so nicht. Doch besonders hier sind Potentiale für Natur- und Umweltschutz versteckt, denn die Biodiversität auf extensiv bewirtschaftetem Grünland ist sonst ur auf wenigen Flächen so zu finden. Und andersherum: in intensiv bewirtschaftetem Grünland existieren keine Rückzugs- und Lebensräume für die Artenvielfalt. Deswegen muss Grünland unbedingt in die Konditionalität mit eingeschlossen werden.

Ein weiterer Fokus liegt auf Mooren und Feuchtgebieten. Diese sind sehr große Speicher von Klimagasen und zusätzlich ein wertvolles Reservat für die Natur. Auf diesen Flächen sollte eine maximale Tiefe von 5 cm bei der Bodenbearbeitung verordnet werden, statt wie bisher 30 cm.  Langfristig sollten Moore und Feuchtgebiete generell nur noch als Paludikultur oder Grünland mit hohen Wasserständen genutzt werden dürfen.  (GLÖZ 3, GAPKondG §10)

Die Bewirtschaftung von Mooren und Feuchtgebieten sollte durch die Umsetzung der neuen GAP besonder strenge Vorgaben erhalten. Sie sind für Klima- und Artenschutz besonders wichtg. (Foto: NABU/Jens Kube)

Ein weiterer kritischer Punkt im Umgang mit Grünland ist die Definition von umweltsensiblem Grünland. Um im Sinne der EU-Biodiversitätsstrategie auch den qualitativen Erhalt von Grünland zu gewährleisten, muss die Definition auch auf artenreiches Grünland außerhalb von Schutzgebieten ausgeweitet werden. (GAPKondG §11)

Ökoregelungen mit hoher Biodiversitätswirkung braucht das Land!

Ökoregelungen bestimmen, für welche zusätzlichen Naturschutzmaßnahmen die Landwirte Prämien erhalten können. Hier kommt es besonders auf die fachliche Ausgestaltung an und darauf, dass sich sämtliche Maßstäbe an der Wirksamkeit der Ökoregelungen für die Biodiversität orientieren. Aktuell bestehen die einzelnen Ökoregelungen innerhalb der Gesetzesvorschläge lediglich aus Überschriften. Erst in der Ausarbeitung der Rechtsverordnungen werden die Regelungen ihren eigentlichen Inhalt erhalten.

Die Ökoregelung zur Aufstockung der Konditionalität im Bereich der unbewirtschafteten Flächen muss dazu genutzt werden, um die wissenschaftlich nachgewiesenen notwenigen 10 Prozent Space4Nature in der gesamten Agrarlandschaft möglich zu machen. Nur mit diesen 10 Prozent Refugien für die Artenvielfalt kann das Artensterben noch aufgehalten werden.

Die Höhe der Prämien sollte differenziert gestaltet werden. Zum Einen in Bezug auf die ökologische Wirksamkeit der einzelnen Maßnahmen und zum Anderen auf die regionalen Unterschiede in der Ertragsfähigkeit der Landwirtschaft. Das heißt, dass in landwirtschaftlichen Gunstregionen die Ökoregelungen höher honoriert werden müssen, um überhaupt für die Betriebe interessant zu werden.

Halbzeitbewertung- Chance für Nachbesserungen nutzen

Wichtig ist, dass die geplante Evaluation des Nationalen Strategieplans (NSP) Ende 2024 die Wirksamkeit der Umweltmaßnahmen anhand klar formulierter Ziele misst und eventuelle Anpassungen umgehend und mit Einvernehmen des Bundesministeriums für Umwelt (BMU) erfolgen.

Wie geht es weiter? Kommt jetzt der Systemwechsel?

Um den Wandel in der Agrarpolitik nachhaltig anzustoßen, muss in der Förderperiode bis 2027 der Ausstieg aus den pauschalen Flächenprämien geplant werden. Dabei ist es besonders wichtig, möglichst früh die Weichen zu stellen, um den Betrieben Planungsmöglichkeit und Sicherheit zu geben und den Wegfall der Flächenprämien zu kompensieren. Am wichtigsten wäre in dieser Hinsicht eine steigende Umschichtung von der Ersten in die Zweite Säule (25% bis 2027) und ein höherer Anteil von Eco-Schemes in der Ersten Säule (50% bis 2027), um den ökologischen Anspruch der neuen Agrarpolitik zu unterstreichen und zukünftig noch stärker hervorzuheben. Nach 2028 sollte die Politik sich vollständig vom Säulenmodell verabschieden und komplett auf Anreize zur Förderung ökologischer Belange und Transformationenhilfen (Beratung und Investitionshilfen) setzen.

Es gilt sich endlich vom Status Quo zu verabschieden. Es muss jetzt gehandelt werden um weiteren Schäden an Umwelt, Klima und Biodiversität entgegenzutreten. Das Urteil des Verfassungsgerichtes vergangene Woche hat es bestätigt: um kommende Generationen vor großem Schaden zu bewahren, muss jetzt ein Weg für die zukünftige Entwicklung einer nachhaltigeren Wirtschaft aufgezeigt werden. Der angekündigte Systemwechsel wird irgendwann kommen müssen.

Der NABU-GAP-Ticker

Was steht auf dem Spiel für Insekten, Bauernhöfe und unsere ländlichen Räume? Was sagt Julia Klöckner in Brüssel? Wie stimmen unsere Abgeordneten ab? Was passiert hinter den Kulissen? Im NABU-GAP-Ticker informieren wir über die Verhandlungen zur künftigen EU-Agrarpolitik – denn wir meinen, die Zeit der Hinterzimmerdeals ist vorbei. Es geht um viel – und die Öffentlichkeit hat ein Recht zu wissen, wie der Milliardenpoker um die Gemeinsame Agrarpolitik der EU abläuft. Abonnieren Sie diesen Blog um auf dem Laufenden zu bleiben, stellen Sie Fragen und diskutieren Sie mit uns über die Kommentarfunktion. Hintergrundinfos auf www.NABU.de/agrarreform2021. Folgen Sie uns auch auf Twitter: @NABU_biodiv#FutureOfCAP

Titelfoto: Europäische Union 2013

8 Kommentare

N. v. Maydell

19.05.2021, 23:47

Herzlichen Dank für die Vorinformation des Treffens und der Themen. Jedes Wirtschaftssystem hat die Aufgabe, besonders in die Zukunft gesehen , sich selbst zu tragen -- auch Moorlandschaft kann noch zusätzlich von Ernten wie Reet im Winter für Dächer etc heutzutage von Galloways etc teilweise genutzt werden und vielleicht entstehen Erlen für Holzgewinnung für Möbelbau oder am Rande besondere Beerenheckensträucher zusätzlich. Wie mit Jahresbeginn im Bundestag parteienübergreifend als förderungsfähig Multifunktionale Agroforstsysteme nun als Grundlage für die Unterstützung der Biodiversität sowie im Handeln gegen Klimaerwärmung und auch Erosionsbildung beschlossen wurde, heißt es diese jetzt auf allen Flächen, als Urbane Stadt- und Waldgärten, auf Kirch- Forstliegenschaften, Streuobstwiesen in breiten Systemen angelegt zu unterstützen, um damit die vielfältigsten "Brachflächen" entstehen zu lassen --und bitte Solar+PV auf die Gebäudedächer, dorthin wo sie gebraucht werden bzw das Leben erleichtern - über Parkplätzen, Bahnhöfen und Schienen, Straßen oder als Schallschutzwände. Multifunktionale Agroforstsysteme lassen die nötigen Wasserkreisläufe wiederentstehen, die die Klimaerwärmung in der Temperatur dämpfen und wenn sie jetzt breit pyramidenförmig kommuniziert , (finanziell) honoriert und beworben , eventuell als Grundlage oder Bedingung sogar festgelegt werden, entwickeln wir die wertvollsten Blühstreifen in zahlreichster Form und und in Menge und Vielfalt unbeschreiblich übertreffend den 3oder 5% , die unser Klima weder "retten" noch resilient genug machen können. Herzlichen Dank für die Weitergabe

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Florian Treede

25.05.2021, 09:03

Vielen Dank für Ihren Kommentar. Agroforst ist ein sehr interessantes Thema. Hier könnte es auch bald etwas dazu zu lesen geben.

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Karin Andrick

20.05.2021, 07:07

Hallo Herr Treede, dankeschön für die Informationen. Ich staune, dass ein Bundesfreiwilliger solche Leistung erbringt. Viele Grüße Karin

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Florian Treede

22.05.2021, 12:19

Vielen Dank, das Lob nehme ich gerne an.

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Wolfgang Bagin

20.05.2021, 10:05

Hallo, diese Zusammenfassung ist gut. Es ist äußerst wichtig, hier die Bundestagsabgeordneten der SPD und CDU, die ihre Zustimmung zu diesem Gesetz geben sollen nochmals vor der Bundesratszustimmung zu mobilisieren und mit den konkreten Änderungsvorschlägen zu konfrontieren. Jetzt müssen die richtigen Weichen für eine ökologischere Landwirtschaft gestellt werden, wir dürfen nicht beim Status Quo bleiben. Deutschland muss eine Vorreiterrolle übernehmen und nicht weiterhin als Bremser dastehen.

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Rosmarie

21.05.2021, 09:48

Ich wünsche mir eine Agrarpolitik, die die Umwelt schützt, folgen Sie dem Naturschutzprogramm der NABU. Hinterlassen wir unseren Enkeln und Nachkommen eine gute Umwelt. Danke

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Hanne Gloger

23.05.2021, 11:20

Ich habe diesen BLOG gefunden, weil ein großer ZEIT-Artikel (12.5.) darauf hingewiesen hat. Viel mehr Menschen müssen über dieses Thema viel besser Bescheid wissen! Ich werde in meinen regionalen Gruppen (Hohenlohe, Ba-Wü) dafür werben.

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Florian Treede

25.05.2021, 08:59

Das freut uns, vielen Dank.

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