NABU-GAP-Ticker: EU-Agrarrat widersetzt sich Expertenrat und schwächt Umweltbudget in der GAP

Brüssel, 20.April 2020.Momentan steht die Arbeit an der GAP im Agrarrat aufgrund von Covid-19 still und die Minister sind vor allem mit der Bewältigung der Krise beschäftigt. Wie geleakte nun Dokumente zeigen, haben die entsprechenden Ratsarbeitsgruppen jedoch noch kurz vor dem Ausbruch der Pandemie fleißig an der Sabotage der Grünen Architektur im Kommissionsvorschlag gearbeitet.

Bereits die finnische Ratspräsidentschaft hatte letztes Jahr einen toxischen Vorschlag unterbreitet, der unter den Mitgliedstaaten durchaus Unterstützung fand. Statt getrennter Budgets in beiden Säulen der GAP für den Umweltschutz wie bisher, sollte es nur noch einen gemeinsamen Prozentsatz über die gesamte GAP geben, der in den Umweltschutz fließt. Dies ist aus zweierlei Sicht problematisch. Zum einen besteht die Gefahr, dass Mitgliedstaaten sich auf hellgrüne Eco-Schemes konzentrieren und Gelder aus den dunkelgrünen Agrarumweltmaßnahmen (AUKM) abziehen. Zum anderen kam bereits damals in den Ratsdiskussionen die Idee auf, dass auch die umstrittenen Direktzahlungen auf dieses Umweltbudget anrechenbar sein sollten.

Kein Geld für den Naturschutz?

Die kroatische Ratspräsidentschaft hat diesen Vorschlag nun konkretisiert und an die Delegation der Mitgliedstaaten in den Arbeitsgruppen verteilt. Statt einer Zweckbindung für einzelne Instrumente (wie Eco-Schemes und AUKM) soll es stattdessen ein Ausgabenziel über beide Säulen geben, auf welches einzelne Instrumente mit unterschiedlichen Gewichtungen anrechenbar wären. Insgesamt müssten dem Papier zu Folge die Mitgliedstaaten nachweisen, dass sie 30% ihrer GAP Gelder für den Umweltschutz ausgeben. EU-weit wären das ca. 15,5 Mrd. € jährlich. Ausgaben der Mitgliedstaaten für Eco-Schemes und AECM wären demnach zu 100% anrechenbar. Aber: von jedem Euro, der in die Direktzahlungen fließt, sollen ebenfalls 40% anrechenbar sein. Das gleiche gilt für die Ausgleichszahlungen für benachteiligte Gebiete, die höchstens indirekt zum Umweltschutz beitragen.

Diese Methodik baut auf dem Vorschlag der EU Kommission auf, dass 40% der Direktzahlungen auf das Klimaschutzziel im übergeordneten EU-Haushalt (dem sgn. MFR) anrechenbar sind. Sowohl die Experten vom IEEP als auch der europäische Rechnungshof, haben diese Herangehensweise jedoch heftig kritisiert (siehe hier). Diese Kritik teilt auch der NABU. Die Direktzahlungen sind ein Instrument der Einkommensunterstützung und der positive Umweltbeitrag höchst umstritten und wenn überhaupt marginal. Zum Teil haben die Direktzahlungen sogar die Zerstörung etwa von Landschaftselementen angeheizt. Die genannte Methodik nun innerhalb der GAP auszuweiten und damit die bewährte Zweckbindung in der 2.Säule abzuschaffen, um die Direktzahlungen zu stärken, ist nicht weniger als ein Skandal.

Was bedeutet der Vorschlag für Naturschutzfinanzierung? Sollte ein Mitgliedstaat entscheiden, 85% der 1. Säule in die Direktzahlungen zu stecken (d.h. kein Geld in Eco-Schemes zu investieren und die erlaubten Höchstbeträge der 1. Säule für gekoppelte Zahlungen, sowie die Förderung von Junglandwirten zu verwenden), wäre die 30%-Auflage bereits größtenteils erfüllt. Es bestünde dann kein Zwang mehr, überhaupt noch Geld in AUKM und Eco-Schemes zu investieren. Das für den Naturschutz zu Verfügung stehende Budget könnte dadurch radikal sinken.

Bundesregierung muss diese Ideen zurückweisen

Zum Vorschlag der Finnen hatte sich die Bundesregierung bisher recht offen gezeigt (siehe hier). Gegenüber diesen konkreten Vorschlägen der kroatischen Präsidentschaft muss Bundeslandwirtschaftsministerin Klöckner nun klar Stellung beziehen. Sie muss sich ich entsprechend dem Koalitionsvertrag für eine echte europäische  Naturschutzfinanzierung aussprechen und diese Ideen deshalb klar ablehnen.

Es ist nicht zu erwarten, dass die Diskussionen auf europäischer Ebene zur GAP unter der kroatischen Ratspräsidentschaft voranschreiten werden. Als nächste Ratspräsidentschaft muss Deutschland deswegen Verantwortung übernehmen und den Vorschlag der Kroaten im Juli unmittelbar kassieren und die Diskussion um die Finanzierung von Natur und Umwelt im Rat neustarten.

Der NABU-GAP-Ticker

Was steht auf dem Spiel für Insekten, Bauernhöfe und unsere ländlichen Räume? Was sagt Julia Klöckner in Brüssel? Wie stimmen unsere Abgeordneten ab? Was passiert hinter den Kullissen? Im NABU-GAP-Ticker informieren wir über die Verhandlungen zur künftigen EU-Agrarpolitik – denn wir meinen, die Zeit der Hinterzimmerdeals ist vorbei. Es geht um viel – und die Öffentlichkeit hat ein Recht zu wissen, wie der Milliardenpoker um die Gemeinsame Agrarpolitik der EU abläuft. Abonnieren Sie diesen Blog um auf dem Laufenden zu bleiben, stellen Sie Fragen und diskutieren Sie mit uns über die Kommentarfunktion. Hintergrundinfos auf www.NABU.de/Agrarreform2021. Folgen Sie uns auch auf Twitter: @NABU_biodiv#FutureOfCAP

Titefoto: Europäische Union 2013

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