Eiderente Beiträge

Die Hälfte um, die Hälfte vor mir – Gedanken zur Halbzeit auf Trischen

Die Hälfte um, die Hälfte vor mir – Gedanken zur Halbzeit auf Trischen

Der Juli ist da – und damit ist für mich schon die Hälfte meines Aufenthalts hier auf Trischen um. Die Zeit rast, und doch fühlt es sich an, als würde sie hier in einem ganz eigenen Takt vergehen. Ich möchte jeden Moment aufsaugen und speichern, weil ich weiß, dass ich nur einmal Naturschutzwartin auf Trischen sein werde und diese Zeit begrenzt ist.

In meinem Blogbeitrag Alltag auf Trischen habe ich schon davon gesprochen, dass es für mich ungewohnt ist, so lange ununterbrochen an einem Ort zu bleiben. Nun bin ich schon über drei Monate hier – ein Vierteljahr! Das klingt lang, aber tatsächlich ist die Zeit unglaublich schnell vergangen.

Das liegt vielleicht daran, dass das Zeitgefühl hier anders ist. Mein Alltag auf Trischen ist nicht so schnelllebig wie auf dem Festland. Die Tage vergehen langsamer, und gleichzeitig erlebe ich die Zeit intensiver. Wahrscheinlich, weil ich weniger Reizen ausgesetzt bin, aber auch weil ich aufmerksamer über die Insel gehe als durch den gewöhnlichen Alltag.

Wenn ich morgens aufstehe, schnappe ich mir meist als erstes das Spektiv und verschaffe mir vom Umlauf der Hütte aus einen Überblick: Wer ist da? Wer nicht? Hat sich etwas verändert? Vor einigen Wochen beispielsweise verhielten sich die Vögel plötzlich merkwürdig. Statt auf ihren Nestern saßen sie aufgeregt auf den Wattflächen. Nur deshalb entdeckte ich schließlich das Nutria, ein aus Südamerika stammendes Nagetier, welches sich auch am und im Wattenmeer wohlfühlt.

So bekomme ich hier jede Veränderung mit: welche Vogelarten im Jahresverlauf kommen und gehen, welche bleiben, was gerade blüht, wie sich die Dünen und der Strand nach einem Sturm verändern. Das alles beobachte und dokumentiere ich und ich könnte es nicht so genau und akribisch tun, wenn ich nicht die ganze Zeit vor Ort wäre.

Seit ein paar Tagen sind wieder einige hundert Alpenstrandläufer da, zurück aus ihren arktischen Brutgebieten. Die Nonnengänse führen ihren Nachwuchs und tausende Eiderenten und Brandgänse versammeln sich zur Mauser rund um die Insel. Es ist schön, den Jahresverlauf Trischens so hautnah mitzuerleben.

Nönnengänse mit Nachwuchs, im Hintergrund mausernde Eiderenten

Ich bin hier vom Traveler zum Patchworker geworden, wie Arnulf Conradi die zwei Typen von Vogelbeobachter*innen in seinem Buch Zen und die Kunst der Vogelbeobachtung beschreibt. Der Traveler (dt. Reisender) ist auf der ganzen Welt unterwegs, um an verschiedenen Orten und in unterschiedlichen Landschaften neue Vogelarten zu beobachten und seine Life-list zu verlängern. Der Patchworker bleibt stets am selben Ort und beobachtet die Vögel auf seinem Patch (dt. Stelle, Flecken). Nach meiner Zeit hier werde ich wohl wieder eher zum Traveler werden, aber ich kann von mir sagen, dass ich die Vorzüge eines Patchworker-Daseins kennen und schätzen gelernt habe.

Zum Wohl! – Mit der Insel auf die gemeinsame Zeit anstoßen 🙂

Doch das gute an der Halbzeit ist, dass nochmal genauso viel Zeit, spannende Erlebnisse und stille Glücksmomente vor mir liegen. Auf eine wundervolle 2. Hälfte als Naturschutzwartin auf Trischen!

 

Eure

Mareike Espenschied

 

Buchtipp: Conradi, A., Zen und die Kunst der Vogelbeobachtung, Verlag Antje Kunstmann, ISBN 978-3-95614-289-5

 

Na, die haben sich aber gemausert!

Lange habe ich darüber nachgedacht, wie ich über die Mauser berichte, denn schließlich habe ich versprochen, den Federwechsel, zumindest den der Brandgänse, zu gegebener Zeit genauer vorzustellen. In den Vorjahren haben die Vogelwarte bereits sehr schön und ausführlich über den Vorgang der Mauser in diesem blog geschrieben. (Klick hier: Infos aus 2018; Infos aus 2017) Da wäre es ja für die liebe Leserschaft vielleicht etwas langweilig, das Gleiche nur in anderen Worten erneut präsentiert zu bekommen. Darum soll ein kleiner Schwerpunkt im Jahre 2019 auf die Bestandserfassung der Brandgänse während dieses wichtigen Abschnittes ihres Vogeljahres gelegt werden. Die Eiderenten werden auch noch kurz erwähnt und dann soll nur noch geguckt werden! Ich habe mich entschieden einen Strandspaziergang zu machen und die Federn (vor allem die der Eiderenten, aber auch der Brandgänse und die weniger anderer Vögel) auf die ich stieß, in Bildern festzuhalten. Ich habe sie so fotografiert, wie sie vom Meer auf den Strand gespült und teilweise anschließend von dort in die Düne geweht wurden. Der Strand ist voll von Federn! Und wenn man den Blick gesenkt hält, erkennt man immer wieder wie besonders Wind, Wasser und der Alltag der Vögel sie geformt haben. Außerdem ergeben sie mit anderen Strandfunden wie Muscheln, Tang, Wespe und Marienkäfer sehr schöne Bildkompositionen. Aber manchmal stehen sie auch einfach für sich allein auf weitem Sand oder in ihren besonderen Farben und Oberflächen aus nächster Nähe. Viel Spaß beim Bilder schauen!

Aber nun zunächst zu den Brandgänsen: