Nistplatzsuche – „Wohnungsbesichtigung“

Es sind zwei potentielle Wohnungen frei! Eine steht nun schon eine Weile leer, während die andere meines Wissens zuvor noch nie bewohnt war. Zwei Bewerberparteien haben sich je eine Wohnung angeschaut. Die eine unterm Dach die andere, na sagen wir….Souterrain. Und so lief das Ganze ab:

Eines morgens beobachtete ich zwei Brandgänse, ein Männchen und ein Weibchen, die sich dem Lockgebüsch näherten. Ganz langsam. Stück für Stück. Das Männchen blieb auf Distanz, beobachtete die Umgebung und sicherte, während das Weibchen ganz vorsichtig die potenzielle Wohnung in Augenschein nahm.

Brandgänse sind Höhlenbrüter. Auf Trischen dürfen sie daher nicht so wählerisch sein, denn zum Beispiel Kaninchenbauten die sie nutzen können, gibt es hier nicht. So brüten sie manchmal in angespülten großen Plastikteilen oder unter Überhängen der Vegetation.

Nachdem das Weibchen in den getrockneten Gräsern am Boden des Lockgebüschs für eine Weile verschwunden war, kam es wieder zum Vorschein und gab anscheinend ihr ok für das Männchen. Dieses näherte sich nun auch und beäugte das potentielle Heim in das vielleicht Eier gelegt werden könnten.

Insbesondere in den Morgenstunden versammeln sich die Brandgänse in Balzgruppen, vollführen lustige Kopfbewegungen (vor allem die Männchen) und manchmal gehen sie eben auch auf Wohnungssuche. Und plötzlich war dann auch die ganze Balzgruppe am Lockgebüsch und alle schauten interessiert. Manchmal legen Brandgansweibchen ihre Eier in ein gemeinschaftliches Nest. Das ist doch praktisch. So wird sich die Brüte-Arbeit geteilt. Gleiches gilt übrigens auch für die „Kinderbetreuung“. Man sieht häufig sogenannte Kindergärten. Einzelne Altvögel, die auf eine ganze Schar von Küken aufpassen, die definitiv nicht alle die eigenen sind. Moderne Familienkonstellationen kann man da manchmal entdecken!

Also mein ok haben sie und können gerne meine neuen Nachbarn werden für diese Brutsaison. Ich werde berichten wie die Entscheidung seitens der Brandgänse ausgefallen ist. Ich befürchte ein bisschen, dass ich ihnen als direkte Nachbarin nicht ganz geheuer bin….wir werden sehen…

Kommen wir nun zu Bewerber Nummer zwei für die freie Wohnung unterm Dach. Diese Wohnung wurde 2014 eingerichtet und seitdem in nur zwei Saisons genutzt. Ich spreche von einer Nisthilfe unter dem Dach der Hütte. Gestern fand die erste Besichtigung statt. Beäugt wurde sie zuvor schon aus der Ferne, doch nun wurde zumindest in Sichtweite ausgeharrt. Rauchschwalben sind die Interessenten. Während sie sonst nur tief über die Salzwiese huschen und schnell wieder verschwunden sind, setzte sich eine Rauchschwalbe für eine Weile ins Lockgebüsch, später auf die Niederschlag-Messvorrichtung und flatterte eine Zeit vor meinem „Küchenfenster“. Da hatte sie sich allerdings in der Tür geirrt, denn die leere Wohnung befindet sich auf der Nord, nicht auf der Südseite. Auch hier freue ich mich natürlich sehr, wenn sie sich für die Wohnung entscheiden und die Nisthilfe beziehen.

Noch ein kleiner Nachtrag, warum mir die Brandgänse so sympathisch sind: Wenn, wie  heute morgen, mal wieder der Seeadler kommt, sind sie es die so schön gemeinschaftlich auf die Verfolgungsjagd, bzw. auf den Vertreibungsflug gehen. Über 15 Brandgänse flatterten wütend hinter dem bedächtig dahingleitenden Seeadler her.

Außerdem haben sie einen wunderschön klingenden lateinischen Namen: Tadorna tadorna…..

Wer möchte sie nicht als Nachbarn haben?…..

Anne de Walmont

Vogelwartin 2019