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Trischen mal anders: Ein Blickwinkel-Wechsel

Liebe Blogbegeisterte,

wenn ich den Strand entlanglaufe, schaue ich normalerweise in alle Richtungen…nur nicht auf den Boden. Ich gebe zu, für die Bernsteinsuche ist das nicht gerade förderlich (was meine magere Ausbeute bisher erklären dürfte), aber in Sachen Ornithologie ist das meist sinnvoll. Heute habe ich dank Roland Suikat einen neuen Blickwinkel einnehmen dürfen. Roland, der dem 1871 gegründeten Verein für Naturwissenschaftliche Heimatforschung zu Hamburg e.V. angehört, begeistert sich schon seit seiner Kindheit für die sogenannte Ordnung der Coleoptera (Käfer), die in Deutschland über 4.000 Arten beinhaltet.

Roland Suikat

Damit gehört er zu den wenigen Käferexperten die es noch in Schleswig-Holstein gibt. Seine Leidenschaft gehört insbesondere den Arten der Küstenlebensräume, weshalb er seit einigen Jahren eine Ausnahmegenehmigung besitzt, um die Inseln und Halligen in Sachen Käfer genauer unter die Lupe zu nehmen. So ist er auch auf Trischen gelandet.

Zusammen haben wir heute verschiedene Lebensräume durchkämmt, insbesondere den Strand und wenige Bereiche der Sandsalzwiese. Zu Beginn hat Roland mir erklärt, weshalb die „unberührten“ bzw. touristisch nicht genutzten Inseln und Halligen so wichtig für viele gefährdete Küstenkäferarten sind. Diese leben häufig in den verschiedenen Zonierungen des Strandes (Sandwatt, Strand, Strandwall bzw. Primärdünen, Vordünen). Zu starker Vertritt zerstört diese Lebensräume. Deshalb haben wir uns neben den Primärdünenbereichen heute auch den Porenluft-Horizont angeschaut. Dieser Bereich sieht zunächst relativ fest aus, gibt jedoch durch die Poren beim Auftreten sofort nach.

Roland hat nicht nur meinen Blickwinkel verändert, sondern meinen Blick auch für die „ganz Kleinen“ geschärft. Wir waren extra an einem der rar gesäten (fast) windstillen Tage unterwegs, was Roland ganz besonders wichtig war. Und auf dem Weg von der „Luise“ zur Hütte verstand ich auch weshalb. Knapp über dem Boden tobe das Leben – aber nur bei genauem Hinsehen. Wir fanden u.a. einige Vertreter der Gattung Bledius (Kurzflügler), Diglotta (Kurzflügler) und Dyschirius (Laufkäfer), die alle nur wenige Millimeter groß sind und an denen ich wohl einfach vorbeigelaufen wäre. Und er zeigte mir auch, woran ich die besiedelten Lebensräume erkennen kann: je nach Art an ganz feinen Krümeln oder kleinen Häufchen von Sand, die sich um ihre Bodenröhren bilden.

(o.l. Lebensraum Strand: Porenluft-Horizont, o.r. Sandhäufchen um Bodenröhren, u.l. Bledius frisius, u.r. Cicindela maritima)

Ich habe also viel gelernt und neben dem begehrten Küsten-Sandlaufkäfer (Cicindela maritima) viele (für mich neue) Arten entdeckt. Aber die wohl wichtigste Botschaft, die ich von diesem Tag mitnehme, ist eine Traurige. Denn obwohl Insekten die artenreichste Klasse darstellen, spielen sie trotz Insektensterben und Biodiversitätskrise bei Entscheidungsträgern (wenn überhaupt) nur eine marginale Rolle. Deshalb habe ich Roland gefragt, was für Maßnahmen für unsere (gefährdeten) Käferarten wichtig sind – Er nannte in erster Linie die Extensivierung der Landwirtschaft, aber auch das Schaffen von Offenlebensräumen als wichtige Ansatzpunkte. Damit Gelder sinnvoll eingesetzt werden können, sollten gezielte Artenschutzmaßnahmen in Absprache mit den Käfer-Faunisten entwickelt und geplant werden.

Mit dieser traurigen Botschaft muss ich heute leider enden, was bleibt ist die Hoffnung auf Einsicht und Begeisterung für eine Artengruppe, deren Artenkenner genauso gefährdet sind, wie die Arten selbst.

 

Ihre Melanie Theel

Wann kükt es denn endlich?

Liebe Blogleser*Innen,

die Brutsaison ist in vollem Gange. Sobald ich einen Schritt vor die Hüttentür wage, werde ich nicht mehr nur von den Rotschenkeln angeblökt, sondern habe auch einen wütenden Mob von Flussseeschwalben über mir. Manchmal macht mich das ein bisschen traurig, gibt es mir doch zu verstehen, dass ich höchst unwillkommen bin. Aber ich weiß auch, dass es nicht an mir persönlich liegt. Denn der gleiche Mechanismus kommt bei den Möwen und den Krähen zum tragen. Gestern habe ich sogar beobachtet wie der Ziegenmelker, über den ICH mich zumindest sehr gefreut habe, höchst erfolgreich von den Seeschwalben vertrieben wurde.

Für einige Arten ist die gemeinsame Feindabwehr übrigens ein Grund in Kolonien zu brüten. Zum einen ist das Risiko der Gelegeprädation für das einzelne Individuum in einer Kolonie deutlich geringer, zum anderen können Feinde in der Gruppe erfolgreicher vertrieben werden. Im Gegenzug muss der „nervige“ Nachbar in Kauf genommen werden. Dieser kann nämlich auch einfach mal das Nistmaterial oder die Eier klauen!

Bei dem ganzen Brutgeschehen auf Trischen bin ich natürlich auch auf das Ergebnis gespannt. Die ersten Küken müssten eigentlich schon zu entdecken sein. Denn Graugans, Stockente und Löffler sitzen beispielsweise schon länger auf ihren Gelegen. Nur wollen die Küken nicht so richtig schlüpfen. Die ein oder anderen konnte ich zwar schon entdecken, aber bisher ist dies weit hinter meinen Erwartungen zurückgeblieben – insgeheim hatte ich mir nämlich eine Insel voller Flauschkugeln erhofft. Teilweise mag dies an dem eher kalten Frühjahr liegen, sodass sich alles etwas nach „hinten“ verschoben hat. Bei den Graugänsen vermute ich aber eher ein Hochwasserereignis im Frühjahr und die Möwen als Schuldige. Es fällt mir schwer nicht Partei zu ergreifen, wenn ich eine Silbermöwe mit einem Ei oder Küken davonfliegen sehe, die verzweifelten Rotschenkelrufe in den Ohren. Doch auch die Möwe muss sehen wo sie bleibt. Und gerade hier auf Trischen soll ja alles so sein, wie die Natur es eingerichtet hat.

Dafür freue ich mich über jedes einzelne Küken doppelt – insbesondere über die Sandregenpfeifer. Der Brutplatz hinter den Dünen, über den ich vor einiger Zeit berichtet hatte, hat sich als gut gewählt erwiesen. Das Gelege war erfolgreich und ist vor etwa zwei Wochen geschlüpft. Ich hatte großes Glück, denn ich habe noch zwei Küken im Nest erwischt. Sandregenpfeifer sind nämlich Nestflüchter und verlassen sehr schnell nach dem Schlupf ihre Nistmulde. Sie sind schon voll entwickelt und können gleich mit ihren Eltern auf Nahrungssuche gehen, weshalb ich die Familie schon am nächsten Abend am Strand beobachten konnte.

 

Sind die Küken noch sehr klein, ducken sie sich beim Erklingen der Warnrufe ihrer Eltern auf den Boden, sodass sie kaum noch zu entdecken sind. Sind sie schon älter, rennen sie bei Gefahr meistens in eine nahe gelegene Deckung.  Leider hielt das Familienglück nicht lange, denn etwa vier Tage später waren die adulten Sandregenpfeifer schon wieder allein unterwegs. Und nun sind sie wieder am Balzen, sie versuchen also erneut ihr Glück. Hoffentlich dieses Mal mit mehr Erfolg!

Also halte ich weiter Ausschau nach den Anzeichen einer erfolgreichen Brut, hoffe dass die Möwen anderswo ausreichend Nahrung finden, die Sommerhochwasser bis nach der Brutsaison warten und die Löffler bald schlüpfen. Denn ich habe die Hoffnung auf eine Insel voller Küken noch nicht aufgegeben!

Ihre Melanie Theel

Fernweh

Liebe Blogfolger*Innen,

wohlig grabe ich die Zehen in den Sand. Die Sonne scheint mir auf den Kopf, eine leichte Brise zerzaust mir die Haare und die Luft fühlt sich angenehm warm an. Vor mir glitzert das Wasser blau im Licht, der Horizont ist ganz weit weg. Freiheit – endlich barfuß über den Strand stromern. Das Knacken der Muschelschalen unter meinen Füßen und den kommenden Sommer in allen Ecken und Winkeln der Insel spüren.

Was für mich den kommenden Sommer ankündigt, bedeutet für andere: Aufbruch. Für viele Vogelarten wird es nun höchste Zeit in die Brutgebiete zurückzukehren, denn das Zeitfenster für die Brut ist eng. Gestern hat sich ein großer Teil der Weißwangengänse auf den Weg in ihre arktischen Brutgebiete gemacht. Ab dem Morgen zogen pausenlos Trupps an mir vorbei. Leider hatte ich mit dem Wetter etwas Pech, denn gegen Vormittag konnte ich auf dem Wasser kaum noch etwas sehen und die „Ketten“ verschwanden in trübem Grau. Und doch hatte ich in knapp 3,5 Stunden Beobachtungszeit ca. 21.000 Weißwangengänse zusammen. Unglaublich, das miterlebt zu haben! Ein bisschen drängt sich mir die Frage auf, wie viele es wohl gewesen wären, hätte ich den Tag über weiter beobachten können. Aber auch so bin ich mehr als glücklich.

Die Weißwangengänse sind jedoch nicht die einzigen, die sich auf ihren Weg in die Brutgebiete vorbereiten. Auch der Abzug der Ringelgänse und der arktischen Limikolen (Watvögel) steht kurz bevor. Bei den Limikolen ist dies gut zu sehen, denn sie mausern fleißig in ihr Brutkleid. Die Alpenstrandläufer laufen nun also mit schwarzen Bäuchen durch das Watt, sodass sie aussehen, als hätten sie gerade ein kleines Schlammbad hinter sich. Das farbenfrohe Brutkleid ist einerseits wichtig für die Balz, andererseits bietet es eine optimale Tarnung in der Tundra. Nicht alle Vogelarten vollziehen solch einen optischen Wandel über das Jahr, auch wenn alle ihre Federn regelmäßig erneuern müssen. Schließlich stellen diese das wichtigste Werkzeug für den Flug dar.

 

Limikolen im Wandel: Alpenstrandläufer (oben) und Sanderling (unten) in der Mauser vom Schlicht- zum Brutkleid

 

 

So sehr ich mich auch über ihren bunten Anblick freue, schwebt auch ein bisschen Wehmut mit. Ich habe mich so an den Anblick der Limikolen und das „roar roar“ der Ringelgänse gewöhnt, dass ich sie ganz bestimmt vermissen werde. Allzu leer wird es auf Trischen aber nicht werden, denn die ersten Eiderenten treffen bereits zur Mauser ein. Noch sind es vergleichsweise wenige Individuen, doch schon bald werden tausende von Eiderenten den Strand und die Sandbänke bevölkern. Während beispielsweise Alpenstrandläufer und Sanderling nach und nach ihr Gefieder erneuern, ersetzen die Entenvögel ihre Schwung- und Steuerfedern auf einmal – weshalb sie für einige Zeit flugunfähig sind. Um so wichtiger, dass es noch Plätze wie Trischen gibt, an denen sie in dieser Zeit möglichst störungsfrei rasten können.

Ihre Melanie Theel

Let´s race

Liebe Blogleser*Innen,

der erste Samstag im Mai ist bei vielen Vogelbeobachtern rot im Kalender markiert – denn dann startet eines der größten Vogelbeobachtungs-Events in Deutschland: das Birdrace. Unter Organisation des DDA (Dachverband Deutscher Avifaunisten) finden sich an diesem Tag überall in Deutschland Gruppen zusammen, die einen ganzen Tag lang versuchen möglichst viele Vogelarten zu sichten. Von den gemütlichen Beobachtern, die das gesellige Zusammensein mit Vogelbeobachtung verbinden, zu denen, die das Birdrace als Wettkampfveranstaltung verstehen und alles herausholen was geht – jeder ist willkommen. Und so erfreut sich das Birdrace einer zunehmenden Teilnehmerzahl.

Bei so einer Veranstaltung darf Trischen natürlich nicht fehlen und so beschloss auch ich an den Start zu gehen. Leider lief nicht alles so wie geplant. Als mein Wecker um halb fünf nach einer unruhigen Nacht klingelte, merkte ich spätestens dann, dass etwas so gar nicht stimmte. Ich versuchte es trotzdem, schließlich war ja Birdrace und mein Team zählte auf mich. Also quälte ich mich aus dem Bett, kochte eine Kanne Tee (mit Tee ist immer alles besser) und entschied – wieder ins Bett zu gehen. Alles drehte sich und mir war übel. Anscheinend hatte ich irgendetwas im Essen am Vortag nicht vertragen – 1,5h später sah die Welt aber ein bisschen besser aus.

Ich wagte mich also hinaus und konnte starten, endlich! Die erste Vogelart, die ich sichtete: eine Ringeltaube. Kein schlechter Start für Trischen. Auf dem Festland häufig anzutreffen, schaut sie hier nur gelegentlich vorbei. Ein Blick zum Holzstapel unter die Hütte: die ersten Gartengrasmücken des Jahres. Ein Schwenk mit dem Spektiv über das Watt. Oh oh, Spektiv-Schwenken bei Übelkeit ist nicht besonders förderlich für den Magen. Aber immerhin die ersten Trauerseeschwalben und ein großer Trupp Zwergmöwen. Ich entschied, dass Spektiv-Schwenken erst einmal sein zu lassen und zur Südspitze zu laufen. Und ich hatte Glück: Die dort rastende Trauerente war kooperativ – wieder eine Art mehr auf meiner Liste. Unterwegs „sammelte“ ich auch gleich noch den Steinschmätzer ein. Also wieder zurück zur Hütte. Einen Blick auf den Holzstapel, sehr viel Spektiv-Geschwenke über das immer näher kommende Wasser und zwischendurch immer wieder einen Blick auf das Lockgebüsch und über die Insel. Währenddessen bekam ich immer wieder Nachrichten über tolle Sichtungen von meinem Team, das in Leipzig unterwegs war. Normalerweise „racen“ wir gemeinsam, aber dieses Jahr hat es durch meinen Trischen-Aufenthalt nicht geklappt. Daher mussten wir die seit Corona eingeführte flexible Team-Variante (Teammitglieder starten getrennt) wählen.

Leider setzte sich der vielversprechende Start nicht allzu lange fort. Gegen Mittag nahmen die Neu-Sichtungen rapide ab – was aber auch an meinem kränkelnden Gesundheitszustand gelegen haben könnte. Nach einem kleinen Mittagsschläfchen auf der Bank im Windschatten der Hütte – ohne Pause ging es an dem Tag nicht, aber ich wollte wenigstens keinen „Pieps“ verpassen – kam dann aber doch noch mein kleines persönliches Highlight vorbei: ein Wendehals. Er verweilte kurz im Lockgebüsch, lies sich ausgiebig fotografieren und flitze dann wieder davon: ein Topmodel in Eile. Auch sehr schön waren die ersten Mauersegler, die pünktlich zum Birdrace am Nachmittag vorbeikamen: was für ein Timing!

Wendehals

Nach 11 Stunden mehr oder minder intensiven Beobachtens (und eigentlich viel zu früh) war ich gesundheitlich so geschafft, dass ich leider abbrechen musste. Somit war dies mein sowohl von der Zeit als auch von der zurückgelegten Strecke kürzestes Birdrace. Normalerweise legen wir mindesten 80km mit dem Rad zurück, an diesem Birdrace waren es max. 5km zu Fuß. Den Rest der Zeit verbrachte ich entspannt an der Hütte oder auf dem Turm.

Alles in allem hat das Birdrace wieder sehr viel Spaß gebracht und ich bin sehr froh mitgemacht zu haben. Vielleicht sind sie nächstes Jahr ja auch dabei?

Ihre (wieder gesunde) Melanie Theel

Einmal Horchen bitte!

Liebe Blog-Folger*Innen,

mit dem Frühling ist auf Trischen eine andere Geräuschkulisse angekommen. Die Rotschenkel, die sonst das Gros der Gesangskünstler vor der Hütte dargestellt haben, werden gerade zur Mittagszeit von den Seeschwalben und den Lachmöwen übertönt. Während die Lachmöwen sich in der Salzwiese vor der Hütte niedergelassen haben, düsen die Seeschwalben wie wild umher, transportieren Fischchen oder unternehmen Balzflüge.

Küstenseeschwalbe mit Fischchen

 

Nun gäbe es jede Menge toller Dinge über die Seeschwalben zu berichten, beispielsweise dass die Küstenseeschwalbe die Vogelart mit dem längsten Zugweg ist; aber vielleicht wissen sie das alles schon. Daher möchte ich heute noch ein bisschen bei der Geräuschkulisse bleiben.

Vogelstimmen sind ungemein faszinierend. Jede Art hat ihre eigenen Rufe und Gesänge. Dies kann bei der Bestimmung von schwer differenzierbaren Arten und bei Erfassungen helfen. Wenn der Wiesenpieper vor mir in der Salzwiese beispielsweise nicht „ist“en würde, würde ich ihn vermutlich übersehen. Und auch wenn Fitis und Zilpzalp sich sehr ähnlich sehen, können sie gut durch ihren Gesang unterschieden werden. Etwas verkompliziert wird das Ganze dadurch, dass die Bandbreite der Rufe und Gesänge durchaus beachtlich sein kann. Die Kohlmeise ist ein perfektes Beispiel. Haben sie mal darauf geachtet, wie groß das Rufrepertoire der Kohlmeisen in ihrem Garten ist? Bei vielen Arten gibt es Rufe für verschiedene Gelegenheiten. So kann man beispielsweise bei Amseln zwischen Warnrufen bei Luft- oder Bodengefahren differenzieren. Aber auch die Rufe der Jungvögel („Bettelrufe“) oder die Rufe von Männchen und Weibchen können je nach Vogelart unterschiedlich sein. Richtig spannend wird es bei den Imitatoren. Sumpfrohrsänger oder Stare bauen beispielsweise gezielt Gesänge anderer Arten ein, was das Bestimmen deutlich verkompliziert.

Auf Trischen bin ich quasi rund um die Uhr am Horchen, bei der Brutvogelkartierung, der Zugplanbeobachtung oder in der Mittagspause. Jeder „Pieps“ kann Aufschluss geben, wer da gerade über mich hinwegfliegt. Zumindest in der Theorie. Manchmal sagen sie auch einfach nichts!

Parabolspiegel mit Aufnahmerekorder

Ich beschäftige mich aber noch auf andere Weise mit der Akustik. In windstillen Nächten stelle ich häufig einen Rekorder hinaus, der die ganze Nacht über Aufnahmen macht. Einfach weil ich neugierig bin, wer hier nachts so über die Insel zieht. Verstärkt wird das Signal mittels Parabolspiegel, der quasi wie eine Satellitenschüssel aussieht. Am nächsten Tag werte ich die Aufnahmen aus. Damit ich dann aber nicht die ganze Nacht durchhören muss (was mehrere Stunden in Anspruch nehmen würde), arbeite ich mit einem speziellen Programm das Sonagramme erzeugt. Hier werden die Rufe sozusagen verbildlicht und in ihren Frequenzbereichen angezeigt. Das heißt jede Art erzeugt ein anders Rufmuster.

Sonagramm zu obiger Aufnahme

Nachtaufnahmen können quasi überall aufgenommen werden; so wurden auch schon über Großstädten ziehende Mornellregenpfeifer und Triele gemeldet. Ich wollte die städtischen Umgebungsgeräusche umgehen und habe mich zum Erstversuch für Trischen entschieden. Eigentlich hatte ich dies für besonders schlau gehalten, in meiner Rechnung aber die hohe Rufbereitschaft von Rotschenkel und Austernfischer nicht berücksichtigt. Nun klicke ich mich in den Sonagrammen nicht durch Aufnahmen von Autolärm, sondern durch Rotschenkel- und Austernfischerrufe. Aber: es gibt wirklich schlimmeres!

 

Ihre Vogelwartin 2023