Beobachtungen Beiträge

vier Jahre später

Liebe LeserInnen,

nach der Beringung der jungen Silber- und Heringsmöwen ist es Aufgabe der Trischenwarte möglichst viele der Jungmöwen am Strand abzulesen. Das geht ganz gut mit ablaufendem Wasser, da sich die Möwen dann am Strand und auf den nahen Wattflächen aufhalten. Dabei sieht man dann natürlich nicht nur die jungen beringten Möwen, sondern auch Altvögel mit Ring. Je älter die Möwen sind, desto länger ist in der Regel auch deren „Lebenslauf“.

Eine solche Heringsmöwe möchte ich hier gerne porträtieren

Die Heringsmöwe mit dem Farbring „HXELV“ wurde am 7. Juli 2017 auf Trischen beringt. In dem Jahr ist sie hier geschlüpft und war am Beringungstag noch nicht flügge.

Das erste Mal wurde sie im September desselben Jahres in Cotesbach, Leicestershire in England gesehen. Danach war sie eine Zeit lang „verschollen“ und wurde dann im Juni 2018 wieder in Cotesbach gesehen. Dort verbrachte sie den Sommer und wurde dort Ende September noch einmal gesehen.

Nach ihrem Sommer in England flog sie für den Winter nach Frankreich. Anfang November 2018 tauchte sie nämlich in Mimizan in Frankreich auf, wo sie wahrscheinlich den Winter verbracht hat.

Im darauffolgenden Sommer, Im Juli 2019, wurde sie in St. Peter-Ording gesehen. Aber schon einen Monat später, im August 2019 war sie schon wieder in England, in Shawell was nur wenige Kilometer von Cotesbach entfernt liegt. Und genau wie im Jahr davor, verschwindet sie von dort Ende September.

Diesmal geht die Reise aber nicht nach Frankreich, sondern weiter gen Süden nach Portugal. Dort hält sie sich im Februar 2020 am Fluss Douro auf und wird im gleichen Jahr im September wieder in St. Peter-Ording gesichtet.

Dann wurde sie für ein Jahr nicht abgelesen und tauchte nun in diesem Jahr wieder bei mir auf Trischen auf. Hier habe ich sie exakt vier Jahre nachdem sie beringt wurde am 7. Juli 2021 abgelesen.

Ob sie in der Zwischenzeit Trischen verlassen hat oder nicht, weiß ich nicht. Vielleicht ist sie schon wieder in England? Oder direkt auf dem Weg nach Frankreich oder Portugal? Vielleicht wird sie ja wieder irgendwo entdeckt und abgelesen, dann kann ihre Reisegeschichte weitergehen.

 

Das Rätsel der Sandbank

Liebe LeserInnen,

das Buch „Das Rätsel der Sandbank“ von Erskine Childers, welches ich per Post vom Willem (Kapitän der Johanna von Amrum) bekommen habe, ist ein toller und spannender Roman. Zwei junge Engländer segeln Anfang des 20. Jahrhunderts durch das Wattenmeer, um einem Geheimnis auf die Spur zu kommen. Das perfekte Buch, wenn man ebenfalls seine Zeit auf einer Sandbank verbringt und die Ausführungen zu Ebbe und Flut besonders gut nachempfinden kann. Ein Buch welches ich allen Freunden des Meeres und des Wattenmeeres empfehlen kann.

Auch wenn nicht ganz so abenteuerlich, wurde auf der Sandbank Trischen auch ein „Rätsel“ gelüftet. Der Verursacher der Tierspuren, wurde gestern von meinem derzeitigen Besuch in den Salzwiesen im Norden der Insel gesehen und sogar fotografiert:

 

 

Bei scheinbar bester Gesundheit durchstreifte der Fuchs also gestern den Norden der Insel. Somit ist er (oder sie) mittlerweile mindestens zwei Wochen auf der Insel, da ich die ersten Spuren schon am 3. August gefunden habe. Ich bin sehr gespannt, wie es mit dem Tier weitergeht und ob ich es noch einmal zu Gesicht bekommen werde.

 

Tierspuren

Liebe LeserInnen,

die Insel Trischen ist für die Vogelwelt ein ganz besonderer Ort. Zum einen finden sie hier einen bunten Mix an Habitaten, das heißt Lebensräumen, vor. Der Strand mit den Dünen, die oberen dichter gewachsenen Salzwiesen und die unteren eher lockerwüchsigen Salzwiesen. Diese Bereiche bieten ihnen optimale Bedingungen zur Brut oder zur Rast. Die Salzwiesen sind voller Insekten und Raupen. Daneben ist Trischen von reichhaltigen Wattflächen umgeben. Zweimal am Tag fallen diese trocken und eröffnen damit das große Buffet für die Vögel mit Muscheln, Kebsen, Schnecken und Würmern. In den Prielen, den Wasserläufen, die auch bei Ebbe noch die Insel umspülen schwimmen Krabben und Fische.

Neben all dem Reichtum an Lebensräumen und Nahrung ist für die Vögel auch die Insellage entscheidend. Es gibt hier nämlich keine Säugetiere (abgesehen von Fledermäusen, die hier vorbeifliegen), welche den am Boden brütenden Vögeln gefährlich werden könnten. Die Prädation durch Säugetiere wie Fuchs, Marderhund, Iltis oder Ratten stellt am Festland mittlerweile die größte Gefahr für Bodenbrüter dar. Ein großes Problem, welches nur schwer zu beheben ist. Inseln sind damit besonders wichtig geworden. Denn hier sind die Bodennester sicher.

Warum erzähle ich das alles?

Ich habe vor wenigen Tagen Trittsiegel von einem hundeartigen Säugetier am Strand entdeckt. Zuerst dachte ich die Spuren wären von einer großen Möwe gewesen, die auch manchmal so ähnlich Abdrücke im Sand hinterlassen, wenn sie sich zum Flug abstoßen. Aber als ich noch mehr Spuren fand war ich mir sicher, hier ist ein Säugetier gelaufen. Ich gestehe, ich war im ersten Moment ganz erschrocken. Ein befreundeter Biologe und Jäger hat sich meine Fotos angesehen und tippt auf Marderhund oder eventuell auch Fuchs. Er war wie ich erstaunt, dass das Tier so weit übers Watt rausgelaufen und dann ja noch ein gutes Stück geschwommen ist.

Im Jahr 2019 hat meine Vorgängerin zwei frisch tote Marderhunde am Strand gefunden. Und nun einer der aber noch lebt – oder lebte? Das weiß ich nicht genau. Einige Tage nach dem Spurenfund gab es weiter nördlich noch einmal Spuren – seitdem habe ich aber nichts mehr gesehen.

Ich bin jedenfalls sehr froh, dass die Brutzeit vorbei ist und alle Küken schon gut fliegen können. Mal sehen, ob ich noch einmal Spuren oder sogar das Tier selbst finden werde?

Ich kann nicht aufräumen

Liebe LeserInnen,

vorab ein kleines Update zu meinen Mitbewohnern, den Rauchschwalben. Am 22. Juli flog das erste Küken für einige Zeit aus dem Nest. Ich habe es wegen seinen letzten, lustig abstehenden, Dunen am Kopf „Flusi“ getauft. Die drei Geschwister hatten offenbar noch keine Lust und sind erst am nächsten Tag losgeflogen. Jetzt kreisen Flusi 1-4 täglich für ein paar Stunden rund um die Hütte, sitzen mal im Löckgebüsch, welches gleich nördlich der Hütte ist und ruhen sich dort oder im Nest wieder aus.

Und vor wenigen Tagen habe ich zufällig noch weitere Mitbewohner entdeckt. Ich wollte das Zwischendeck der Hütte ein bisschen aufräumen, da sich dort allerlei Dinge angesammelt hatten. Auf dem Zwischendeck wird Brennholz verwahrt, aber auch Markierungsstecken und auch ein bisschen Strandmüll der später entsorgt werden soll.

Na, jedenfalls räume ich dort ein paar Kisten zur Seite und in dem Moment als ich einen mit Reisig gefüllten Korb greifen will entdecke ich darin ein Bachstelzennest. Erschrocken stelle ich schnell die letzten Kisten wieder zurück, wo sie vorher standen, und verlasse das Zwischendeck.

Am nächsten Tag habe ich mich dann auf halber Treppe in einem Tarnzelt verschanzt, um die Elternvögel beim Füttern der Küken zu fotografieren. Erst kam immer nur das Weibchen. Das Männchen (gut an dem kräftig schwarzen Brustlatz zu erkennen) hielt sich im Hintergrund. Dann endlich kam auch er mit Futter im Schnabel. Etwa alle 10 Minuten haben die beiden fette Beute gebracht. Dicke Larven und verschiedenste Insekten.

 

Es wird wohl noch ein paar Tage dauern bis die kleinen Bachstelzen ausgeflogen sein werden. Und bis dahin stelle ich mir vor, wie ich triumphierend zu meinen Eltern sage: „Ich kann nicht aufräumen – die Bachstelzen brüten doch noch!“

 

„Hau ab!“

Liebe LeserInnen,

der Vogelwartin auf Trischen machen die Brutvögel der Insel regelmäßig unmissverständlich klar, dass sie mich eigentlich nicht gernhaben. Im Mai brauchte ich nur vor die Tür treten und schon ging das aufgeregte „Tütern“ der vielen Rotschenkel los, weshalb sie im Volksmund in Norddeutschland auch oft Tüter genannt werden. Gehe ich in diesen Tagen die Treppe runter, kommen schon die Flussseeschwalben aus der nahegelegenen Kolonie rüber und kreischen mich so lange an, bis ich am Dünenübergang bin. Am Übergang piept mich sogleich der Wiesenpieper an, der dort seine Jungen füttert. Kaum am Strand warnt der Sandregenpfeifer sein Junges vor mir und rennt an der Wasserkante entlang, um mich von seinem Jungvogel wegzulocken. Weiter geht es am Strand Richtung Norden. Dort erheben sich Silber- und Heringsmöwen aus den Dünen, wo sie in Kolonien brüten. Manchmal schaffe ich es ein Weilchen unentdeckt zu bleiben – eine wohltuende Ruhe breitet sich aus. Aber kaum bin ich entdeckt, geht es los. Ich werde so lange verfolgt, bis ich aus dem Risikobereich der Kolonie rausgelaufen bin.

 

der Blick sagt Alles

 

Dann kommen die Möwen schnell wieder zu Ruhe und landen am Strand oder in den Dünen. Meine Strandgänge plane ich daher immer zu Niedrigwasser. Dann ist die Störung wesentlich geringer, da viele Vögel weit draußen auf Nahrungssuche sind. Und selbst meine geliebten Rauchschwalben an der Hütte verjagen mich, sobald ich um die Ecke komme.

Aber nicht nur ich werde verscheucht. Vor kurzem, als die Möwen beringt wurden, war für zwei Tage ein Kolkrabe auf der Insel. Der schien gar nicht mehr zu wissen, wohin er flüchten sollte – so sehr wurde er von den Seeschwalben angegangen. Auch meine beiden Rauchschwalben haben mutig mitgemacht. Schlussendlich saß er dann zeitweilig an der unteren Dünenkante, wo er für die Kolonie außer Sicht war. Volker, der bei den Möwen geholfen hat, konnte ein kleines Video aufzeichnen, wo man einen guten Eindruck bekommt was da los war!

Kolkrabe

Auch Silber- und Heringsmöwen werden heftig von den Seeschwalben attackiert, sobald sie sich der Kolonie nähern. Und das ist das Gute an Vogelkolonien. Nach dem Motto „Gemeinsam sind wir stark“ wehren sie effektiv und sehr erfolgreich Feinde ab. Denn Kolkrabe und Möwe haben, im Gegensatz zu mir, keine guten Absichten, wenn sie in die Kolonie fliegen.

 

 

Aber diese Aufregungen werden jetzt merklich weniger. Die Brutzeit nähert sich dem Ende und auch wenn es einerseits schade ist, freue ich mich auf Spaziergänge über die Insel, ohne dass mir jemand im Sturzflug lauthals signalisiert „Hau ab!“