Nature Restoration Law: Update aus Brüssel

Europaparlament, Straßburg. Foto: Udo Pohlmann, Pixabay

NABU-Forderungen, politischer Trilog und intensive technische Arbeit

Liebe #RestoreNature Freundinnen und Freunde,

dieser Beitrag liefert ein kurzes Update aus Brüssel zu dem vor der Sommerpause heftig attackierten Nature Restoration Law (siehe hierzu auch meinen letzten Beitrag zur Abstimmung des Europäischen Parlaments). Denn auch wenn es noch zu früh ist für konkrete Ergebnisse: die Verhandlerinnen und Verhandler der drei am Trilog beteiligten Institutionen haben sich nach dem Sommer ein intensives Arbeitsprogramm auferlegt. Am 5. Oktober findet der erste inhaltliche Trilog statt. Vor diesem appelliert die Zivilgesellschaft einschließlich NABU an die Politik. Mehr als 200 Organisationen fordern eine Wiederherstellungsverordnung mit effektiven Zielen für alle Ökosysteme und verweisen auch auf den durch Extremwetterereignisse wie Dürren, Fluten und Waldbränden gezeichneten Sommer.

Gemeinsamer Appell der Zivilgesellschaft

Heute veröffentlichte die #RestoreNature-Kampagne einenen gemeinsamen Appell an die Politik, der von mehr als 200 zivilgesellschaftlichen Organisationen unterzeichnet ist. Auch der NABU – die Organisation, die sich EU-weit mit am intensivsten in die Kampagne eingebracht hatte – unterstützt den Appell (hier abrufbar). Inhaltlich zeigt der Appell die Schwerpunkte auf, bei denen die Verhandlerinnen und Verhandler nach der desaströsen Positionierung des Europäischen Parlaments nachbessern müssen. Wie bereits angedeutet sind es vor allem die folgenden Bereiche, die für ein effektives Nature Restoration Law (NRL) maßgeblich sind:

  • Es braucht quantifizierbare zeitgebundene und damit vollziehbare Wiederherstellungsziele für terrestrische und marine Ökosysteme, innerhalb und außerhalb von Natura 2000 (Art. 4 und 5 NRL).
  • Ein Verschlechterungsverbot muss dafür sorgen, dass die Wiederherstellungsmaßnahmen längerfristig wirksam sind, zum Schutz von Natur und Klima (gilt bezüglich aller Ökosysteme, v.a. Art. 4 und 5 NRL).
  • Es ist auch für die Ernährungssicherheit unerlässlich, dass das Gesetz Vorgaben zur Wiederherstellung von Agrarökosystemen enthält. Gleiches gilt für Klimaschutz und -anpassung auch bezüglich messbarer Vorgaben für trockengelegte Moore (beides Art. 9 NRL).
  • Es braucht starke und wissenschaftlich solide Vorgaben zur Wiederherstelluung von Waldökosystemen (Art. 10 NRL).
  • Die marinen Zielvorgaben (Art. 5 NRL) müssen umsetzbar sein und dürfen nicht durch die Gemeinsame Fischereipolitik der EU überlagert werden, hier braucht es eine Klarstellung (u.a. in Art. 14 NRL).
  • Die Verhandler müssen die Debatte über eine eigenständige und zusätzliche Naturschutzfinanzierung starten, um die Vorgaben zukünftig auch mit EU-Mitteln abzusichern.
  • Daneben braucht es klare Beteiligungs- und Gerichtszugangsregelungen für die Öffentlichkeit. Außerdem muss das Gesetz wegen der Dringlichkeit der Krisen unmittelbar in Kraft treten, ohne wenn und aber.

 

Erster inhaltlicher politischer Trilog

Noch vor der Sommerpause hatte es zwar den ersten offiziellen Trilog gegeben. Dieser ging aber nicht über Begrüßungsfloskeln hinaus.

Der erste inhaltliche Trilog findet nun am 5. Oktober während der Plenarwoche in Straßburg statt. Beim Trilog sind grundsätzlich für den Rat Vertreter der EU-Ratspräsidentschaft (also die amtierende spanische Umweltministerin), Vertreter des Europäischen Parlaments (also federführend der sozialdemokratische Berichterstatter César Luena, daneben die Schattenberichterstatter etc.) und die Europäische Kommission (hier federführend der Umweltkommissar, unterstützt durch die Kolleginnen und Kollegen der Generaldirektion Umwelt) anwesend.

  • Laut der (nicht veröffentlichten) Tagesordnung für den 5. Oktober soll es zunächst eineinhalb Stunden einen Meinungsaustausch über die folgenden Punkte geben: Art. 4 und 5 (Ziele, Natura 2000), Verschlechterungsverbot, Finanzierungsfragen, Art. 9 und die sozioökonomische Notbremse (Art. 22a).
  • Tiefergehende Diskussion und gegebenenfalls Einigung soll in etwas mehr als einer Stunde v.a. über die weniger konfliktreichen Artikel angestrebt werden (Art. 1, 8, 14a, 10 und 10a).

Bleibt abzuwarten, wie weit die Verhandlerinnen und Verhandler tatsächlich kommen. Der von der Spanischen Ratspräsidentschaft als einziger weiterer Trilog vorgesehene 16. November wird sicherlich nicht mit knapp 3 Stunden auskommen.

 

Intensive Technische Arbeit

Jenseits der politischen Triloge findet die Arbeit in den sogennanten Interinstitutionellen Technischen Treffen der drei Institutionen statt. Diese haben sich ein straffes Programm auferlegt, nahezu wöchentlich tagen sie seit Ende der Sommerpause für mehrere Stunden. Grundlage der Diskussion ist das sogenannte 4-Spalten-Dokument, in dem Einigung über jeden einzelnen Absatz des Gesetzestexts gesucht wird.

Wie die Verhandlungen ausgehen, ist derzeit noch nicht absehbar. Klar ist zum einen, dass sich inhaltlich etwas tun muss, um die oben aufgezeigten Diskrepanzen zu überbrücken. Klar ist zum anderen aber auch, dass es maßgeblich darauf ankommt, am Ende dann eine politische Mehrheit für den Kompromisstext zu finden. Denn dieser muss sowohl vom Rat als vor allem auch vom kritischeren Parlament abgesegnet werden. Wenn Manfred Weber’s Europäische Volkspartei (EVP) und Abgeordnete der liberalen RENEW-Fraktion also weiterhin Blockade spielen, droht zumindest im als erstes gefragten Umweltausschuss des Parlaments erneut ein Patt. Hoffen wir, dass die EVP die Ankündigung, an den Verhandlungstisch zurückgekehrt zu sein, über den Prozess hinweg nun auch ernst meint!

 

 

Raphael Weyland
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