NABU-GAP-Ticker: Die wichtigsten Player zur GAP im neuen Europaparlament
28. Oktober 2019. Die Europawahl ist bereits eine Weile her, so recht in Schwung gekommen ist die Debatte zur GAP im Europaparlament jedoch immer noch nicht. Bereits jetzt zeichnet sich aber ab, dass der Konflikt zwischen Umwelt- und Agrarausschuss die Diskussionen dort dominieren wird. Langsam setzt sich die Maschinerie nun wieder in Gang und bevor die inhaltliche Arbeit in beiden Ausschüssen weitergeht, haben die politischen Gruppen zunächst ihre sogenannten Berichterstatter und Schattenberichterstatter ernannt. Diese sind jene Abgeordnete, die stellvertretend für Ihre politische Gruppe verantwortlich sind für einen Gesetzgebungsvorgang. Sie übernehmen unter anderem die inhaltliche Koordination und gelten in dem Zusammenhang als besonders einflussreich.
Agrarausschuss: deutsche Dominanz nimmt zu
Nach dem Ausscheiden der spanischen Berichterstatterin Esther Herranz-Garcia (EVP) übernimmt nun Peter Jahr (CDU) die wichtigste der drei GAP-Verordnungen, welche u.a. auch die sog. Grüne Architektur enthält. In der vergangenen Legislaturperiode hatte er noch eine Reihe von Änderungsanträgen eingebracht, die aus Umweltsicht kritisch zu sehen sind (siehe hier), weswegen diese Besetzung gegenüber Frau Herranz-Garcia leider keine wirkliche Verbesserung darstellt. Ein Gegengewicht könnten aber Maria Noichl (SPD) und Martin Häusling (Grüne) als Schattenberichterstatter sein (Erklärung der verschiedenen Rollen im EP, siehe hier), welche bisher durch sehr progressive Positionen in Ihren Änderungsanträgen aufgefallen sind (siehe hier). Für die liberale RENEW-Gruppe übernimmt der neu-gewählte tschechische Abgeordnete Martin Hlaváček die Position des Schattenberichterstatters, für die linke GUE/NGL-Fraktion Luke Flanigan aus Irland. Die Zahl der deutschen Abgeordneten in diesem Kreis hat sich so noch einmal deutlich erhöht, ein Ruck in Richtung einer progressiveren Politik ist jedoch leider nicht zu erwarten.
Umweltausschuss: Unterwanderung durch die Agrarlobby?
Auch im Umweltausschuss steht das Verhandlungsteam größtenteils. Angeführt wird es vom Luxemburger EVP Politiker Christopher Hansen. Auch er ist in seinen Änderungsanträgen vor der Abstimmung im Umweltausschuss in der letzten Legislaturperiode leider nicht mit besonders fortschrittlichen Ideen aufgefallen. Unter anderem schlug er vor, die Modulation von der 2. in die 1. Säule zu erhöhen und die Zahlungen für benachteiligte Gebiete wieder als Umweltleistung anzuerkennen. Auch hatte er im Gegensatz zur Parteilinie der EVP den Bericht des Umweltausschusses komplett abgelehnt. Dass gerade er diesen Bericht nun im Parlament vertreten soll, ist daher eine bemerkenswerte Entscheidung seiner Partei. Für die Sozialisten übernimmt der Brite Seb Dance die Rolle des Schattenberichterstatters sowie für die Grünen der Niederländer Bas Eickhout, beide haben in der Vergangenheit sehr naturschutzfreundliche Änderungsanträge eingereicht. Für RENEW kommt mit Jan Huitema ebenfalls ein Niederländer zum Zug. Dieser ist mit der neuen Legislaturperiode vom Agrar- zum Umweltausschuss gewechselt, in der Vergangenheit ist er unter anderem durch die Demontage der Konditionalität im Agrarausschuss aufgefallen. Sein neues Engagement im Umweltausschuss ist deswegen höchst besorgniserregend. Es zeigt aber auch, dass diejenigen, die an der Beibehaltung des Status Quo interessiert sind, den Umweltausschuss als Bedrohung erkannt haben und nun versuchen dagegen zu steuern.
Wie geht es weiter?
Das Präsidium des Parlaments hatte jüngst entschieden, dass die beiden existierenden Berichte des Agrar- und des Umweltausschusses die Grundlage für die weitere Arbeit bilden sollen (siehe hier). Im Agrarausschuss sollen nun in den kommenden Wochen Teile des bestehenden Berichts aus der vergangenen Legislaturperiode noch einmal geöffnet und neuverhandelt werden. Das soll vor allem den neuen Abgeordneten die Möglichkeit geben, sich fachlich einzubringen. Auch steht die Option im Raum, mit dem Umweltausschuss in direkte Verhandlungen über mögliche Kompromisse zu treten, nachdem man diesen vor der Wahl noch komplett ignoriert hatte. Es bleibt dabei jedoch zu hoffen, dass der Umweltausschuss sich in diesen Verhandlungen nicht die Butter vom Brot nehmen lässt und eine Verwässerung wichtiger Positionen im Naturschutz nicht zulässt. Alternativ könnten beide Berichte auch direkt ins Plenum getragen werden, wo alle 751 Abgeordneten sich dann entweder auf die eine oder die andere Seite schlagen können. Eine Abstimmung im vollen Haus wird jedoch nicht vor März/April nächsten Jahres erwartet.
Der NABU-GAP-Ticker
Was steht auf dem Spiel für Insekten, Bauernhöfe und unsere ländlichen Räume? Was sagt Julia Klöckner in Brüssel? Wie stimmen unsere Abgeordneten ab? Was passiert hinter den Kullissen? Im NABU-GAP-Ticker informieren wir über die Verhandlungen zur künftigen EU-Agrarpolitik – denn wir meinen, die Zeit der Hinterzimmerdeals ist vorbei. Es geht um viel – und die Öffentlichkeit hat ein Recht zu wissen, wie der Milliardenpoker um die Gemeinsame Agrarpolitik der EU abläuft. Abonnieren Sie diesen Blog um auf dem Laufenden zu bleiben, stellen Sie Fragen und diskutieren Sie mit uns über die Kommentarfunktion. Hintergrundinfos auf www.NABU.de/agrarreform2021. Folgen Sie uns auch auf Twitter: @NABU_biodiv – #FutureOfCAP
Titefoto: Europäische Union 2013
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3 Kommentare
Jürgen Reckin
29.10.2019, 08:58Was ist von Franz Timmermans zu erwarten, der ja für das "Grün " in Europa zuständig sein soll ?
AntwortenAndré Prescher
29.10.2019, 12:36Bei der GAP liegt der Ball tatsächlich zunächst bei Parlament und Rat (Minister der Mitgliedstaaten), da der Vorschlag der Kommission bereits vorliegt. Wir fordern aber von der Kommission, dass dieser von ihr nachgebessert wird, um Umweltaspekte besser zu berücksichtigen. Der Noch-Agrarkommissar Phil Hogan hatte dies jedoch ausgeschloßen. Auch die Arbeitsaufträge der designierten Kommissionspräsidenin von der Leyen an die zukünftigen Kommissare schließt einen neuen Kommissionsvorschlag noch aus. Gleichzeitig möchte sie ein höheres Niveau an Umweltschutzambitionen in der GAP erreichen. Timmermans wird in Zukunft u.a. die Arbeit der Umwelt- und Agrarkommissare steuern. Ihm gegenüber werden wir unsere Forderung nach einem neuen Kommissionsvorschlag daher aufrecht erhalten. Andernfalls wird es schwierig, die Ziele des Green Deals zu erreichen, wenn die GAP ihren Beitrag nicht liefert. Gleichzeitig werben wir dafür, dass die Kommission in den kommenden Verhandlungen mit Rat und Parlament (Trilog) einer Verwässerung von Umweltstandards entgegentritt. Ferner fordern wir von Timmermans, dass die Kommission in den Gesprächen mit den Mitgliedstaaten im Rahmen der strategischen Planung sich für echten Naturschutz auf nationaler Ebene einsetzt. Strategische Pläne, die das Artensterben nicht stoppen können, sollten von der Kommission nicht genehmigt werden.
AntwortenMakaleka
05.11.2019, 09:01Las soeben diese Recherche aus der NY Times: https://nyti.ms/2NNuW5J Das sollte auch berücksichtigt werden - auch wenn der Artikel wenig Hoffnung darauf macht :-(
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