NABU-GAP-Ticker: Bewegt Frankreich sich in Richtung grüne GAP?

25. Januar 2019. Das Thema deutsch-französische Freundschaft hat in den vergangenen Tagen die Medien bestimmt. Anlass war die Erneuerung des nun über 50 Jahre alten Elysée-Vertrages in Aachen durch Angela Merkel und Emanuel Macron. Nachhaltigkeit spielt in dem frisch unterschriebenen Aachener Vertrag  eine wichtige Rolle und beide Länder streben diesbezüglich eine engere Kooperation an. Zum Thema GAP hatte sich Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner bereits im vergangenen Sommer zu bilateralen Gesprächen mit Ihrem französischen Amtskollegen (damals noch Stéphane Travert) getroffen und eine gemeinsame Erklärung zur Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) beschlossen. Während Deutschland sich ein halbes Jahr später im Agrarrat immer noch auf wenige Gemeinplätze beschränkt, hat Frankreich seine Position seitdem weiterentwickelt (hier weitere Details auf Französisch) und startet mit detaillierten Forderungen in die entscheidenden Verhandlungen in 2019.

Was steht in dem Papier?

Bekannt ist die enthaltene Forderung nach einer Beibehaltung des Agrarbudgets auf dem bisherigen Niveau und die Betonung der pauschalen Direktzahlungen als zentrales Element der GAP. Im Gegenzug wird eine höhere Umweltambition der GAP gefordert und im Gegensatz zur deutschen Sprachlinie auch konkretisiert, was damit gemeint ist. Gefordert wird etwa ein Mindestbudget für Umweltzahlungen für die gesamte GAP. Dies würde über den Kommissionsvorschlag hinausgehen, der nur ein Ausgabenziel für die 2. Säule vorsieht. Ferner sollen die Agrar-Umwelt-Maßnahmen der 2. Säule eine Anreizkomponente enthalten, was deren Attraktivität deutlich steigern würde.

Die bisher sehr vagen Umweltziele im Kommissionsvorschlag sollen konkretisiert und quantifizierbar gemacht werden, was aus unserer Sicht deren Verbindlichkeit stärken würde. Klare EU-Regeln werden zudem als ein Mittel gesehen, die GAP zu vereinfachen. Andere Ministerkollegen haben bisher eine weitgehende Flexibilisierung und Verschiebung von Kompetenzen an die Mitgliedstaaten als Mittel zur Vereinfachung der GAP gesehen. Dies würde aus unserer Sicht jedoch auch das große Risiko eines gegenseitigen Unterbietungswettstreits mit sich bringen, d.h. dass die einzelnen EU-Länder versuchen ihre Wettbewerbsfähigkeit durch immer niedrige Standards kurzfristig zu erhöhen. Die Konditionalität soll gestärkt werden und die bisherigen Greening-Regeln beinhalten. Dies steht im Gegensatz zu den Ideen von vielen der Ministerkollegen im Agrarrat.

Genügend Punkte bleiben jedoch noch unklar und machen eine abschließende Bewertung schwierig. So wird die Frage, welcher Anteil der zwei Säulen der GAP für Umweltleistungen verwendet werden soll, nicht beantwortet. Auch wie genau die Umweltziele zu konkretisieren sind, ist bezeichnenderweise unkonkret. Die Umweltorganisationen, u.a. der NABU, fordern hier eine klare Ausrichtung an den bereits existierenden Zielen der Naturschutzrichtlinien und mehr Raum für die Natur (z.B. durch die Anlage von Landschaftselementen) auf mindestens 10% der landwirtschaftlichen Flächen. Zudem müssen 50% der Mittel der 1. und 2. Säule für den Umwelt- und Naturschutz verwendet werden, um die gewaltigen Umweltprobleme in der Landwirtschaft anzupacken.

Interessant ist auch Frankreichs Kehrtwende bei den Zahlungen an sgn. benachteiligte Gebiete. Bisher werden diese pauschal als Umweltmaßnahmen angesehen. Eine Möglichkeit von der auch Frankreich bisher intensiv gebraucht macht, zum Nachteil von sgn. dunkelgrünen Naturschutzmaßnahmen. In dem Papier sollen diese Zahlungen nur noch für extensive Grünlandwirtschaft aus dem Topf für Umwelt- und Naturschutz bezahlt werden, eine deutliche Verbesserung gegenüber deren bisheriger Position.

Mögliche Trendwende in der Diskussion im Rat

Sicherlich ist nicht alles grün in dem Papier. So ist die Position zu den gekoppelten Zahlungen fragwürdig, da an diesen festgehalten wird, obwohl Sie als umweltschädlich und besonders ineffektiv gelten. Auch wird nicht von den pauschalen Direktzahlungen abgerückt und viele Punkte bleiben im Unklaren. Der Text stellt jedoch einen wichtigen Beitrag in der Diskussion unter den europäischen Agrarministern dar, nicht zuletzt auch aufgrund des großen politischen Gewichts Frankreichs. Im Vergleich zu früheren französischen Positionen  könnte man in diesem Papier einen echten Schritt hin zu einer progressiveren Politik sehen. Ob es diese am Ende liefern kann, zeigt sich jedoch erst, wenn wichtige Details geklärt wurden. Wir sind aber gespannt, ob Julia Klöckner beim nächsten Agrarrat am 28. Januar in Brüssel sich ihrem franz. Kollegen anschließen wird und sich für eine Reform der verstaubten GAP einsetzen wird. Dies wäre auch ganz im Geiste des Aachener Vertrages.

Allerdings relativiert sich dieser gute Eindruck durch das aktuelle Zurückrudern von Macron beim Thema Glyphosat: vermutlich will er vermeiden, dass sich Landwirte den „Gelbwesten“ anschließen und kommt diesen daher mit einer Geste entgegen.

 

Der NABU-GAP-Ticker

Was steht auf dem Spiel für Insekten, Bauernhöfe und unsere ländlichen Räume? Was sagt Julia Klöckner in Brüssel? Wie stimmen unsere Abgeordneten ab? Was passiert hinter den Kullissen? Im NABU-GAP-Ticker informieren wir über die Verhandlungen zur künftigen EU-Agrarpolitik – denn wir meinen, die Zeit der Hinterzimmerdeals ist vorbei. Es geht um viel – und die Öffentlichkeit hat ein Recht zu wissen, wie der Milliardenpoker um die Gemeinsame Agrarpolitik der EU abläuft. Abonnieren Sie diesen Blog um auf dem Laufenden zu bleiben, stellen Sie Fragen und diskutieren Sie mit uns über die Kommentarfunktion. Hintergrundinfos auf www.NABU.de/agrarreform2021. Folgen Sie uns auch auf Twitter: @NABU_biodiv#FutureOfCAP

Titefoto: Europäische Union 2013

 

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