NABU-GAP Ticker: Agrarministern gelingt Kunststück – wie aus wenig Umweltschutz noch weniger wird

16. Oktober 2018. In Luxemburg trafen sich gestern die EU-Ministerinnen und Minister für Landwirtschaft. Im Agrarrat wurde unter anderem der Fortschrittsbericht der österreichischen Präsidentschaft über die Verhandlungen zur wichtigsten Verordnung über die neue GAP-Strategie vorgestellt.

Wir lesen diesen Text mit größter Sorge. Zum einen ist es mehr als problematisch, dass die Mitgliedstaaten die Grundanforderungen in der sgn. erweiterten Konditionalität (siehe hier) verwässern wollen. Sowohl die gesetzlichen Elemente (Wasserrahmenrichtlinie oder die Richtlinie zur nachhaltigen Verwendung von Pestiziden) als auch die darüber hinausgehenden Standards (wie Fruchtfolge, Grünland- und Moorlandschutz) sollen dem Willen der Mitgliedstaaten nach abgeschwächt oder ganz aus der Konditionalität herausgenommen werden. Im gleichen Atemzug wünschten sich die Minister, dass die Eco-Schemes für die Mitgliedstaaten freiwillig sind (zu den Eco-Schemes siehe auch hier und hier). Der Begleitausschuss, der eigentlich die Beteiligung von gesellschaftlichen Akteuren bei der Strategieplanerstellung sicherstellen soll, soll zudem erst eingesetzt werden, sobald die Pläne von der Kommission genehmigt wurden, d.h. wenn bereits die meisten Entscheidungen getroffen wurden.

Insgesamt scheinen die Agrarminister nur daran interessiert zu sein, dass die Gelder aus der GAP möglichst schnell ausgezahlt werden, weshalb versucht wird, die Vorschläge vor allem im Umweltbereich noch mehr zu verwässern. Auf dieser Basis gibt es jedoch keine Rechtfertigung mehr für das Budget der Agrarpolitik.

Höheres Umweltambitionsniveau aber nur Ideen für Bürokratieabbau

Gestern wurde nicht nur der Fortschrittsbericht diskutiert, sondern auch über zwei konkrete Fragen. Die Ratspräsidentschaft wollte zum einen wissen, ob das neue Umsetzungmodell aus Sicht der Mitgliedstaaten ihnen genügend Flexibilität lässt und gleichzeitig einen ausreichenden gemeinsamen Rahmen setzt. Ferner sollten die Mitgliedstaaten erklären, ob die Ziele und Instrumente der neuen grünen Architektur aus ihrer Sicht angemessen sind, um zukünftige Herausforderungen im Bereich Klima- und Umweltschutz zu erreichen.

Die Antworten der Agrarministern waren größtenteils geprägt vom Wunsch nach Bürokratieabbau. Damit einhergehend kamen mehrere Vorschläge, Verpflichtungen im Umwelt- oder sozialen Bereich möglichst unverbindlich zu regeln. Eine Reihe von Ländern wiederholte sich in ihrem Wunsch, dass die Eco-Schemes freiwillig oder so flexibel wie möglich gestaltet werden.

Deutschlands Beitrag war dabei exemplarisch für das im Agrarrat Gesagte. Das BMEL betonte, dass die GAP durch mehr Flexibilität und freiwillige Maßnahmen einfacher und weniger verwaltungsintensiv gemacht werden sollte, auch wenn es unterm Strich ein höheres Umweltambitionsniveau geben müsste. Kappung, Degression, der Leistungsbonus für die Länder die im Umweltbereich ihre Ziele übererfüllen, sollten für Deutschland entweder freiwillig sein oder ganz abgeschafft werden. Wie so aber das höhere Niveau an Umweltambition erreicht werden kann, teilte Deutschland nicht mit.

EU-Kommissar Hogan kritisierte die Mitgliedstaaten und speziell den deutschen Beitrag stark und verteidigte die vorgeschlagene grüne Architektur. Deutschland wolle auf der eine Seite ein „Level Playing Field“ aber gleichzeitig soll alles freiwillig sein. Das passt nicht zusammen sagte der Kommissar und argumentierte, dass ohne verpflichtende Maßnahmen, die GAP in kleinere nationale Politiken zersplittert. Auch wenn kein Mitgliedstaat es explizit ausspricht, so der Kommissar, hätten de facto fast alle darüber geredet, wie sie die GAP renationalisieren können. Er verteidigte auch die Konditionalität und betonte die Notwendigkeit, wichtige Gesetzte wie die Wasserrahmenrichtlinie mit auf zu nehmen. Eine höhere Ambition im Umwelt- und Klimabereich sei unerlässlich, nicht nur um den internationalen Verpflichtungen der EU nachzukommen, sondern um das Budget für die GAP zu sichern.

Wenn die Mitgliedstaaten schlau sind, dann sollten sie die ausgestreckte Hand von Hogan annehmen und eine echte und höhere Umweltambitionen als Chance zu sehen, um das Budget für den Agrarbereich innerhalb des EU-Haushalts zu rechtfertigen. Anders wird ein „race to the bottom“ nicht zu verhindern sein und das nicht nur für die Umwelt sondern für das gesamte GAP Budget.

Der NABU-GAP-Ticker

Was steht auf dem Spiel für Insekten, Bauernhöfe und unsere ländlichen Räume? Was sagt Julia Klöckner in Brüssel? Wie stimmen unsere Abgeordneten ab? Was passiert hinter den Kullissen? Im NABU-GAP-Ticker informieren wir über die Verhandlungen zur künftigen EU-Agrarpolitik – denn wir meinen, die Zeit der Hinterzimmerdeals ist vorbei. Es geht um viel – und die Öffentlichkeit hat ein Recht zu wissen, wie der Milliardenpoker um die Gemeinsame Agrarpolitik der EU abläuft. Abonnieren Sie diesen Blog um auf dem Laufenden zu bleiben, stellen Sie Fragen und diskutieren Sie mit uns über die Kommentarfunktion. Hintergrundinfos auf www.NABU.de/agrarreform2021. Folgen Sie uns auch auf Twitter: @NABU_biodiv#FutureOfCAP

Titefoto: Europäische Union 2013

 

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