GAP-Ticker: Können die „Eco-Schemes“ die GAP noch retten?

12. September 2018 Er hat sich bemüht, aber das Klassenziel nicht erreicht, könnte man über Phil Hogan und seinen Vorschlag für die neue GAP sagen (siehe hier für unsere Stellungnahme). Im Text finden sich zwar einige Elemente, die von der Kommission als großer umweltpolitischer Wurf beworben werden. Eines davon, die erweiterte Konditionalität, haben wir bereits vor der Sommerpause analysiert, mit dem Ergebnis, dass es sich bei weitem nicht um die dramatische Verschärfung von Umweltauflagen handelt, wie von mehreren Seiten (etwa von Julia Klöckner und vom Bauernverband) behauptet wird (siehe hier). Ein zweites wichtiges Element, welches im Kommissionsvorschlag eingeführt wurde, sind die so genannten Eco-Schemes und welche ebenso eine genauere Betrachtung verdienen.

Als Eco-Schemes sind Umweltmaßnahmen zu verstehen, die von Landwirten freiwillig durchgeführt werden können und welche parallel zu den bisherigen Direktzahlungen aus der 1. Säule finanziert werden sollen. Gelder, die zukünftig die Eco-Schemes finanzieren, wären also nicht mehr für die rein flächenbasierten Direktzahlungen verfügbar. Die Maßnahmen selbst werden dabei von den Mitgliedstaaten im Rahmen der strategischen Planung  im Vorfeld definiert und sollen zum einen die drei im Kommissionvorschlag festgelegten Umweltziele adressieren und dabei über das Niveau der Konditionalität hinausgehen.

Die wichtigste Frage is nun: kann die Einführung der Eco-Schemes zu einem besseren Natur- und Umweltschutz in der Agrarlandschaft führen? Von der Konditionalität sind leider keine großen Sprünge zu erwarten und auch die zweite Säule schwächelt aufgrund des stark gekürzten Budgets. Die Erwartungen und die Verantwortung liegen so tatsächlich bei den Eco-Schemes, aber werden sie dieser gerecht?

Unsere Einschätzung

Positiv ist zunächst, dass alle Mitgliedstaaten verpflichtet sind, Eco-Schemes für Landwirte anzubieten. Unklar ist jedoch neben dem genauen Inhalt auch wie viel Geld investiert werden soll, beides liegt im jetzigen Vorschlag im Ermessen der Mitgliedstaaten. Die Erfahrung der Vergangenheit hat jedoch gezeigt, dass die EU-Länder bei existierenden Wahlmöglichkeiten in der Regel die am wenigsten umweltpolitisch ambitionierten Optionen wählen. Diese fehlende detailierte Festlegung der Eco-Schemes birgt so das große Risiko, dass letztendlich wenig effektive Maßnahmen dort untergebracht werden und diese, um die bisherigen Direktzahlungen nicht antasten zu müssen, mit so wenig Geld wie möglich ausgestattet werden.

Deutlich zu begrüßen ist die Möglichkeit, mit den Eco-Schemes wirkliche finanzielle Anreize zur Durchführung von Umweltmaßnahmen zu schaffen. Anders als bei den Programmen in der 2. Säule, kann so eine Prämie an Landwirte gezahlt werden, die über die durch eine Umweltmaßnahme verursachten Kosten und den entgangenen Gewinn hinausgeht. Dies würde die Attraktivität für Landwirte, Umweltschutz auf den eigenen Flächen zu betreiben, deutlich erhöhen und ist eine Voraussetzung dafür, dass dies in größerem Umfang als bisher geschieht. Es stellt sich jedoch auch im selben Zug die Frage, warum dies zukünftig nicht auch für die Agrar-Umwelt-Maßnahmen in der zweiten Säule ermöglicht wird, was NGOs bereits seit langem fordern.

Für einen großflächigen Einsatz müsste aber ein erheblicher Teil der 1. Säule für Eco-Schemes reserviert werden, anstatt den Mitgliedstaaten die Wahl zu lassen, immer noch den Löwenanteil weiter in die bisherigen Direktzahlungen zu stecken. Um sicher zu gehen, dass der Schutz der Biodiversität innerhalb der Eco-Schemes ausreichend zum Zug kommt, schlagen wir zudem eine „doppelte“ Zweckbindung vor: Innerhalb der so abgesteckten Mittel für Eco-Schemes muss ein fester Anteil für wirksamen Naturschutz verwendet werden, der etwa für zusätzliche ökologische Vorrangflächen ausgegeben werden könnte. Andernfalls droht die Gefahr, dass der für die nationalen Regierungen als unattraktiv angesehene Schutz der Biodiversität vernachlässigt wird und die Eco-Schemes z.B. nur für die Förderung von technischen Lösungen im Sinne des precision farming herhalten müssen.

Wie stehen die Chancen?

Für die Einführung einer solchen Zweckbindung fehlt leider der politische Wille unter den EU-Agrarministern. Diese wäre in der Tat ein umfassender, aber notwendiger erster Schritt für eine Transformation der bisherigen Struktur der Agrarförderung. Gleichzeitig hat sich aber auch in Studien gezeigt, dass Betriebe, die in einem reformierten Fördersystem engagiert voran gehen, finanziell gegenüber heute profitieren würden.

Schlimmer noch: Im Rat stehen die grünen Elemente des Kommissionsvorschlags von zwei Seiten unter Druck. Die Konditionalität wird von einer wachsenden Allianz als zu strikt kritisiert wodurch weniger Spielraum bei den Eco-Schemes verfügbar wäre. Anstatt bei diesen jedoch nach zu schärfen, legen die EU-Agrarminister parallel auch hier die Axt an den sowieso schon recht zurückhaltenden Vorschlag der Kommission an. Statt die Gelder für die pauschalen Direktzahlungen anzutasten, wird die generelle Verpflichtung für die Mitgliedstaaten, die Eco-Schemes aufzulegen in den Sitzungen des Agrarrates kritisiert. Auch wird, u.a. von Frankreich, gefordert diese für sozialpolitische Ziele zu öffnen. Dies würde letztendlich aber dazu führen, dass die Eco-Schemes die gleiche Funktion der bisherigen Direktzahlungen ausfüllen würden, nur unter anderem Namen.

Nur vereinzelt wie etwa aus dem Rat der Regionen hört man leise Stimmen, die sich für eine Bindung von Geldern in der ersten Säule für den Natur- und Umweltschutz aussprechen. Die häufig genannten 10% sind jedoch nicht mehr als ein Tropfen auf dem heißen Stein und bei weitem nicht ausreichend. Der NABU, zusammen mit seinen europäischen Partnern, fordert dagegen einen Anteil von 50% innerhalb der ersten Säule, die für die Eco-Schemes in der 1. Säule reserviert werden müssen, wovon wiederum ein fester Betrag für den Schutz der Biodiversität eingesetzt werden soll. Dieser müsste sich zusammen mit den Geldern für AUM in der zweiten Säule auf 15 Mrd. Euro jährlich summieren, der Betrag, der nötig ist, um die Lücke in der Naturschutzfinanzierung zu schließen. So könnte tatsächlich einer echter Umweltschutz auf einer breiten Fläche in unserer Agrarlandschaft ein Come-back feiern.

Der NABU-GAP-Ticker

Was steht auf dem Spiel für Insekten, Bauernhöfe und unsere ländlichen Räume? Was sagt Julia Klöckner in Brüssel? Wie stimmen unsere Abgeordneten ab? Was passiert hinter den Kullissen? Im NABU-GAP-Ticker informieren wir über die Verhandlungen zur künftigen EU-Agrarpolitik – denn wir meinen, die Zeit der Hinterzimmerdeals ist vorbei. Es geht um viel – und die Öffentlichkeit hat ein Recht zu wissen, wie der Milliardenpoker um die Gemeinsame Agrarpolitik der EU abläuft. Abonnieren Sie diesen Blog um auf dem Laufenden zu bleiben, stellen Sie Fragen und diskutieren Sie mit uns über die Kommentarfunktion. Hintergrundinfos auf www.NABU.de/agrarreform2021. Folgen Sie uns auch auf Twitter: @NABU_biodiv#FutureOfCAP

Titefoto: Europäische Union 2013

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