Brutvögel Beiträge

Ich kann nicht aufräumen

Liebe LeserInnen,

vorab ein kleines Update zu meinen Mitbewohnern, den Rauchschwalben. Am 22. Juli flog das erste Küken für einige Zeit aus dem Nest. Ich habe es wegen seinen letzten, lustig abstehenden, Dunen am Kopf „Flusi“ getauft. Die drei Geschwister hatten offenbar noch keine Lust und sind erst am nächsten Tag losgeflogen. Jetzt kreisen Flusi 1-4 täglich für ein paar Stunden rund um die Hütte, sitzen mal im Löckgebüsch, welches gleich nördlich der Hütte ist und ruhen sich dort oder im Nest wieder aus.

Und vor wenigen Tagen habe ich zufällig noch weitere Mitbewohner entdeckt. Ich wollte das Zwischendeck der Hütte ein bisschen aufräumen, da sich dort allerlei Dinge angesammelt hatten. Auf dem Zwischendeck wird Brennholz verwahrt, aber auch Markierungsstecken und auch ein bisschen Strandmüll der später entsorgt werden soll.

Na, jedenfalls räume ich dort ein paar Kisten zur Seite und in dem Moment als ich einen mit Reisig gefüllten Korb greifen will entdecke ich darin ein Bachstelzennest. Erschrocken stelle ich schnell die letzten Kisten wieder zurück, wo sie vorher standen, und verlasse das Zwischendeck.

Am nächsten Tag habe ich mich dann auf halber Treppe in einem Tarnzelt verschanzt, um die Elternvögel beim Füttern der Küken zu fotografieren. Erst kam immer nur das Weibchen. Das Männchen (gut an dem kräftig schwarzen Brustlatz zu erkennen) hielt sich im Hintergrund. Dann endlich kam auch er mit Futter im Schnabel. Etwa alle 10 Minuten haben die beiden fette Beute gebracht. Dicke Larven und verschiedenste Insekten.

 

Es wird wohl noch ein paar Tage dauern bis die kleinen Bachstelzen ausgeflogen sein werden. Und bis dahin stelle ich mir vor, wie ich triumphierend zu meinen Eltern sage: „Ich kann nicht aufräumen – die Bachstelzen brüten doch noch!“

 

meine Untermieter

Liebe LeserInnen,

beim Bericht über die Brutvogelkartierung hatte ich ja bereits meine neuen Mitbewohner, die Rauchschwalben, erwähnt. Diese sind immer noch bei mir und füttern mittlerweile fleißig die Küken im Nest. Angefangen hat alles am 5. Juni. In der Zeit fliegen viele Rauchschwalben über Trischen hinweg. Aber an dem Tag hat sich ein Männchen entschieden an der Hütte zu bleiben. In den darauffolgenden Tagen hat er viel gesungen, vor allem wenn andere Schwalben auf der Insel ankamen. Die meisten aber flogen weiter Richtung Norden. Drei Tage später ist ein Weibchen dann geblieben. Gemeinsam inspizierten sie die Hütte. Und schon am 10. Juni konnte ich die Beiden mit Nistmaterial beobachten. Nur wenige Tage hat es gedauert, bis die Nisthilfe an der Hütte ausgepolstert war und die Eier bebrütet wurden.

 

In den ersten Julitagen sind die Küken geschlüpft und ich hatte Gelegenheit eine kleine Aufnahme zu machen:

bei der Brut

Mittlerweile sind die Küken schon richtig groß geworden. Vier Stück sind es und man kann in der folgenden Aufnahme gut erkennen, wie sich die Federn an den Flügeln aus den Federkielen schieben. Da kann es beim „sich strecken“ schon ganz schön eng im Nest werden!

Fütterung

 

 

Wer brütet denn da?

Liebe LeserInnen,

es wurde in der Vergangenheit schon öfter über das Kartieren von Brutvögeln geschrieben. Dennoch möchte ich hier die vorläufigen Ergebnisse für diese Saison vorstellen, zumal die Brutvogelkartierung eine der zentralen Aufgaben im Frühjahr ist.

Ganz grob teilen sich die Brutvögel in zwei Gruppen: Koloniebrüter und Einzelbrüter.

Zu den Koloniebrütern gehören auf Trischen die Kormorane, Löffler, Seeschwalben und Möwen. Eher einzeln brüten dagegen Feldlerchen, Wiesenpieper, Austernfischer und Rotschenkel. Entsprechend verschieden sind dann auch die Methoden, wie diese Arten erfasst werden.

Die Koloniebrüter werden oft anhand von Fotos von auffliegenden Vögeln, Luftbildern (z.B. Drohne) oder Nesterzählungen ausgewertet. Oder es werden einfach alle Vögel gezählt und anschließend mit dem Korrekturfaktor 0,7 multipliziert, was dann die Brutpaarzahl ergibt.

Für die Einzelbrüter, welche hier vor allem in den Salzwiesen brüten, gehe ich die Fläche ab und notiere die einzelnen Brutpaare.

In vielfacher Hinsicht ein herausforderndes Unternehmen. Zum einen brüten auf Trischen sehr viele Vögel und zum anderen ist das Gelände unübersichtlich und teilweise schwer zu begehen. Man kommt nicht drum herum einige der vielen tiefen und schlickigen Priele, welche die Salzwiesen durchziehen, zu durchqueren.

 

Spannend war auch zu sehen, wie viele der alten Siedlungsspuren noch in den Salzwiesen erkennbar sind. Alte Schafdämme und Grüppen, das sind aufgeworfene erhöhte längliche Kuppen, sind heute noch gut zu erkennen. Aber dazu ein anderes Mal mehr. Hier noch eine Übersicht der Verteilung und eine Liste für ein paar ausgewählte Arten:

Kormoran 119 Nester

Löffler 179 Nester

Nonnengans 25

Sandregenpfeifer 3

Austernfischer 72

Rotschenkel 77

Lachmöwe 383

Sturmmöwe 26

Heringsmöwe 1702

Silbermöwe 1298

Mantelmöwe 9

Flussseeschwalbe 267

Küstenseeschwalbe 7

Zwergseeschwalbe 15

Feldlerche 31

Wiesenpieper 39

Rauchschwalbe 1

Ja, Sie haben richtig gelesen. Ein Brutpaar Rauchschwalben habe ich kartiert. Da ist ja klar wo die wohl brüten. Seit einigen Tagen habe ich nämlich neue Mitbewohner bekommen! Die stelle ich demnächst aber noch einmal ausführlich vor.

 

 

 

Im Penthouse

Liebe LeserInnen,

wir alle kennen die verschiedensten Formen von Nestern. Die Meisen und Sperlinge in den Nistkästen, die Amsel und das Rotkehlchen in der Efeuwand und im dichten Gebüsch, der Kiebitz in der Ackerfurche.

Hier auf Trischen brüten alle Vögel am Boden. Die Möwen drehen flache Mulden und staffieren diese mit Grashalmen aus. Die Austernfischer legen manchmal ihre Eier auch einfach in den Sand, genau wie die Zwergseeschwalben und Sandregenpfeifer. Die Rotschenkel wiederum verstecken ihre Nester so gut, dass man sie nie finden kann.

Aber der Löffler übertrifft sie alle in Extravaganz. Hoch hinaus baut er seine Nester. Kunstvoll aufgetürmt, stehen sie mal Einzeln und mal in Gruppen zusammen. Sorgfältig werden Äste zusammengesteckt und das Innere des Nestes mit weicherem Material ausgepolstert, wo der Löffler im Schnitt 3 Eier reinlegt. Der Turm muss schon gut konstruiert sein, damit der recht große Vogel darauf auch Halt findet.

 

Vor einigen Tagen war ich mit drei Helfern in der Löfflerkolonie, um die Nester mit dem GPS-Gerät einzumessen und die Eianzahl aufzunehmen. In manchen Nestern konnten wir leider auch Seile, Schnüre oder Folien finden, die wir entfernt haben. Noch gab es keine Anzeichen, aber schon bald werden die Küken schlüpfen.

Und kurz bevor wir fertig sind, entdecken wir ein Nest etwas abseits der Kolonie. Das war so unglaublich hoch wie kein anderes! Scherzend und lachend, dass das ja wohl das Luxus-Penthouse ist, verlassen wir die Kolonie, mit 179 Nestern im GPS-Gerät und 551 gezählten Eiern – so viele wie noch nie auf Trischen!

 

Das milde Wetter in diesen Tagen ist optimal, damit die Kleinen schlüpfen und dann schnell groß werden können.

 

Schadstoffe in Eiern

Liebe LeserInnen,

seit 1998 werden im trilateralen Wattenmeer (DK, D, NL) die Eier von Austernfischern und Flussseeschwalben auf Schadstoffbelastungen hin untersucht. Als Muschel- und Fischfresser, sind die beiden Arten sogenannte Topprädatoren und stehen damit weit oben in der Nahrungskette. Die Umweltchemikalien werden über die Nahrung aufgenommen, reichern sich im Körper an und gehen zur Brutzeit konzentriert in die Eier über. Die Belastungen der Eier spiegeln damit die Belastung des Vogels wider. Untersucht werden dabei unter anderem Quecksilber, sowie Industriechemikalien (polychlorierte Biphenyle (PCB), Hexachlorbenzol (HCB)) und Insektizide (Hexachlorcyclohexan (HCH), DDT). Diese Chemikalien sind in der Umwelt sehr stabil und werden kaum abgebaut. Aufgrund ihrer Fett-Löslichkeit werden diese Stoffe in der Nahrungskette weitergegeben, konzentriert und toxisch.

 

Trischen ist dabei eine von 16 Probenahmestellen. In den Berichten kann man sehen, dass die Belastungen hier besonders hoch sind. Daher habe ich darüber mit Frank Mattig vom ICBM – Institut für Chemie und Biologie des Meeres gesprochen.

 

Herr Mattig, die analysierten Eier nahe der Elbmündung sind ja scheinbar besonders stark kontaminiert?

Ja, die Elbe bringt die Schadstoffe mit sich. Das erklärt die hohen Werte an den Stationen an der Elbmündung und auf Trischen.

 

Viele Schadstoffe nehmen langfristig ab. Dennoch gibt es Parameter wie die sogenannten TEQs, die eher zunehmen und sogar den empfohlenen Grenzwert für Hühnereier um ein Vielfaches überschreiten. Was sind TEQs?

Mit TEQ oder „toxische Äquivalente“ werden die Anteile der toxischen (dioxinähnlichen) PCB bezeichnet. PCB ist ein Stoffgemisch. Es gibt 209 verschiedene Möglichkeiten wie es aufgebaut sein kann. Manche Varianten sind dabei toxischer als andere. PCBs sind generell sehr langlebige und stabile Verbindungen.

 

Würden Sie denn heute (wenn es erlaubt wäre) ein Seevogelei verzehren?

Eines schon, aber nicht regelmäßig. Die hier untersuchten Schadstoffe reichern sich im Fettgewebe von Tieren und Menschen und innerhalb der Nahrungskette an, also auch in meinem Körper. Da sind mir die weniger belasteten Hühnereier lieber.

 

Die definierten OSPAR-Ziele für Schadstoffe in Vogeleiern werden nach wie vor nicht erreicht. Was muss ihrer Meinung nach geschehen, um diese Ziele zu erreichen?

Viele Verbote von Schadstoffen in der Vergangenheit waren schon sehr hilfreich, aber wir kämpfen immer noch mit den Altlasten. Die Kontaminationen aus der Vergangenheit bekommen wir nicht mehr eingefangen. Längst verbotene Stoffe wie DDT, werden noch sehr lange Zeit in unserer Umwelt verbleiben. Wir müssen daher heute dafür sorgen weniger Schadstoffe in die Umwelt zu entlassen und die Tierwelt möglichst gut zu schützen, da sie ja bereits diesen Belastungen ausgesetzt sind.

Ich bedanke mich bei Herrn Mattig für das aufschlussreiche Gespräch.

Mit sehr nachdenklichen Grüßen von Trischen,

Ihre Anne