Im Penthouse

Liebe LeserInnen,

wir alle kennen die verschiedensten Formen von Nestern. Die Meisen und Sperlinge in den Nistkästen, die Amsel und das Rotkehlchen in der Efeuwand und im dichten Gebüsch, der Kiebitz in der Ackerfurche.

Hier auf Trischen brüten alle Vögel am Boden. Die Möwen drehen flache Mulden und staffieren diese mit Grashalmen aus. Die Austernfischer legen manchmal ihre Eier auch einfach in den Sand, genau wie die Zwergseeschwalben und Sandregenpfeifer. Die Rotschenkel wiederum verstecken ihre Nester so gut, dass man sie nie finden kann.

Aber der Löffler übertrifft sie alle in Extravaganz. Hoch hinaus baut er seine Nester. Kunstvoll aufgetürmt, stehen sie mal Einzeln und mal in Gruppen zusammen. Sorgfältig werden Äste zusammengesteckt und das Innere des Nestes mit weicherem Material ausgepolstert, wo der Löffler im Schnitt 3 Eier reinlegt. Der Turm muss schon gut konstruiert sein, damit der recht große Vogel darauf auch Halt findet.

 

Vor einigen Tagen war ich mit drei Helfern in der Löfflerkolonie, um die Nester mit dem GPS-Gerät einzumessen und die Eianzahl aufzunehmen. In manchen Nestern konnten wir leider auch Seile, Schnüre oder Folien finden, die wir entfernt haben. Noch gab es keine Anzeichen, aber schon bald werden die Küken schlüpfen.

Und kurz bevor wir fertig sind, entdecken wir ein Nest etwas abseits der Kolonie. Das war so unglaublich hoch wie kein anderes! Scherzend und lachend, dass das ja wohl das Luxus-Penthouse ist, verlassen wir die Kolonie, mit 179 Nestern im GPS-Gerät und 551 gezählten Eiern – so viele wie noch nie auf Trischen!

 

Das milde Wetter in diesen Tagen ist optimal, damit die Kleinen schlüpfen und dann schnell groß werden können.

 

Anne Evers

Vogelwartin 2020/21