Search Results For steppenweihe

Frühlingsboten

Liebe Trischen-Begeisterte,

der Frühling kommt, ich kann ihn unter meinen vier Kleidungsschichten spüren. Neulich habe ich mit einem Freund telefoniert und eine Goldammer durch das Telefon singen hören. Zuerst war ich ganz schön irritiert, passte das Gesangsstück nicht nach Trischen. Doch dann fiel mir wieder ein, dass der Frühling am Festland schon eingekehrt sein muss. Kurz habe ich mich nach dem frischen Grün des sprießenden Grases und der Blätter im Wald gesehnt, nach den ersten Blüten und den Gesangskünsten der Singvögel. Doch dann fiel mir auf, dass auch hier die ersten Frühlingsboten zu erkennen sind – wenn man nur genau genug hinschaut: In einem Dünental habe ich die erste offene Blüte einer Vogelmiere (Stellaria media) gefunden und gleich hier neben der Hütte öffnet das Englische Löffelkraut (Cochlearia anglica) seine Blüten.

Vogelmiere (Stellaria media)

Englisches Löffelkraut (Cochlearia anglica)

Auch die Vogelwelt kündigt den Frühling an. Neben den regen Balzaktivitäten der Brutvögel, kommt der ein oder andere gefiederte Frühlingsbote vorbei. Vor wenigen Tagen sah ich beispielsweise die ersten Steinschmätzer den Strand entlang huschen. Und am Ostermontag saß ich gerade gemütlich beim Mittagessen in der windstillen Ecke hinter der Hütte, als ein Sperber von Westen über das Meer kommend direkt über meinen Kopf hinweg zog. Die Mittagspause war erstmal vergessen, zog es mich gleich ans Spektiv. Und siehe da, in regelmäßigen Abständen kämpften sich die Greife im Tiefflug über das Meer. Trischen meinte es gut mit mir, konnte ich sie bei perfekten Lichtverhältnissen – eine Gelegenheit, bei der man sich über Wolken am Himmel freut – beobachten. Sperber, Rohr- und Kornweihe waren die häufigeren Durchzügler. Aber auch ein Turmfalke kam vorbei. Mehrmals dachte ich mir „nur noch einmal Schwenken“, doch immer wieder entdeckte ich einen neuen Greifvogel, der über das Meer in Richtung Osten zog.

Und dann…Kennen sie diesen Moment, in dem das Herz vor Aufregung kurz zu Schlagen aufhört, um dann um so schneller wieder einzusetzen? In dem der Kopf komplett leergefegt ist, bis einem wieder einfällt, dass man sich schleunigst alle Merkmale einprägen sollte, weil man hier vielleicht etwas „Seltenes“ vor sich hat und die Kamera blöderweise in der Hütte außer Reichweite liegt? Dass es sich um eine Weihe handelt, war relativ schnell klar. Doch wirkte diese hier anders als die Weihen, die ich bisher kannte. Sobald das Tier vorbeigezogen war, bin ich schnell in die Hütte geeilt und habe meine Bestimmungsbücher zu Rate gezogen. Und alle Merkmale passten: eine Steppenweihe! Ich hatte bisher nie die Gelegenheit eine zu beobachten, wollten die Steppenweihen nie da sein, wo ich war. Aber dieses Mal hatte ich Glück.

Und nun konnte ich wirklich beruhigt zurück in die Hütte gehen und den Montag voller etwas anderer Osterüberraschungen ausklingen lassen.

Ihre Melanie Theel

 

Im Sturm

Seit Tagen quillt der Speicherkoog über von Rotfußfalken und Steppenweihen. Der Speicherkoog ist das nächstgelegene Naturschutzgebiet am Festland. Meldung folgt auf Meldung. Tagelang starre ich also Löcher in die Luft, denn auch ich möchte mich am Anblick dieser nicht nur seltenen, sondern auch außergewöhnlich schönen Tiere ergötzen. Aber, aber: Nichts! Der Himmel ist leer! Beide Arten wurden auf Trischen bereits mehrfach beobachtet. Aber dieses Jahr scheint die Mühe, einmal herüberzufliegen, zu groß zu sein. Nicht einmal einen Mäusebussard konnte ich bisher notieren! Es gibt Tage, da treiben mich meine durch Abwesenheit glänzenden gefiederten Freunde zum Wahnsinn.

Aber es gibt auch die anderen Tage. Es sind die Tage, an denen ich nichts mehr hören und durch den schmalen Augenschlitz zwischen Kapuze und Balaclava kaum noch sehen kann – und mich dennoch pudelwohl und ganz in meinem Element fühle. An diesen Tagen ist Sturm.

Ende vergangener Woche hatte ich an drei von vier Tagen Landunter. In peitschenden Schauern stand ich knietief im Wasser unter der Hütte und versuchte eine Reihe Plastikkanister, die ich im Laufe der Zeit am Strande gesammelt hatte, am Wegtreiben zu hindern. Wenn einmal die Sonne durchbrach, sah man im Wasser Heerscharen von Laufkäfern, Spinnen und Weberknechten um ihr schwindendes Leben kämpfen. Der Sommer trieb davon. Innerhalb weniger Minuten umstanden in wechselnder Himmelsrichtung mehrere Regenbögen die Hütte: Rettungsinseln, auf denen sich die Farben zusammengekauert hatten. Ich weiß nicht, was es ist, aber ich liebe dieses Wetter. Es fühlt sich an, als wenn der Wind direkt durch den Brustkorb ans Herz fasst und es tüchtig durchrüttelt.

An solchen Tagen stehe ich stundenlang Wache. Eingepackt in den dick gefütterten Ledermantel, mit Handschuhen über den steifen Fingern, einem guten Fernglas um den Hals und der tobenden See fest im Blick warte ich auf den einen Moment: Den Moment, in dem ein winziger, rasender Punkt über dem Horizont erscheint und wieder in einem Wellental wegtaucht…aber noch ist das nicht mehr als ein hoffnungsvoller Gedanke. Und der versinkt mit jeder Regenbö weiter im Grau. Doch wer hätte jemals behauptet, dass die Suche nach Sturmtauchern ein Kinderspiel sei? Schließlich tragen sie ihr Wohlfühlwetter im Namen. Aber wo sind sie? Ist da draußen überhaupt irgendetwas? Immerhin wird mir das Warten bald versüßt.

Ich telefoniere gerade mit einem Freund, als ich mich vor Anspannung fast verschlucke: „R-R-RRAUBMÖWEEE!!“ Ich pfeffere das Handy zur Seite (‚tschuldigung, Jan!). Ein schwarzes Etwas saust niedrig unter den Sturmböen den Strand entlang. Ein Blick durchs Fernglas – ein Griff zur Kamera – zack! Weg ist sie! Das Herz pumpt.. Eine Silbermöwe ist ja ein eleganter Vogel. Aber verglichen mit einer Schmarotzerraubmöwe wirkt sie wie ein VW Passat neben einem Lamborghini Diablo. „Schmaros“ sind arktische Brutvögel, die im Herbst weit draußen auf See bis in ihre Winterquartiere im Südatlantik ziehen. Sie sind Meister des Sturms, der Kälte und des Windes, uns es gibt wahrscheinlich kaum einen Vogel der ihre blitzartige Manövrierfähigkeit übertrifft. Besonders toll finde ich, dass sie in verschiedenen Farbvarianten vorkommen: Der von mir zuerst beobachtete Vogel sah wirklich aus wie ein schnittiger schwarzer Teufel. Später folgte noch eine „helle Morphe“. Normalerweise haben alle anderen Möwen panische Angst wenn sie auftauchen, denn Schmarotzerraubmöwen traktieren andere Vögel, bis diese ihre Beute fallen lassen und die Raubmöwe damit abziehen kann. Diese hier stieß nur einmal etwas uninspiriert einer Silbermöwe in den Bauch und flog dann ab. Ein bisschen wie der böse Willi auf dem Schulhof, der das Schubsen dann doch nicht bleiben lassen kann. Obwohl er eigentlich keine Lust hat. Aber natürlich ist das schlichtweg ihre Lebensweise, ihre ökologische Nische. Die Schmarotzerraubmöwe ist genau so wenig „böse“ wie die Nachtigall.

Und dann erfüllt mir der Sturm doch noch meinen Traum. Ich wische mir zweimal die Augen: Doch. Da ist er. In irrsinniger Fahrt rast ein schwarzbrauner Punkt durch die Wellen. Gerade eben erkenne ich einen kleinen Körper, der zwischen zwei ziemlich langen, steifen Flügeln wie aufgehängt wirkt. Das Tier ist wahnsinnig schnell unterwegs. Mehrfach verliere ich den Vogel wieder aus den Augen. Und doch erkenne ich in etwa anderthalb Minuten Beobachtungsdauer keinen einzigen Flügelschlag. Es ist ein Dunkler Sturmtaucher! Falls Sie sich fragen, warum er es so eilig hat: Er kommt gerade aus Südamerika. Und wissen Sie, wo er wieder hin will, um zu brüten? Genau.

Hach! Wer braucht schon Schönwettervögel? Nimm das, Mäusebussard..

Bild 1: Die tosende See vor West. Den Dunklen Sturmtaucher müssen Sie sich leider vorstellen. Bei Windstärke 9 war nicht daran zu denken, ihn mit dem Handy durch das Spektiv zu fotografieren.

Bild 2: Die Schmarotzerraubmöwe. Ich liebe diese Vögel!

Von echten und vermeintlichen Seltenheiten

Liebe LeserInnen,

egal mit welcher Tiergruppe man sich beschäftigt, es gibt immer häufige und seltene Arten. Und genau wie manche Menschen hinter seltenen Briefmarken her sind, sammeln andere Menschen Sichtungen von seltenen Vogelarten. Diese Leute fahren zum Teil viele Kilometer, „nur“ um einen seltenen Vogel zu sehen.

Und klar, auch ich freue mich, wenn ich Vogelarten sehe, die ich eben nicht so häufig zu Gesicht bekomme. Und so waren die letzten Augusttage auf Trischen schon ein bisschen aufregend, da ich (für mich) drei seltene Arten und eine vermeintlich seltene Art gesehen habe. Hier erst einmal die drei echten Seltenheiten:

 

Die Steppenweihe

Steppenweihen werden jährlich in Schleswig-Holstein gesichtet, aber eben lange nicht so häufig wie die anderen Weihen. Ihre Brutgebiete liegen viel weiter im Süd-Osten Europas und auch die Hauptzugroute liegt im östlichen Mittelmeer. Daher kommen immer nur wenige Vögel bis nach Deutschland. Mit ihrer kontrastreichen Zeichnung am Hals bestehend aus einem hellen Kragen mit dunkler „Boa“ ist sie gut zu erkennen. Ich hatte Glück, da die Steppenweihe erst nahe an der Hütte vorbeiflog, um dann an der Wiesenkante einen Rotschenkel zu erbeuten. So hatte ich Zeit ein Bild zu machen.

Steppenweihe mit Rotschenkel

Der Mornellregenpfeifer

Über die Sichtung der vier Mornellregenpfeifer habe ich mich besonders gefreut, habe ich doch über einen langen Zeitraum mehrfach versucht diese Vögel zu sehen. Für sie bin ich tatsächlich schon öfters irgendwo hingefahren, wo kurz vorher welche gesichtet wurden – immer ohne Erfolg; bis auf einmal. Diese vier waren also erst meine zweite Sichtung dieser Art. Mornellregenpfeifer kommen hier nur auf dem Zug vor, da ihre Brutplätze hoch im Norden, in den Tundren Schwedens und Norwegens sowie in Schottland, liegen. Ein Foto konnte ich leider nicht machen.

 

Der Ziegenmelker

Ziegenmelker sind nachtaktive Vögel und schlafen im Tageseinstand. Dieses Tier hatte sich dafür ein paar Hölzer ausgesucht, welche gleich neben der Treppe liegen. Und da saß dieser außergewöhnliche Vogel den ganzen Tag und hat sich bis zur Dämmerung nicht vom Fleck bewegt. Ziegenmelker sind unheimlich gut getarnt und imitieren einen Ast auf welchem sie längs draufsitzen, um quasi mit ihm zu verschmelzen. In der Nacht fliegen sie lautlos umher und jagen Insekten aus der Luft. In Deutschland sind sie recht selten. Scheinbar wurde rund um das Jahr 77 n. Chr. verbreitet, das die Vögel nachts an Eutern von Ziegen saugen – daher der bis heute bestehende etwas seltsame Name.

Und nun die Seltenheit, die doch keine war:

Die Weißbartgrasmücke

Beim morgendlichen Blick ins Lockgebüsch wird mir plötzlich anders: eine Grasmücke mit rotem Bauch – habe ich noch nie gesehen! Was kann das sein? Ich mache ein paar Fotos, bin immer noch ganz unsicher, tippe aber auf Weißbartgrasmücke. Ich schicke die Bilder zu Martin, der mir bei schwierigen Beobachtungen hilft und er ist im ersten Moment auch aufgeregt. Aber dann, bei genauerem Hinsehen, entpuppt sich die Seltenheit als ganz normale Klappergrasmücke, die wahrscheinlich an oder bei reifen Beeren gefuttert hat und sich dadurch rötlich eigefärbt hat.

Also nur Fehlalarm – war trotzdem toll!

Greifvögel und Falkenartige. Ein Nachtrag zur Steppenweihe und mehr…

Bei so viel Greifvogelaufregung weiß ich gar nicht wovon ich als erstes berichten soll. Der Vollständigkeit halber geht es zunächst erneut um Steppenweihen. Im vorletzten blog-Eintrag waren diese Vögel Thema, aber weil noch mehr kamen und recht gut vor der Kamera posierten, sollen sie hier erneut Erwähnung finden.

Gestern bekam die Steppenweihe dann Gesellschaft. So liefs ab:

Steppenweihen

Seit 2012 werden auf Trischen fast jährlich einzelne Steppenweihen gesehen. Dieses Jahr konnte ich bisher zwei dieser schönen Greifvögel beobachten.