The Sound of Silence
Liebe Trischen Blogleser*innen,
wenn ich an eine unbewohnte Insel denke, denke ich neben einer unberührten Natur vor allem an eines: absolute Stille.
Wer kennt ihn nicht, den Alltagslärm der uns tagtäglich umgibt – sei es eine vielbefahrene Straße vor dem Fenster oder der lärmende Nachbar? Etwa 12km entfernt vom Festland bekomme ich akustisch recht wenig von der Welt dort draußen mit. Gelegentlich höre ich das Surren eines Flugzeugmotors oder das Brummen eines der großen Schiffe, die an Trischen vorbei schippern. Aber Stille? Weit gefehlt! Auf Trischen herrscht eine ganz andere Geräuschkulisse. Zum Tosen des Windes, gesellt sich das „Stimmengewirr“ meiner Nachbarn – und die haben gerade zu dieser Zeit viel zu sagen. Es ist Balzzeit: Brutpartner müssen gefunden und Reviere verteidigt werden. Und gerade die Rotschenkel vor meiner Hüttentür meinen es sehr ernst damit. Sie sind meist das Letzte was ich beim Einschlafen höre und das Erste was ich morgens beim Aufwachen mitbekomme. Pausenlos schwirren sie laut rufend durch die Luft, sitzen auf den Pfählen rund um die Hütte und recken ihre Flügel in die Luft, damit auch jeder Rotschenkel in der Umgebung, ihre weißen Federzeichen bewundern kann.
Nicht dass sie nun auf falsche Gedanken kommen: Ich möchte mich keineswegs beschweren, bestaune ich das Spektakel und die Mühen, die dabei auf sich genommen werden, jeden Tag aufs Neue. Mit einem bewundernswerten Durchhaltevermögen zeigen die gefiederten Bewohner Trischens ihren (zukünftigen?) Partner*innen, was sie alles zu bieten haben. Und dies kann auf ganz vielfältige Weise geschehen. Seeschwalben sind vielleicht das beeindruckendste Beispiel der heimischen Vogelwelt: Hier überreicht das Männchen dem Weibchen ein Brautgeschenk in Form eines kleinen Fischchens. Sandregenpfeifer hingegen drücken mit ihren Bäuchen kleine Mulden in den Boden, ganz ähnlich wie es beim Anlegen einer Nestmulde am Strand geschieht. Und andere wiederum beweisen durch ausdauernde Singflüge, ein vielfältiges Gesangsrepertoire oder durch ein besonders prächtiges Gefieder, wie fit sie sind. Brandgänse treiben es sogar noch weiter: Sie stellen sich in Gruppenbalzen dem direkten Vergleich mit ihren Kontrahent*innen. Dabei finden sich mehrere Männchen und Weibchen zusammen, um auszuhandeln wer mit wem zur Brut schreitet. Unliebsame Teilnehmer*innen können beispielsweise mit einem kreisenden Auf- und Absenken des Kopfes in ihre Schranken gewiesen werden.
Und auch wenn die Vorbereitungen schon auf Hochtouren laufen, haben auf Trischen beim Brutgeschäft bisher vor allem die Graugänse ernst gemacht. Bei der Springtidenzählung bin ich schon über das ein oder andere Nest gestolpert. Dieses wird auf Trischen meist in den höheren Lagen der Salzwiese bzw. der Dünen gut versteckt in der Vegetation angelegt. Nach meinem Geschmack allzu oft in unmittelbarer Nähe zu den Großmöwen, die ebenfalls die hohen Dünen als Sitzplatz bevorzugen.
Also Daumen drücken, dass auch die Graugänse gutes Durchhaltevermögen bei der Verteidigung ihrer Nester (und später Küken) beweisen!
Ihre Melanie Theel