Einsatz von PSM auf landwirtschaftlicher Fläche (Foto: Arndt Müller).
Vom 14.-16. Juni 2016 fand in Potsdam der Midterm-Workshop des Nationalen Aktionsplans zur nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln (NAP) statt. Der aktuelle NAP wurde 2013 verabschiedet um Maßnahmen in die Wege zu leiten, die den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln (PSM) sicherer machen und insgesamt minimieren sollten.
Dass es seitdem mit dem Erreichen der Ziele noch nicht sehr weit gekommen ist, lässt sich unter anderem anhand des Verfehlens einiger zielgebundener Indikatoren des NAP belegen: so stagniert der bundesweite Flächenanteil des „ökologischen Landbaus“ mit etwa sechs Prozent seit Jahren auf einem niedrigen Niveau – dabei sind es gerade die Anbaumethoden der ökologisch wirtschaftenden Betriebe, die einen kompletten Verzicht auf chemisch-synthetische PSM überhaupt erst ermöglichen.
Grauammern sind durch den Einsatz von PSM besonders betroffen (Foto: Tom Dove).
Auch die Umsetzung des Indikators für „Artenvielfalt“, der Auskunft über den Zustand und die Veränderungen von Beständen ausgewählter Vogelarten der Agrarlandschaft gibt, hinkt mit einem Zielerreichungsgrad von lediglich 60 Prozent den Erfolgsansprüchen des NAP weit hinterher. Wie stark der Einfluss von PSM auf Vogel- und Säugetierarten landwirtschaftlicher Nutzflächen ist, zeigte nicht zuletzt eine NABU-Studie.
Ein schlechtes Zeugnis muss jedoch nicht nur dem Zustand von Vogelarten der Agrarlandschaft ausgestellt werden. Auch um den NAP-Indikator, der Auskunft geben soll über die „Reduktion der Belastung von blütenbestäubenden Insekten mit Pflanzenschutzmitteln“ ist es schlecht bestellt: durch Wissenschaftler des NABU-Nordrhein-Westfalens und des Entomologischen Vereins Krefeld konnte Anfang 2016 festgestellt werden, dass zwischen 1985 bis 2014 die Insektenbiomasse an allen untersuchten Standorten um etwa 80 Prozent zurückgegangen ist. Dass von diesem Rückgang auch potenzielle Bestäuber betroffen sind, liegt auf der Hand. Ebenso der jüngst erschienene Bestäuber-Bericht des Weltbiodiversitätsrates (IPBES) bestätigt den weltweiten Rückgang von Bestäuberarten – und sieht im Einsatz von PSM einen der Hauptfaktoren dafür.
Das im Zuge des Midterm-Workshops zum NAP entworfene Eckpunktepapier, welches seit dem 17. Juni auf der Website des NAP einsehbar ist, fungiert als Grundlage für die Weiterentwicklung des NAP und stellt daher eine richtungsweisende Funktion dar. Der NABU nutzt deshalb die Gelegenheit, um sich konstruktiv in den Reformprozess einzubringen und unterbreitet den Gremien folgende Vorschläge, deren Umsetzung unabdingbar ist, um den NAP zu einem Instrument umzugestalten, das auch dem Schutz der biologischen Vielfalt dient:
- Formulierung ambitionierterer, verbindlich festgesetzter Ziele mit konkretem Zeitplan.
- Optimierung der Indikatoren, welche die Wirkung der NAP-Maßnahmen anzeigen (unter anderem durch Verbesserung der Datengrundlage).
- Verbesserung und Veröffentlichung der Datenlage für PSM und ihrer Metabolite in allen Umweltmedien.
- Entwicklung eines verbindlichen, auf Daten basierenden Konzepts zur Risikominimierung mit entsprechender Wirkungsabschätzung.
- Ausbau der Erforschung zur Wirkung alternativer Pflanzenschutzmaßnahmen im Rahmen integrierter Pflanzenschutzmethoden.
- Bestimmung von Modellregionen für NAP-konformen Pflanzenschutz, um den Landschaftsbezug herzustellen.
- Verbesserung der Koordination zwischen den Gremien des NAP, insbesondere im Biodiversitätsbereich.
- Verbesserung der Öffentlichkeitsarbeit zur Aufklärung über die Risiken des Einsatzes von PSM.
- Stärkere und glaubwürdigere Einbeziehung von Umwelt- und Naturschutzverbänden.
Blühstreifen können auch auf benachbarten Flächen den Schädlingsbefall vermindern (Foto: NABU/Klemens Karkow).
Um durch eine Reformierung des PSM-Einsatzes die fortschreitende Intensivierung der Landwirtschaft zu stoppen und damit auch der mangelhaften Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie sowie der EU-Biodiversitätsstrategie Abhilfe schaffen zu können, fehlt es der jetzigen Ausrichtung des NAP noch an Durchschlagskraft. Die 2017 erwartete Neuauflage des Aktionsplans muss demnach noch einer Reihe von natur- und umweltschutzfachlicher Anforderungen gerecht werden.