Im Kern daneben: Bienen-Konferenz des BMEL

Viele Vertreter der Gattung der Schmalbienen gelten nach der Roten Liste Deutschlands als gefährdet (Foto: Kerstin Kleinke).

Die vor zwei Tagen stattgefundene Bienen-Konferenz des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) bestätigte vor allem eines: dass es das BMEL unter Leitung von Bundesminister Christian Schmidt (CSU) nicht schafft, den drängendsten Gefährdungen von Bienen mit ambitionierten Maßnahmen entgegenzutreten. Statt auf die konventionelle Landwirtschaft als wesentlichen Faktor für den Rückgang an Bienen einzugehen, beschränkte sich die Konferenz vorrangig auf die Vorstellung von Initiativen und Projekten, die sich der Förderung von Bienen im urbanen Raum verschrieben haben. Diese können zwar durchaus einen wertvollen Beitrag leisten, um die Potentiale für die Insekten-Förderung in der Stadt zu beleuchten und praktische Maßnahmen wir die Aussaat von Blühstreifen oder ein angepasstes Mahdregime in die Wege zu leiten. Doch lenkt das nur von der Tatsache ab, dass der eigentliche Schlüssel zum Bienenschutz in der Landwirtschaft liegt. Da mag es bezeichnend sein, dass sich der Befund, „die Stadt sei das bessere Land“ während der Konferenz zum running gag der Vortragenden avancierte. Schließlich brachten die Vorträge auch eine Entwicklung zutage, die sich bereits seit einigen Jahrzehnten abzeichnet: Im Gegensatz zur Stadt ist auf dem Land 1.) ein geringeres Blühangebot mit sich abwechselnden Massentrachten und Trachtlücken zu verzeichnen, 2.) eine geringere Vielfalt von Strukturen gegeben, die als potentielle Lebensräume für Bienen infrage kämen und 3.) der Einsatz von Pestiziden um ein Vielfaches höher.

Dass Bienen und andere Insekten in der Stadt mittlerweile zunehmend geeignete Habitate finden, ist natürlich erfreulich. Diesen Fakt zu gebrauchen, um von den eigentlichen Problemen abzulenken, ist jedoch weniger erquicklich. Dabei sieht sich das BMEL mit einer Reihe an Hausaufgaben konfrontiert, die es dringend erledigen sollte, darunter:

  • die Reformierung des Nationalen Aktionsplans zur nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln (NAP) durch stärkere Berücksichtigung von Natur- und Umweltschutzaspekten (siehe auch NABU-Forderungen),
  • die Überprüfung des Rahmenplans der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ (GAK) zur Fortentwicklung von fachlichen und fördertechnischen Aspekten von Bienenweiden (z.B. bei Extensivierungsmaßnahmen im Ackerbau oder in Dauerkulturen),
  • die Streichung der aktiven finanziellen Förderung von ackerbaulichen Maßnahmen wie Mulch- oder Direktsaat oder Mulchpflanzverfahren innerhalb der GAK (da deren Anwendung einem erhöhten Einsatz an Pestiziden gegenüber steht und sie somit aus Sicht des Bienenschutzes kontraproduktiv sind) oder
  • der Einsatz für eine Reform des Zulassungsverfahrens von Pestiziden auf EU-Ebene. Dazu gehört die Beachtung der ökotoxischen Risiken für Wirkstoffe und Formulierungsstoffe durch Bewertung der Summation, von matrixbezogenen Schwellenwerten und von „Tankmischungen“. Auch die Zielarten müssen bei der Bewertung auf Arten erweitert werden, die das entsprechende Ökosystem tatsächlich repräsentieren. Generell muss bei der Risikobewertung von Pestiziden stärker das Vorsorgeprinzip beachtet werden.
Till-David Schade
Letzte Artikel von Till-David Schade (Alle anzeigen)

2 Kommentare

Sabine Holmgeirsson

25.06.2016, 16:30

Hallo Till, ich hoffe doch, dass Thema Pestizide bei der 3. Bienenkonferenz eine größere Rolle spielt. Stadtimkerei ist ja gut und schön und dass es den Bienen dort gut geht auch! Das löst aber nicht die Probleme auf dem Land und damit auch nicht die Probleme der anderen Bestäuberinsekten. Wegschauen ist hier fehl am Platze. Werde in Nürnberg dabei sein! Viele Grüße Sabine NABU BW Fachberatung Bienen und Pestizde BFA Umweltchemie und Ökotoxikologie

Antworten

Holger Loritz

27.06.2016, 12:32

Danke für den Bericht und die völlig richtigen Kommentare! Es war wie schon bei den früheren Bienen-Konferenz absehbar, dass das BMEL nur Nebelkerzen zündet und die Lösung der "eigenen" Probleme in der intensiven Landwirtschaft anderen aufbürdet (-> Kommunen und Bürgern) oder gleich einfach ignoriert! Leider geht dies seit Jahren so, wie z.B. auch die unsägliche Aktion in 2015 "Jetzt Bienen füttern" zeigte (s. Kommentar https://www.mellifera.de/blog/nbl-blog/bmel-die-bienen-fuettern-uns.html). Die eigentlich sehr wichtigen Bienenkonferenzen verkommen zu PR-Aktionen des Ministeriums und tragen gar nichts zum Schutz und zur Erhaltung der Artenvielfalt unserer Blütenbestäuber in der Landschaft bei. Die moderne und nachhaltige Landwirtschaft ist in den Augen des BMEL eben leider nur durch Förderung industrieller Strukturen, die nur mit Großmaschinen und zahlreichen Erzeugnissen der chemischen Industrie funktioniert, erreichbar. Alternativen sind nicht vorgesehen und um das Biodiversitäts-Gedöns sollen sich deshalb die Städter und Gärtner kümmern....

Antworten

Hinterlasse einen Kommentar

Bitte bleibe höflich.
Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht und Pflichtfelder sind markiert.